Mit speziell ausgestatteten Computern dürfen Häftlinge künftig eine Jobbörse im Internet nutzen Foto: EFE/IBM

Seit 2012 können Insassen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal eine Online-Jobbörse nutzen. Jetzt weitet das Justizministerium das Projekt auf fünf weitere Haftanstalten in Baden-Württemberg aus.

Stuttgart - Für die meisten Menschen ist die Nutzung des Internets eine Selbstverständlichkeit. Dank des globalen digitalen Netzes können sie Nachrichten rezipieren, mit Freunden via Instant-Messaging-Diensten oder sozialen Netzwerken kommunizieren und auf verschiedenen Portalen eine Wohnung oder einen neuen Job suchen. Die Strafgefangenen im Südwesten haben diese Möglichkeiten in aller Regel nicht. Sie dürfen weder frei im Internet surfen noch E-Mails und andere Nachrichten versenden – zu groß wäre die Gefahr, dass sie aus den Haftanstalten heraus unkontrolliert Kontakt zur Außenwelt halten oder gar einen Ausbruch planen.

Doch es gibt in baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten (JVA) auch Ausnahmen. Einige Insassen dürfen bestimmte Internetseiten besuchen – allerdings nur solche, die ihnen im Zuge der Resozialisierung nützlich sein könnten. Derzeit neun Häftlinge, die in der JVA Freiburg einsitzen, absolvieren zum Beispiel ein Studium an der Fernuniversität Hagen. Sie können im Rahmen dessen mit speziell ausgerüsteten Computern die Website der Fernuni aufrufen und für Studienzwecke im Internet recherchieren. Die Nutzung der Geräte erfolge „unter Aufsicht“, erklärt ein Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums.

Pilotprojekt in Bruchsal seit August 2012

Seit August 2012 läuft im offenen Vollzug der JVA Bruchsal zudem das Pilotprojekt Online-Jobbörse. Gefangene, die vor ihrer Entlassung stehen, können sich auf der Online-Plattform der Bundesagentur für Arbeit über Stellenangebote informieren und sich bewerben. Zwei Computer, die mit einer speziellen Software ausgestattet sind, stehen ihnen dafür zur Verfügung. Die bisherigen Erfahrungen seien positiv, heißt es aus dem Ministerium.

Deshalb weitet das Haus von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) das Projekt jetzt aus – auf die JVAs in Freiburg, Mannheim, Schwäbisch Hall und Rottenburg sowie auf die Sozialtherapeutische Anstalt in Hohenasperg. „Die Computer mit der speziellen Software sind unterwegs“, sagt der Ministeriumssprecher, „teilweise sind sie sogar schon in den Anstalten. Dort könnte es bereits losgehen.“ Spätestens mit Beginn des neuen Jahres sollen dann alle Gefangenen im offenen Vollzug in Freiburg, Mannheim, Schwäbisch Hall, Rottenberg und Hohenasperg die Online-Jobbörse nutzen können. Da an diesen Standorten die gleiche Software verwendet wird wie in Bruchsal, kostet die Ausweitung des Projekts so gut wie nichts.

Projektausweitung kostet so gut wie nichts

Für die Entwicklung der Software hatte das Land vor drei Jahren 15 000 Euro gezahlt. Von dieser einmaligen Investition profitiere man jetzt, sagt der Sprecher des Justizministeriums. Lediglich für die Wartung der Soft- und Hardware fallen monatliche Kosten in Höhe von knapp 60 Euro pro Computer an.

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) in Baden-Württemberg begrüßt die Projekterweiterung. „Der Vollzug soll auch auf das Leben in Freiheit vorbereiten. Das wird in diesem Fall eins zu eins gewährleistet“, sagt der BSBD-Landesvorsitzende Alexander Schmid, „für die Inhaftierten, bei denen es unmittelbar in Richtung Freiheit geht, ist die Online-Jobbörse eine sehr sinnvolle Geschichte.“ Für die Justizvollzugsbeamten vor Ort bedeute es zudem eine „potenzielle Arbeitsentlastung“.

Justizminister Stickelberger lehnt uneingeschränkte Internetnutzung ab

Eine uneingeschränkte Nutzung des Internets mit E-Mails, Skype-Telefonie und sozialen Netzwerken lehnt Justizminister Stickelberger unterdessen strikt ab. Denn damit seien „erhebliche Sicherheitsrisiken“ für eine Anstalt verbunden. Die Außenkontakte der Gefangenen wären nicht mehr kontrollierbar. Nach den bisherigen Erfahrungen könne den Risiken auch nicht durch technische Vorkehrungen „wirksam begegnet“ werden, sagt Stickelberger.

Nach Angaben seines Ressorts gibt es derzeit keinen Anbieter, der ein System für die geordnete Nutzung des Internets durch Gefangene vertreibt, das den Sicherheitsbedürfnissen der Justiz genügt. Und eine Kontrolle durch die Justizvollzugsbeamten sei nicht „ausreichend erfolgsversprechend“. Ihnen fehle in der Regel das Spezialwissen, um Manipulationen schnell und zuverlässig zu erkennen.