Ein Test brachte bei Matthias Miller Gewissheit: Er hatte sich bei seiner Freundin mit dem Coronavirus angesteckt. Foto: /ht

Matthias Miller aus Steinenbronn war der erste Bürger im Kreis Böblingen, der durch den Corona-Virus infiziert war. Er appelliert nach seiner Genesung, das Virus und die dadurch drohenden Gefahren vor allem für ältere und chronisch kranken Menschen sehr ernst zu nehmen.

Steinenbronn - Der Steinenbronner Matthias Miller hat zu den ersten Personen im Südwesten gehört, die sich mit dem neuen Coronavirus infiziert hatten. Der Kommunalpolitiker und Böblinger Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU), der sich auch um die Kandidatur für die Landtagswahl 2021 im CDU-Kreisverband Böblingen bewirbt, ist inzwischen wieder ganz genesen. Die Erfahrungen haben den 29-Jährigen aber nachhaltig geprägt.

Herr Miller, Sie waren der erste Bürger im Landkreis Böblingen, der sich mit dem Coronavirus infiziert hatte. Wissen Sie, wie es dazu gekommen ist?

Meine Freundin war in Mailand, zu einer Zeit, als Norditalien noch kein Risikogebiet war. Einer ihrer Reisebegleiter hatte bei der Rückkehr einen Schnupfen und hat sich daraufhin auf das Virus testen lassen. Das Ergebnis war positiv. Auch meine Freundin musste sich daraufhin testen lassen. Als ihr Ergebnis auch positiv war, wurde auch ich getestet – auch dieses Ergebnis war positiv.

Hatten Sie gespürt, dass Sie infiziert sind?

Als ich den Test machen musste, hatte ich nicht wirklich Symptome, die ich mit dem Coronavirus in Verbindung gebracht hätte. Ich hatte einen leichten Schnupfen, wäre aber wohl nicht auf die Idee gekommen, bei mir einen Test machen zu lassen.

Wie ging es nach dem Test weiter?

Ich wurde nach dem positiven Testergebnis direkt in die Uniklinik Tübingen beordert. Nicht, weil es bei mir einen besonders schweren Verlauf gab, sondern weil ich einer der ersten Infizierten in Baden-Württemberg war und man noch nicht wusste, wie man mit dem neuen Coronavirus umgehen soll. Es war also eher eine Vorsichtsmaßnahme. Da meine Freundin, ihr ebenfalls infizierter Vater und ich nur recht milde Symptome hatten, hat man uns nach sechs Tagen in die häusliche Quarantäne entlassen.

Sie waren dann also bei Ihrer Familie in Steinenbronn.

Genau. Dort war ich dann in einem Zimmer isoliert – abgeschottet von der Außenwelt.

Wie geht man mit einer solchen Situation um?

Da schneller, als mir lieb war, bekannt geworden war, dass ich infiziert bin, habe ich relativ viele Nachrichten bekommen, vor allem Zuspruch und Genesungswünsche. Ich war zunächst damit beschäftigt, die Mails zu beantworten. Danach habe ich die Zeit so gut wie möglich genutzt, um zu lesen und zu verfolgen, wie sich die Corona-Krise entwickelt. Als direkt Betroffener ist man da natürlich hautnah dabei.

Wie war Ihre Stimmung in der Quarantäne? Hatten Sie Angst?

Richtige Angst hatte ich nicht. Ich hatte ja gelesen, dass die Erkrankung bei rund 80 Prozent einen milden Verlauf nimmt und vor allem junge Menschen, die gesund sind, weniger stark betroffen sind. Aber ich hatte mir Sorgen gemacht, ob ich vielleicht jemanden angesteckt habe, bei dem die Infektion dann vielleicht nicht ganz so glimpflich verläuft. Das war aber wohl nicht der Fall. Bei meinen Direktkontakten, die dann auch in Quarantäne mussten und sich testen lassen haben, sind, soweit ich es weiß, glücklicherweise alle Proben negativ gewesen.

Hat sich bei Ihnen durch die Infektion die Sichtweise auf Dinge verändert?

Ja, durch ein solches Erlebnis verschiebt sich die Perspektive natürlich. Ich habe so etwas noch nie erlebt, dass im eigenen Leben schlagartig nichts mehr so ist wie vorher, dass es quasi stillsteht.

Inzwischen sind Sie wieder genesen. Wie blicken Sie auf das Erlebte und die aktuelle Situation?

Die Situation für die Gesellschaft hat sich inzwischen grundlegend verändert. Mittlerweile sind viel weniger Menschen auf der Straße, viele haben Sorgen. Das beschäftigt mich natürlich sehr. Ich habe zum Beispiel mit einem Nachbarn geredet, der selbstständig ist und der derzeit nicht weiß, wie alles weitergeht. Es gibt bei vielen eine große Unsicherheit. Ich glaube aber, dass die Situation bewältigt werden kann. Die Ärzte, das Pflegepersonal und die Gesundheitsämter, die alle am Limit arbeiten, machen, so wie ich es erlebt habe, einen wirklich guten Job. Schwer abzuschätzen sind aber freilich die langfristigen wirtschaftlichen Folgen. Sorge bereitet mir im Moment vor allem, dass viele junge Menschen, so zumindest mein Gefühl, die gesamte Situation und das Virus nicht ganz so ernst nehmen, wie sie es sollten. Es geht jetzt vor allem um die chronisch Kranken und die Älteren, die geschützt werden müssen. Und es ist aus meiner Sicht sehr unsolidarisch, wenn man jetzt im Freien noch Partys feiert oder sich mit vielen Freunden trifft, weil man vielleicht meint, das Virus kann einem persönlich ja nichts anhaben. Die große Gefahr ist ja gerade, dass man das Virus weiter trägt und dann womöglich chronisch kranke oder ältere Menschen damit in Berührung kommen und dann erhebliche gesundheitliche Probleme bekommen können. Dessen muss sich jetzt einfach jeder bewusst sein. Denn man merkt es, wie in meinem Fall, leider wirklich nicht, ob man das Virus in sich trägt oder nicht.