Markenzeichen Fliege: Flughafenchef Georg Fundel nimmt Abschied Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der scheidende Flughafenchef Georg Fundel blickt nach 21 Jahren am Steuerknüppel der Stuttgarter Flughafengesellschaft zurück. Im Interview spricht er über gebohrte und nicht gebohrte Bretter.

Stuttgart -

Herr Fundel, wie ist der Stuttgarter Flughafen zum Zeitpunkt Ihres Abschieds aufgestellt?
Wirtschaftlich sehr gut, ohne dass wir dafür erforderliche Investitionen vernachlässigt hätten. Dennoch gibt es große Herausforderungen für den Flughafen - wegen der Veränderungen und der Überkapazitäten in der Airlinebranche. Zudem liegen die ganzen Baustellen von Stuttgart 21 noch vor uns.
Sie wollten 2007 eine zweite Startbahn und haben viel auf die Mütze bekommen dafür. Jetzt gehen Sie, und das Ding ist immer noch nicht vorhanden.
Es sah vielleicht manchmal so aus, als bräuchte Georg Fundel eine zweite Startbahn. Aber darum ging es nicht. Sie wäre gut gewesen für Baden-Württemberg. Frankfurt hat inzwischen eine weitere Landebahn gebaut und hat jetzt über 60 Millionen Passagiere, München hat über 40 Millionen Passagiere und genehmigte Baupläne für eine dritte Bahn. Zürich hat zu alter Stärke zurückgefunden, die Fluggesellschaft Swiss auch. An einer Million Fluggäste hängen etwa 1000 Arbeitsplätze. Am Wachstum haben wir unterproportional teilgenommen. Nun kann man sagen, Baden-Württemberg ist vollbeschäftigt und hat keine Arbeitslosigkeit. Ich sage dazu: Hoffentlich auch morgen.
Sie blicken mit Wehmut zurück?
Überhaupt nicht. Ich habe 2007 nur vermeiden wollen, dass irgendwann einmal jemand fragt: „Haben in Stuttgart eigentlich alle geschlafen?“ Die Probleme mit einer weiteren Startbahn, die es in Stuttgart wirklich gab, existierten natürlich in Frankfurt oder München genauso. Dort hat man es politisch gemacht, bei uns sollte man es nicht. Das ist okay. Ich bin jemand, der politische Entscheidungen akzeptiert.
Denken Sie, dass eine neue Chance für einen Entwicklungsschub in Stuttgart kommen wird?
Das Thema zweite Startbahn ist erledigt. Und man kann keinen Umsteigerflughafen anbieten ohne zweite Start-und-Lande-Bahn. Es gibt keinen Hub mit einer Bahn. Das funktioniert nicht. Ob wir was versäumt haben, wird man in 20 oder 30 Jahren sehen.
Sie bemühten sich auch immer um Langstreckenziele. Da hält sich Ihr Erfolg ebenfalls in Grenzen.
Wir hatten vorübergehend New York, Doha, Abu Dhabi, zwischendurch mit Daimler auch einen Detroit-Shuttle. Langstreckenflüge waren in Stuttgart immer wieder da, aber temporär. Der Wettbewerb mit drei Nachbarflughäfen und deren gemeinsamen Platzhirsch Lufthansa/Star Alliance ist hart.