Meliha Sabuncuo (rechts) hat den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt geschafft. Mit ihr freuen sich Stefanie Nitschke vom Haus Lindenhof, Hotelinhaber Thomas Heer und Verena Weiler vom Integrationsfachdienst (von links). Foto: Giacinto Carlucci

Im Göppinger Hotel Hohenstaufen hat sich für Meliha Sabuncuo ein Traum erfüllt. Die junge Frau mit Behinderung hat einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag in der Tasche.

Göppingen - Was möchten Sie gerne trinken?“ Strahlend nimmt Meliha die Bestellung entgegen und serviert kurz darauf gekonnt eine Flasche Wasser samt Glas. Medium – genau wie bestellt. Frühstücksgäste in Empfang nehmen, Büfett auffüllen, Tische abräumen, bei der Zimmerreinigung und beim Mittagstisch helfen – im Hotel Hohenstaufen gibt es viel Verschiedenes zu tun und Meliha ist überall mittendrin dabei.

Das Besondere: Die junge Frau, die schon früh morgens die Hotelgäste gut gelaunt anstrahlt, ist eine der Menschen mit Behinderung, die sich mit Unterstützung der Stiftung Haus Lindenhof auf den Weg zur „Arbeit mittendrin“ gemacht hatten. Nun hat sie ihr Ziel erreicht und einen Arbeitsvertrag für einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz mit allen Rechten und Pflichten in der Tasche.

„Bilderbuchbeispiel für einen Durchmarsch“

„Vom Außenarbeitsplatz auf den ersten Arbeitsmarkt, Meliha ist ein Bilderbuchbeispiel für einen Durchmarsch“, freut sich Stephanie Nitschke, die Meliha Sabuncuo auf diesem Weg vom Busfahrenlernen übers Uhrzeiteinordnen bis zum Tischdecken begleitet und gecoacht hat.

Nun trennen sich ihre Wege. Meliha wird künftig von Verena Weiler vom Integrationsfachdienst betreut, der Menschen mit Behinderung und deren Arbeitgeber unterstützt. „Ziel ist die nachhaltige Teilhabe am Arbeitsleben auf dem ersten Arbeitsmarkt“, erklärt Weiler.

„Jetzt bin ich reich und habe Geld zum Shoppen“

Am Weg dorthin arbeitet die Stiftung Haus Lindenhof mit dem Projekt „Arbeit mittendrin“. Praktika sind der erste Schritt zum Erwerb des Werkstattstatus, der für die Tätigkeit in einer der Werkstätten oder für einen sogenannten Außenarbeitsplatz notwendig ist. Im Kindergarten und beim Friseur gefiel es Meliha nicht so gut. Parallel zu ihrem Hotelpraktikum, das ihr am meisten zusagte, war sie auch in der Altenpflege im Bereich der Alltagsbegleitung tätig.

Nun ist sie glücklich, dass Thomas Heer ihr im Hotel Hohenstaufen einen Arbeitsvertrag angeboten hat. „Jetzt bin ich reich und habe Geld zum Shoppen“, strahlt die junge Frau, die sich mit ihren Kollegen gut versteht und frei raus erzählt: „Manchmal hinterlassen die Gäste ihr Zimmer chaotisch oder vergessen auch was. Am liebsten bediene ich beim Frühstück die Gäste und bringe die ‚Bleibezimmer’ in Ordnung. Betten machen, Handtücher tauschen, Staub saugen – ich bekomme meine Aufgaben gesagt, und die Kollegen kontrollieren, ob ich alles gut gemacht habe.“ Betten neu beziehen und Servietten falten sind nicht so ihr Ding.

„Gelebte Inklusion

„Durch Corona wurde Meliha ein bisschen die Routine genommen“, bedauert Direktionsassistentin Eva-Maria Müller. „Sie braucht ihre regelmäßigen Abläufe, sonst muss man ihr immer wieder zeigen, wie es geht. Aber das ist nicht schlimm. Die Gäste mögen Meliha sehr. Sie ist immer freundlich und höflich und hat eine offene Art.“

Hotelinhaber Thomas Heer ist zufrieden und würde das Experiment wieder wagen. „Es war schön zu sehen, wie Meliha Stück für Stück immer mehr Aufgaben übernehmen konnte, sicherer wurde und Selbstbewusstsein entwickelt hat“, erzählt er. Stephanie Nitschke findet es toll, dass der Betrieb ihren Schützling trotz der Unsicherheiten durch Corona übernommen hat. „Die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis steht für gelebte Inklusion“, freut sie sich zusammen mit Verena Weiler, die ergänzt, dass es im Rahmen des Förderprogramms „Arbeit inklusiv Teil 1“ von der Agentur für Arbeit einen Eingliederungszuschuss für Arbeitgeber gibt.