Winzig klein, mitunter lästig und äußerst vermehrungsfreudig: Die Taufliege gibt es in fast allen Variationen. Foto: /Michael Eick

Sie ist winzig, doch von der Schwarzbäuchigen Taufliege (Drosophila melanogaster) weiß die Wissenschaft fast alles. Trotz des komplett entschlüsselten Erbguts stellt das kleine Tierchen die Menschheit vor immer neue Herausforderungen.

Fellbach - Wohl jeder kennt das Problem: Myriaden kleinster Fliegchen, schwirren beim Öffnen der Biotonne heraus oder kreisen um die Obstschale, in der ein Stück Obst zu lange gelegen hat. Fruchtfliegen oder Taufliegen können einem mühelos lästig werden. Doch die Schwarzbäuchige Taufliege, deren wissenschaftlicher Gattungsname Drosophila fast genauso geläufig sein dürfte, ist mehr als nur ein Lästling im Haushalt.

Als Versuchstier in der Forschung ist Drosophila ein idealer Organismus

Die Drosophila ist nämlich einer der am besten untersuchten Organismen der Welt. Schon vor mehr als einem Jahrhundert diente die kleine Fliege für erste Studien zur Vererbungslehre. Mittlerweile hat man nicht nur ihr komplettes Erbgut entschlüsselt, sondern die Funktionen und Wechselwirkungen vieler einzelner Gene detailliert erforscht. Man kennt Signalwege und die hochkomplexe Steuerung der Entwicklung von Organen, beispielsweise der Facettenaugen.

Die Tübinger Entwicklungsbiologin Christiane Nüsslein-Volhard widmete sich ab den 1970er Jahren intensiv der Erforschung der genetischen Steuerung vom Ei bis zur fertigen Fliege. 1995 erhielt sie für diese Studien gemeinsam mit zwei weiteren Wissenschaftlern den Nobelpreis in Medizin. Der Bekanntheitsgrad der kleinen Fliege stieg dadurch noch einmal an.

Schon 24 Stunden nach der Begattung kann das Weibchen Eier legen

Als Versuchstier in der Forschung ist Drosophila ein idealer Organismus. Die riesigen Chromosomen aus den Speicheldrüsen der Larven erleichtern die genaue Lokalisation von einzelnen Genen. Dazu kommt, dass viele Mutationen besonders gut durch äußerlich sichtbare Änderungen erkennbar sind. So haben manche Mutanten eine andere Augenfarbe oder abweichend geformte Flügel.

In der Haltung ist sie völlig unkompliziert - was die eine oder andere Hausfrau bestätigen kann. Die Taufliege ist winzig klein und dementsprechend genügsam. Mit einer einfachen Nähr-lösung kann man sie problemlos in kleinen Gläschen halten und in großer Zahl züchten.

Je nach Temperatur schlüpfen nach nur einem Tag bereits die Larven

Denn die kleinen Fliegen sind vermehrungsfreudig. Schon 24 Stunden nach der Begattung kann das Weibchen Eier legen - bis zu 400 Stück an der Zahl. Nach nicht mal zwei Wochen ist die nächste Generation Fruchtfliegen startklar. Man hat herausgefunden, dass die Weibchen die etwa einen halben Millimeter großen, weißlich-gelblichen Eier bevorzugt auf Zitrusfrüchten ablegen, wenn sie beim verfaulendem, gärendem Obst die Wahl haben. Offenbar ist dann die Brut besser vor Parasiten geschützt.

Je nach Temperatur schlüpfen nach nur einem Tag bereits die Larven. Die gefräßigen madenartigen Larven ernähren sich weniger vom Obst, sondern überwiegend von Bakterien und Pilzen, die das Obst zersetzen.

Ursprünglich stammt die Art aus den Tropen und Subtropen

Nach wenigen Tagen und insgesamt drei Larvenstadien sowie weiteren vier Tagen als Puppe schlüpft die fertige Fliege. Das nur etwa zwei Millimeter große Insekt hat im Erwachsenenstadium eine gelblich bis bräunliche Körperfärbung und auffallend leuchtend rote Augen, was man sogar ohne Lupe erkennen kann. Die Weibchen sind ein wenig größer und mit dunklen Querstreifen auf dem Hinterleib. Die Männchen sind minimal kleiner, besitzen einen dunkel getönten Hinterleib und sind dadurch von den Weibchen recht gut zu unterscheiden.

Ursprünglich stammt die Art aus den Tropen und Subtropen. Als Kulturfolger hat sie sich mittlerweile weltweit ausgebreitet. Und so werden auch wir in Fellbach die kleine Nobelpreis-Fliege wohl nie mehr loswerden – was wohl auch für ihre nächste Verwandte, die Kirschessigfliege gilt, die sich neuerdings seit ein paar Jahren hier breit macht.

Die Kirschessigfliege ist längst im Anflug

Die Kirschessigfliege ist eine der nächsten Verwandten der Taufliege und ähnelt ihr sehr stark. Sie hat an den Flügelspitzen dunkle Flecke. Anders als bei der Taufliege entwickeln sich die Larven in frischen Früchten. Das stellt den Obst- und Weinbau vor große Probleme:

Schnelle Ausbreitung

Sie stammt aus Südostasien und ist erst Anfang der 2000er Jahre in Europa eingewandert. Im mild-gemäßigten Klima Europas scheint sie sich pudelwohl zu fühlen und hat sich in nur drei Jahren von Süd- und Westeuropa bis nach Deutschland vorgearbeitet. Eingeschleppt wurde sie wohl durch die Einfuhr befallener Früchte. Vor Ort breitet sich die Art selbstständig aus – schließlich ist es eine „Fliege“.

Schnelle Vermehrung

Die winzigen Fliegen haben einen sehr kurzen Generationszyklus von nur wenigen Tagen. So können sie sich rasend schnell vervielfältigen. In der Herkunftsgebiet sind über ein Dutzend Generationen pro Jahr festgestellt worden. Das macht sie mit normalen Mitteln so gut wie nicht bekämpfbar.

Früchteliebhaberin

Die Art liebt alle Arten reifender Früchte: hauptsächlich Kirschen, aber auch Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen, sämtliche Arten von Beeren und natürlich Trauben - der Super-GAU für den Weinbau.

Große Schäden

Befallene Früchte verfallen im Nu. Man erkennt sie an kleinen Schadstellen und weiche Flecken an der Oberfläche, die durch den Fraß der Larven im Fruchtfleisch hervorgerufen werden. Zwischen Eiablage bis zum Kollaps der Früchte vergehen manchmal nur zwei bis drei Tage. Zusätzlich kommt es oft zu Pilz- oder Bakterienbefall. In manchen Gegenden verursacht die Kirschessigfliege fast komplette Obsternteausfällen.