Starke Arme, schnelle Reaktion. Im Inselbad ist Vladmir Cirkin eine Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Schwimmmeister Vladimir Cirkin hat seit 1990 schon 26 Leute aus dem Wasser gerettet. Teamwork ist dem ehemaligen Leistungssportler wichtig.

Stuttgart - Starke Arme, große, kräftige Hände – die Begrüßung könnte eine echte Herausforderung werden, aber der Mann belässt es bei einem Händedruck, der keinen Arztbesuch hinterher notwendig nacht. Und er lächelt dazu freundlich.

Gestatten, Vladimir Cirkin, Schwimmmeister aus Leidenschaft und Lebensretter von Beruf. Wie berichtet hat der 53-jährige vor kurzem einen Badegast im Untertürkheimer Inselbad aus dem Wasser gezogen, der im Schwimmbecken des FKK Bereichs plötzlich untergegangen war. Der 28-jährige Syrer spuckte danach viel Wasser, blieb aber ansonsten unverletzt. „Manche Badegäste denken, wenn man den Grund sieht, kann man auch stehen“, erklärt der Mann den alle nur Vladimir nennen, „aber das ist eben nichts so.“

Schnelles Reagieren ist die Basis

Und wenn sich wieder einmal jemand vertut und Probleme bekommt, dann ist er da. Und das schnell. Der in Minsk geborene Schwimmmeister gehörte in seiner Jugend zur Sportelite in der damaligen Sowjetunion. Mit 16 Jahren schwamm Cirkin die 100 Meter Freistil in 53,6 Sekunden und war damit nationale Spitze.

1990 kam der Sohn eines Vaters mit deutschem Pass aus Weißrussland nach Stuttgart. Eigentlich wollte er eine Ausbildung in der Computerbranche machen. „Aber was ich wirklich konnte, war eben schnell schwimmen“, sagt er. „Außerdem bauen doch viele Unternehmen immer wieder Arbeitsplätze ab und gehen und Ausland – das Schwimmbad bleibt immer, wo es ist.“ Und da auch die 50 Meter Tauchen am Stück für den Leistungssportler kein Problem waren, entschied er sich für den Beruf des Schwimmmeisters. Der vierfache Vater hat seine Berufswahl nicht bereut. „Wichtig ist – du musst morgens gerne zur Arbeit gehen und abends zufrieden nach Hause.“

Ein Dank nach 17 Jahren

Und das tut der Mann mit der Figur, die an den jungen Bud Spencer erinnert – der übrigens in den 50er Jahren ebenfalls ein Spitzenschwimmer für Italien war. 26 Mal hat der Mann mit der roten Trillerpfeife schon Badegäste, die in Not waren, aus dem Wasser gezogen, ein Mann mit einem schweren Herzinfarkt und Herzstillstand hatte nur eine Überlebenschance von drei Prozent. „Das haben mir hinterher die Ärzte gesagt“, erklärt Vladimir Cirkin.

Der Mann kommt immer noch regelmäßig ins Inselbad und wenn er nach Hause geht, verabschiedet er sich von Cirkin mit den Worten. „Heute müssen sie nicht mehr auf mich aufpassen.“ Solche Momente schaffen Zufriedenheit. Auch der, als ihm einst eine junge Frau mit Kind dafür dankte, dass er sie 17 Jahre zuvor vor dem Ertrinken gerettet hatte. Das rührt dann auch den starken Mann am Beckenrand.

Eigentlich will er nicht viel über sei Fähigkeiten sprechen, aber eines sei für seine Job schon wichtig. Man muss auch bei viel Betrieb die Fähigkeit haben, den Überblick zu behalten. Immer. „Ich kann mich mit jemand unterhalten und habe das Becken trotzdem im Blick“, sagt er.

Wenn was passiert, muss es sehr schnell gehen

So auch am vergangenen Montag als ihm ein Mann auffiel, der mit Gesicht nach unten auf der Liegewiese lag. Cirkin war schnell da, stabilisierte den Bewusstlosen, bis der Notarzt da war. Seine Erfahrung hilft ihm dabei, denn er sieht Unsicherheiten bei einem Badegast, die anderen vielleicht nicht auffallen. Und wenn was passiert, dann muss es schnell gehen, sehr schnell. So wie jüngst bei dem jungen Syrer, da sprang Cirkin in voller Montur samt Sonnenbrille ins Wasser.

Die schnelle Reaktion gehört genau so zu seiner Arbeit, wie das Denken im Team. Deshalb ist es Vladimir Cirkin auch wichtig zu sagen, dass auch die anderem Angestellten im Inselbad einen guten Job machen. „Meine Kollegin Corinna Danaciyan hat sogar schon 30 Leute gerettet“, sagt er. Diese Zahl dürfte er in den kommenden Jahren auch erreichen.

Vor allem, wenn die Einsätze weiter so ansteigen wie aktuell. Früher seien es im Schnitt 1,3 Rettungen pro Saison gewesen. „Jetzt hatten wir in diesem Jahr schon neun“, berichtet er. Ein Grund für die Zunahme seien auch Flüchtlinge, die nicht schwimmen können und die Sprache noch nicht gut genug verstehen. „Die registrieren nicht, dass man auf der einen Seite des Beckens stehen kann und auf der anderen Seite nicht.“

Die Arbeit funktioniert nur im Team

Trotzdem sei sein Job ein Traumberuf. Dass sich für diese Arbeit immer weniger Interessenten finden lassen, versteht er deshalb nicht. Aber er hat eine Erklärung dafür – eine mit Augenzwinkern. „Ich habe damals Baywatch gesehen und dachte so ein Leben will ich auch.“ Doch Untertürkheim ist nun mal nicht Malibu und die Serie seit 2001 TV-Geschichte.