Im Vordergrund liegt Stammheim, oberhalb das Industriegebiet Foto: Werner Kuhnle

Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Satzung der Kommune Kornwestheim für einen Bebauungsplan am Containerbahnhof für unwirksam erklärt. Ein Experte jedoch rät der Stadt dazu, gegen das Urteil in Revision zu gehen.

Kornwestheim - Die Empfehlung von Hans-Jörg Birk war deutlich. „Mein Ratschlag geht eindeutig dahin, Revision einzulegen.“ Das sagte der Jurist aus Stuttgart, der die Stadt Kornwestheim im Verfahren um den Bebauungsplan „Im Bereich Containerbahnhof Süd“ vertritt, in der Sitzung des Gemeinderats Anfang der Woche. Nur ganz selten, erläuterte Birk, würden die Richter des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Mannheim die Revision zulassen – nämlich immer dann, wenn sie sich nicht sicher ob ihrer Entscheidung seien. Die Gelegenheit solle man dann auch nutzen, so Birk.

Zudem, sagte der Experte, könne die Stadt dank der bereits in Betrieb genommenen Logistikhalle auch nachweisen, „dass das Ganze funktioniert“ und dass die Grenzwerte für die Lärmabstrahlungen eingehalten würden. Und so wird die Stadt Kornwestheim auch Revision einlegen.

Zur Erinnerung: Es geht um den Bebauungsplan „Im Bereich Containerbahnhof Süd“, vom Gemeinderat im Dezember 2014 und im November 2017 gleich zweimal verabschiedet. Mit ihm hat die Stadt Kornwestheim am Stadtrand zu Stuttgart-Stammheim ein Industriegebiet ausgewiesen und den Bau einer Logistik- und Montagehalle ermöglicht, die von der Firma Porsche genutzt wird. Damit sich die vom Industriegebiet ausgehenden Emissionen in Grenzen halten, hat der Gemeinderat in der Satzung sogenannte Lärmkontingente festgelegt. Und das hätte sie – laut dem VGH-Urteil – besser nicht tun sollen. „Innerhalb des in dem angefochtenen Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets gibt es kein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkungen“, haben die Richter bemängelt. Das Industriegebiet sei eigentlich gar kein Industriegebiet, sondern nur ein Gewerbegebiet, so sinngemäß das Urteil.

„Überrascht und entsetzt“

Sie berufen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig, das erst gefällt worden ist, nachdem der Bebauungsplan beschlossen worden war. Von dieser Rechtsprechung sei er „überrascht und entsetzt“ gewesen, so Birk. Laut dem Leipziger Urteilsspruch wird die allgemeine Zweckbestimmung eines Industriegebiets nicht gewahrt, wenn mit Emissionskontingenten Gewerbebetriebe ab einem gewissen Störgrad im gesamten Bereich ausgeschlossen werden. Den Grad allerdings haben die Richter nicht festgelegt. Die Frage, so Hans-Jörg Birk im Kornwestheimer Gemeinderat, sei aber entscheidend: Wie weit dürfe abgesenkt werden, ohne das Industriegebiet infrage zu stellen? Auf Kornwestheim bezogen heiße das: „Ist das noch ein Industriegebiet: ja oder nein?“

Die Stadträte waren sich einig, dass die Chance in Leipzig genutzt werden soll, und gaben Oberbürgermeisterin Ursula Keck das Mandat, in die nächste Instanz zu gehen. „Die Richter lassen eine Revision nur zu, wenn sie sich nicht ganz sicher sind“, sagte Edda Bühler (Grüne), von Beruf Architektin. Und auch Jörg Schaible (CDU) riet dringend dazu, in die nächste Instanz zu gehen. Es stünden vonseiten der Unternehmen große Investitionen hinter dem Bau der Halle. „Es wäre ein falsches Signal für die Firmen, wenn wir die Revision nicht durchführen würden“, sagte der Rechtsanwalt und Notar. Und das Kostenrisiko sei bei einem Streitwert von 20 000 Euro auch überschaubar.

Keine schnelle Entscheidung

Auf eine schnelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts darf die Stadt Kornwestheim allerdings nicht hoffen. Birk geht von einer Verfahrensdauer von einem dreiviertel bis zu einem Jahr aus, erläuterte er den Stadträten.

Bis in Sachsen entschieden worden ist, hat die Logistikhalle Bestandsrecht. Gegen die Baugenehmigung hatte ein Stammheimer Bürger Widerspruch eingelegt. Der liegt beim Regierungspräsidium Stuttgart auf Eis, das abwartet, bis der Streit um den Bebauungsplan beendet worden ist. Das Gebäude, so Birk, befinde sich in einem „planungsrechtlichen Zwischenstadium“.