Im neuen Avengers-Abenteuer steht Doctor Strange alias Benedict Cumberbatch den anderen Superhelden zur Seite Foto: Verleih

Seit der Detektiv-TV-Serie „Sherlock“ ist der britische Schauspieler Benedict Cumberbatch ein Star. Seit zwei Jahren gehört er als Doctor Strange zum Superhelden-Universum von Marvel.

London - Jahrelang war Benedict Cumberbatch bestenfalls einem britischen Fernseh- und Theaterpublikum bekannt, doch seit 2010 die erste von inzwischen 13 Folgen „Sherlock“ mit ihm in der Titelrolle über die Bildschirme flimmerte, ist der 41-Jährige ein Star. Inzwischen gehört er als Doctor Strange zum Marvel-Superhelden-Universum. In dieser Rolle ist er nun auch in „Avengers: Infinity War“ (ab 26. April im Kino) zu sehen.

„Jeder von uns hat es in der Hand, für Veränderung zu sorgen“

Herr Cumberbatch, „Avengers: Infinity War“ ist wieder einmal einer dieser Fälle, in denen im Vorfeld so gut wie nichts über den Film verraten werden darf. Laufen Sie nicht ständig Gefahr, sich bei Freunden zu verplappern?
Keine Sorge, ich bin ganz gut darin, meinen Mund zu halten. Ich habe ja auch jede Menge Übung: Um „Sherlock“ wurde ja auch immer eine große Geheimniskrämerei betrieben, und bei „Star Trek“ durfte ich nicht einmal verraten, dass ich Khan spiele. Abgesehen davon sind meine Freunde gar nicht so scharf darauf, vorab etwas zu erfahren. Schließlich würden sie dann Gefahr laufen, dass ständig Kollegen von ihnen versuchen, etwas über sie herauszufinden. Und außerdem wollen doch eigentlich alle Fans im Kino überrascht werden, oder?
Laut der Russo-Brüder, die den Film inszeniert haben, handelt er unter anderem davon, was es heutzutage bedeutet, ein Held zu sein. Gibt es das für Sie in unserer Welt: Helden?
Oh ja, und das sind vor allem Menschen, deren Namen wir gar nicht unbedingt kennen oder von denen man nichts hört. Wir erwarten viel zu sehr von Politikern und Führungspersonen, Antworten auf die Probleme unserer Welt zu finden. Dabei sind die wahren Helden die, die sich selbst ermächtigen und etwas bewegen. Zum Beispiel durch Hashtag-Bewegungen wie #metoo und #timesup. Oder denken Sie an die Schüler, die aktuell in den USA gegen die Waffenlobby auf die Straße gehen. Sie zeigen uns nicht nur, dass man gemeinsam stärker ist, sondern auch, dass alles möglich ist. Jeder von uns hat es in der Hand, für Veränderung zu sorgen. Solche Gruppen sind für mich Helden, weniger Personen.
Sie werden sehr emotional bei dem Thema.
Ja, ich finde diese Schüler unglaublich inspirierend. Wie es denen im Alleingang gelungen ist, zum Beispiel Firmen davon abzubringen, Werbung bei Fox News zu schalten, wenn deren Moderatoren gegen sie und die amerikanische Waffenlobby NRA gewettert haben. Unglaublich. Mich kriegt dieses Thema einfach, weil ich mittlerweile ja selbst Vater bin. Zu sehen, wie Kinder sich mit Erwachsenen anlegen müssen, nachdem sie miterlebt haben, wie ihre Freunde im Kugelhagel eines Maschinengewehrs ihr Leben verloren haben – das ist einfach eine Situation, die es eigentlich nicht geben sollte.
Bei unserem letzten Interview vor zwei Jahren sagten Sie, Sie wollten mal eine Weile zu Hause bleiben und sich um den Nachwuchs kümmern. Wie sieht Ihr Plan angesichts der vielen neuen Filmprojekte aus?
Über mein Privatleben spreche ich nicht. Aber keine Sorge: Wenn ich arbeite, nehme ich meine Familie fast immer mit. Wir haben die Regel, dass ich nie länger als zwei Wochen weg bin. Ich treffe beruflich alle Entscheidungen unter dem Blickwinkel, möglichst viel Zeit mit meinen Söhnen verbringen zu können.
Kürzlich machte ein Internetvideo die Runde, in dem Sie das Kinderlied „I’m a little Teapot“ zum Besten geben. Auch Ihr „Sesamstraßen“-Auftritt ist legendär. Sich selbst und die Schauspielerei nicht nur bierernst zu nehmen – ist das etwas, das Sie lernen mussten?
Nein, darin war ich von Beginn an ziemlich gut. Schon als Schüler gab es den einen oder anderen Lachanfall, wenn ich auf der Bühne stand. Meine Eltern sind beide Schauspieler, da habe ich natürlich früh mitbekommen, was für eine absurde Angelegenheit dieser Job oft sein kann. Sicherlich gibt es auch mal Situationen, in denen ich der Schauspielerei mit einer gewissen Erhabenheit begegne. Aber es braucht nie viel, um mir vor Augen zu führen, wie seltsam und komisch diese Sache ist, mit der ich mein Geld verdiene.
Dass Sie nicht über Ihr Privatleben sprechen wollen, ist verständlich. Aber wie lässt sich das vereinbaren mit einer Branche, die von Selbstdarstellern und deren Nahbarkeit lebt?
Selbstpromotion und das Plaudern aus dem Nähkästchen gehören irgendwie dazu. Doch nur, weil das erwartet wird, muss man es nicht erfüllen. Ich spreche gerne über meine Arbeit und die Menschen, mit denen ich arbeite, und bin dabei durchaus persönlich und ganz ich selbst. Nur dieses kleine bisschen, was meine Familie angeht, das gehört nur mir ganz allein. Das will und muss ich mit niemandem teilen. Schon aus Respekt gegenüber denen, um die es dabei auch geht.
Wie meinen Sie das?
Nur weil ich in der Öffentlichkeit stehe, kann ich nicht meine Frau, meine Kinder, meine Geschwister oder wen auch immer ungefragt ebenfalls in die Öffentlichkeit zerren. Wenn sie das von sich aus wollen, ist das etwas anderes.
Das klingt nachvollziehbar und gesund.
Ich empfinde es tatsächlich ungesund und für alle Seiten verwirrend, dass an Schauspieler zusehends die Erwartung gerichtet wird, das Privatleben müsse genauso öffentlich gemacht werden wie der Beruf. Für mich gilt ganz klar: Job ist Job, und Familie ist Familie. Wenn ich nach Hause komme, lass ich alles Berufliche draußen vor der Tür. Andersherum gilt es eben genauso.
Sie sind sehr konsequent.
Ein dauerhafter Hausmann und Vater bin ich tatsächlich nicht. Aber länger als eine Woche war ich noch nie ohne meine Familie. Die Zeit mit den Kindern ist so kostbar, dass ich sie jederzeit dem Job überordne.

Zur Person

Benedict Cumberbatch wurde 1976 als Sohn eines Schauspielerpaares geboren. Seinen ersten großen Erfolg hatte er 2004 mit „Hawking – Die Suche nach dem Anfang der Zeit“. 2014 wurde er als bester Hauptdarsteller für den Oscar nominiert („The Imitation Game“).