Marine Vacth 2017 bei den Filmfestspielen von Cannes Foto: AFP

Die Schauspielerin Marine Vacth spricht im Interview über ihren neuen Film, ihre Haare und die Arbeit mit Regisseur François Ozon.

Stuttgart - Sie arbeitete als Model für Yves Saint Laurent und Chloé, doch Marine Vacth kann mehr. Ihr Talent als Schauspielerin bewies sie vor allem in François Ozons Film „Jung & Schön“. In dem Psychodrama „L’amant double – Der andere Liebhaber“ spielt sie Chloé, eine junge Frau zwischen zwei Liebhabern.

Frau Vacth, sowohl „Jung & Schön“ als auch „L’amant double – Der andere Liebhaber“ sind Filme, in denen Ihnen Regisseur François Ozon viel abverlangt. Wie leicht fällt es Ihnen, sich als Schauspielerin zu öffnen?
Es hat mit der besonderen Beziehung zu tun, die ich zu François Ozon habe. Deshalb kann ich mich in seinen Filmen auch so öffnen. Dieses Projekt ist der beste Beweis dafür. Und da ich seine Arbeit sehr schätze, hatte ich nicht den geringsten Zweifel. Denn ich wusste, was mich erwartet. Ich vertraue ihm voll und ganz, umgekehrt ist es genauso.
Sie würden vor der Kamera alles für ihn tun?
Es ist nicht so, dass ich ihm blind vertraue. Ich bin mir sehr bewusst, was ich ihm als Schauspielerin gebe, und darüber habe ich die Kontrolle. Doch ich erlaube ihm, mich zu führen. Unsere Arbeitsbeziehung lässt sich durch gegenseitiges Vertrauen charakterisieren. In gewisser Weise sind wir Komplizen. Ich weiß, dass er mich niemals hintergehen würde. Wir haben eine starke Verbindung. Er ist immer ganz geradeaus mit uns Schauspielern.
Wie nähern Sie sich einer Figur wie Chloé?
Ich spiele meine Rollen instinktiv. Natürlich mache ich mir im Vorweg Gedanken und beschäftige mich mit meinen Charakteren, die ich spiele. Ich will wissen, warum sie etwas tun und was sie antreibt. Dieser Prozess setzt ein, wenn ich das Drehbuch lese. Doch in dem Moment, in dem die erste Klappe fällt, vertraue ich ganz auf meine Instinkte.
In einer Szene lässt sich Chloé ihre Haare abschneiden. Tragen Sie da eine Perücke?
Ich trage keine Perücke, es sind wirklich meine eigenen Haare, die ich mir da abschneide.
Wie hat sich das angefühlt?
Eigentlich war ich froh. Denn meine langen Haare gingen mir ziemlich auf die Nerven. Ich war richtig glücklich, als ich mich das erste Mal mit der Kurzhaarfrisur gesehen habe. Außerdem war es die richtige Entscheidung für die Rolle.
Nach dem Überraschungserfolg von „Jung & Schön“ haben Sie nur sehr wenige Rollen angenommen. Warum?
Ich bin 2014 zum ersten Mal Mutter geworden. Und da hatten erst einmal andere Dinge Priorität. Ich wollte mich zunächst um mein Kind kümmern. Hinzu kam, dass die Drehbücher, die mir angeboten wurden, mich nicht wirklich berührt haben.
Nach welchen Rollen suchen Sie?
Ich würde gern einmal eine wirklich böse Frau in einem Actionfilm spielen.
Was haben Sie sich da genau vorgestellt?
Ich bin da nicht festgelegt, es muss nicht unbedingt ein amerikanischer Film sein. Ich würde gern mit den verschiedensten Regisseuren aus verschiedenen Kulturen arbeiten. Wenn ich mir Filme ansehe, bin ich auch nicht auf eine Richtung festgelegt. Ich sehe mir alles Mögliche an.
Sie haben Ihre Karriere als Model begonnen. Was können Sie aus dieser Zeit für Ihren Beruf als Schauspielerin nutzen?
In meiner Zeit als Model habe ich ein Verständnis dafür bekommen, wie wichtig Licht für eine Aufnahme ist. Das ist beim Film genauso. Allerdings habe ich auch beim Judo einiges für meinen Beruf gelernt. Da habe ich das Verhältnis von Körper zu Raum entdeckt. Denn als Schauspielerin muss ich wissen, wie man ein Körpergefühl für den Raum entwickelt.
Wann haben Sie sich entschieden, Schauspielerin zu werden?
Es gab keine Künstler in meiner Familie, und ich hatte auch nicht die Absicht, Schauspielerin oder Model zu werden. Das war alles ein Zufall. Plötzlich taten sich all diese Möglichkeiten auf, und ich habe die Chance genutzt. Mit „Jung & Schön“ habe ich dann zum ersten Mal einen Film gemacht, der mir eine Herzensangelegenheit war. Ich wollte diese Rolle unbedingt. Und es hat bis zu diesem Zeitpunkt gedauert, dass ich diesen Wunsch hatte, Schauspielerin zu sein.
Ohne François Ozon hätte sich Ihr Leben anders entwickelt?
Mit François habe ich erst begriffen, was dieser Beruf bedeutet: wie man einen Moment fühlt und sich in eine Rolle fallen lässt. Und dann hatte ich ja den Luxus eines zweiten Jobs. Denn wenn es mit der Schauspielerei nicht funktioniert hätte, hätte ich weiter als Model arbeiten können.