Die rätselhafte blaue Katze, die Ende Mai in Stuttgart auftauchte. Foto: Innenministerium Baden-Württemberg

Erst hat Minister Thomas Strobl die Katz rausgelassen – dann hat das Tier ratzfatz wieder in die Stube müssen. Die Werbemieze, mit der das Land Schönwetter für die Digitalisierung machen will, kam nicht immer gut an. Im Juli soll sie trotzdem wieder raus dürfen.

Stuttgart - Ist es eine clevere Werbeaktion mit einer aufblasbaren Mieze? Oder doch eher eine ziemlich aufgeblasene Kampagne, die in sich zusammenzufallen droht? Noch ist das nicht ausgemacht nach dem Auftakt des Öffentlichkeitsfeldzuges, den das Land Ende Mai gestartet hat.

Es fing so an, dass eine fünf Meter hohe blaue Katze in den Innenstädten von Karlsruhe, Freiburg und Stuttgart auftauchte – und erst einmal für Ratlosigkeit sorgte. Denn was wollte die Mieze uns wohl sagen? Auf ihrem Gummikörper war keine Werbebotschaft zu erkennen. In der Umgebung lauerten zwar Plakate, doch die blieben zunächst noch verhüllt. Erst in der zweiten Woche sorgten sie für Aufklärung. Hinter der Aktion steckte, sozusagen als Katzenvater, der Landesminister für Inneres, Digitalisierung und Migration, Thomas Strobl, mit seinen Mitarbeitern.

Manche verstehen die Aktion nicht

Es handelt sich um eine Informationskampagne zur Digitalisierungsstrategie des Landes. Die steht, wie eine Pressemitteilung aus dem Hause Strobl Anfang Juni kund tat, unter dem einigermaßen überraschenden Motto „Alles beim Neuen“. Mancher mochte sich vielleicht fragen, was das nun wieder bedeuten könnte. Für die Strategen im Ministerium liegt es freilich auf der Hand: „Das Kampagnenmotto sagt, dass Baden Württemberg die digitale Zukunft gestaltet und sich dabei treu bleibt.“ Insofern sei das Maskottchen der Aktion, die blaue Katze, „ein echtes Landeskind und in wichtiger Mission unterwegs: Sie bringt uns die Digitalisierung näher“, ließ Strobl sich zitieren.

Manche allerdings scheinen begriffsstutzig zu sein. „Minister wirbt mit Monster-Mieze für Digitalisierung“, meldete die Boulevardzeitung mit den großen Buchstaben, doch da die Katze ohne Hinweis auf Sinn und Zweck der Aufstellung herumstehe und kaum jemand die Aktion kapiere, seien Ausgaben von 2,2 Millionen Euro für die Katz. Das verwies noch einmal darauf, dass das Ministerium ein Problem hat, den Sinn der von der Stuttgarter Agentur Die Hirschen ausgebrüteten Kampagne zu erklären – und die Angemessenheit der Ausgaben auch.

Polizei zum Ermitteln aufgefordert

Natürlich habe man keine 2,2 Millionen Euro in eine blaue Katze ohne Werbebotschaft investiert, sagt Katja Walter, Sprecherin des Ministeriums. Mit dem Geld finanziere man eine umfassende, auf zwei Jahre angelegte Kampagne, zu der neben der Gummikatze jede Menge Plakate und Werbetermine gehören würden. Der Auftakt in Karlsruhe, Freiburg und Stuttgart sei lediglich als Überraschungseffekt angelegt gewesen. Man wollte neugierig machen, die Spannung steigern.

Die Mitarbeiter des Polizeiministers Strobl scheuten sich in dem Bemühen auch nicht, den Polizeibehörden Zusatzarbeit zu verschaffen. Man habe vom Innenministerium BW den Hinweis bekommen, dass in Freiburg etwas herumstehe und die Polizei herausfinden solle, was es damit auf sich habe, verriet die Freiburger Polizei auf Facebook. Und die Stuttgarter Polizei hatte schon vorher, am 4. Juni, einen Erfolg gepostet. Umfangreiche Ermittlungen hätten ergeben, dass es sich bei der Katze um das Maskottchen der Informationskampagne des Landes handle.

Im Ministerium ist man sehr stolz

So hatten sich Strobls Mitarbeiter die Sache auch vorgestellt: dass die Katze durch die sozialen Netzwerke geistert, die Öffentlichkeit beschäftigt und Passanten zu Handybildern animiert. Insofern sind sie hoch zufrieden, obwohl beispielsweise der Lörracher SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Stickelberger von einer aufgeblasenen Werbekampagne des Innenministers spricht und darin ein Sinnbild für die Digitalisierungsstrategie des Landes zu erkennen glaubt: Hier wie dort sei nichts als heiße Luft zu spüren, sagte er unserer Zeitung. Mit teuren Marketingmaßnahmen solle davon abgelenkt werden, wie wenig fortschrittlich Baden-Württemberg in Sachen Digitalisierung tatsächlich sei. Statt Hochglanzbroschüren zu drucken und aufgeblasene Katzen aufzustellen, solle sich der Minister lieber an die eigentliche Arbeit machen und dafür sorgen, dass überall schnelles Internet verfügbar sei. Dass die Landesbehörden vor Hackerangriffen sicher seien. Dass Behördendienstleistungen für die Menschen digital verfügbar seien. Soweit der Digitalisierungsexperte der SPD und Vorsitzende des Finanzausschusses im Landtag.

Den Stolz im zuständigen Ministerium ficht das vermutlich nicht an. In seiner Pressemitteilung hatte es schon Anfang Juni Lorbeer für sich beansprucht. „Wie für die Digitalisierungsstrategie insgesamt, liegt auch die Verantwortung für die Kampagne beim Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration“, hieß es da. Und: „Die in der Kampagne als sympathischer Sidekick allgegenwärtige Katze greift den online überaus beliebten ,cat content‘ ironisch auf und spielt gleichzeitig auf das Landeswappen an, vereint so Tradition und Moderne.“ Vom Löwen zur Katze ist es halt nicht weit. Das weiß man im Innenministerium scheinbar besonders gut.

Wer gedacht hätte, dass die Katz nie mehr raus dürfe, der irrt sich auf jeden Fall. Man habe viel Zuspruch bekommen, sagt Ministeriumssprecherin Katja Walter. Mieze mache nur ein Päuschen. Noch im Juli soll sie in Tuttlingen auftreten. Und danach an immer neuen Orten innerhalb der zwei Jahre.