Jan Stoll und David Finscher geben Vorstellungen und Workshops auf ihrer Reise. Im Skype-Interview berichten sie von ihren Erlebnissen. Foto: Go Happy

24 Monate lang reisen David Finscher und Jan Stoll mit ihrem Projekt Go Happy um den Globus. Sie werden mit offenen Armen empfangen und erhalten recht intime Einblicke in völlig andere, fremde Leben.

Möhringen - Seit fast einem Jahr sind David Finscher und Jan Stoll in ihrem zum Camper umgebauten Pinzgauer unterwegs. Im August 2018 sind sie auf den Stuttgarter Fildern gestartet und planen, dort in einem Jahr wieder anzukommen. Bevor sie zu Zirkus-Nomaden wurden, unterrichteten sie Erwachsene und Kinder in Zirkusprojekten. Nun geben sie entweder Workshops in Armenien, dem Iran, und bald vielleicht in Indien oder treten als Clown, Jongleur oder Akrobat selbst auf.

Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass es Ihr Ziel ist, durch die Zirkuspädagogik Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auf der ganzen Welt Freude zu bereiten. Was motiviert Sie dazu, dafür um die ganze Welt zu reisen?

Jan Stoll: Im Durchschnitt sind wir zwischen drei und sieben Tage an einem Ort, und was man in dieser Zeit erreicht, ist unfassbar schön. Jedes Mal sagen wir uns danach: Dafür hat es sich gelohnt. Es sind ein strahlendes Gesicht, ein Lächeln, Leute, denen unsere Show gefallen hat, oder die Kinder, denen wir etwas beigebracht haben.

Wie sieht ein Tag als internationaler Zirkusreisender aus?

Stoll: Heute haben wir schon zwei Stunden Workshop an der Waldorfschule in Armenien gegeben. Entweder reisen wir, oder wir machen Zirkus. Wenn wir Zirkus machen, schauen wir, dass wir bei Leuten unterkommen. Wenn wir unterwegs sind, gucken wir, dass wir wild campen. Wir steuern keine Campingplätze an, sondern sparen uns da ein bisschen Geld.

Wie ist es denn für Sie, immer unterwegs zu sein und sich nicht mal schnell unter die Dusche stellen zu können?

Stoll: Unser Zuhause ist der Pinzgauer, unser Auto. Eigentlich schlafen wir jede Nacht woanders, da gewöhnt man sich aber dran. Wenn man mal kein Waschbecken hat, haben wir unser Wasser selbst dabei und dann wäscht man sich halt in der Schüssel. Man kann sich an alles gewöhnen.

Warum macht es Ihnen Spaß, das Reisen mit dem Zirkus zu kombinieren?

David Finscher: Wir kommen nicht nur an und fragen, ob wir bei irgendwem unterkommen können, damit wir deren Leben kennenlernen können, sondern wir bringen etwas mit: den Zirkus.

Durch den Zirkus haben wir meistens so schnell ein gemeinsames Ziel mit den Menschen, dass sie uns so nah in ihr Leben lassen, dass wir ihre Kultur und das Leben vor Ort richtig kennenlernen dürfen. In fast allen Fällen sind das richtig gute Freunde geworden, die wir sehr ungern wieder verlassen haben.

Die Länder, durch die Sie reisen, sind ja teilweise von Armut geprägt. Die Menschen haben dort ganz andere Probleme, als mit Bällen zu jonglieren – zum Beispiel plagt sie die Sorge, wie sie ihre Familien ernähren sollen. Warum ist da gerade ein Projekt wie Ihres wichtig?

Finscher: An manchen solcher Orte haben Kinder und auch Erwachsene keine Zeit mehr für Dinge, die nicht unbedingt lebensnotwendig sind. Wir bieten die Möglichkeit, noch mal Kind zu sein.

Sie schreiben auf Ihrem Blog ja auch viele Erlebnisse auf. Was hat sich bei Ihnen besonders ins Gedächtnis gebrannt?

Finscher: Das allererste Mal, als es richtig intensiv anders für uns wurde, das war in einem Roma-Viertel in Nordmazedonien. Dort war es zum ersten Mal so, dass die Lebensumstände der Menschen so weit weg von dem waren, was wir als „normal“ empfinden. Das Leben dort dreht sich um ganz andere Sachen, als wir es kennen: Zum Beispiel, dass man das Holz früh genug vor dem Winter ranschafft, weil man sonst in seiner selbstgezimmerten Blechhütte ums Überleben kämpft.

Gibt es auch Momente, in denen Sie am Sinn dieses Projekts zweifeln?

Stoll: Nein, gar nicht. Es gibt nur Momente, da wäre man gerne zuhause: Am Wochenende denkt man zum Beispiel daran, wie man mit seinen Freunden um den Block ziehen und mit ihnen ein Bierchen trinken würde.

Werden Sie alle Stationen schaffen, die Sie sich vorgenommen haben?

Stoll: Es ist nicht alles planbar. Am Anfang hatten wir unser Ziel vor Augen, hatten unsere Reiseroute und die Zeit, in der wir das schaffen wollten. Wir haben aber im Laufe der Reise gemerkt, dass es nicht immer funktioniert und man gucken muss, was auf einen zukommt. Jetzt wollen wir erst mal schauen, ob wir es nach Indien schaffen.

Sie wollen im August 2020 wieder in Deutschland ankommen. Damit haben Sie jetzt die Hälfte hinter sich. Mit was für einem Gefühl stehen Sie dem Nachhause- kommen gegenüber?

Finscher: Ich freue mich unfassbar darauf, weil ich dann nach zwei Jahren meine Familie und die Freunde wiedersehe und das Zuhause wiederhabe. Doch dann fängt auch ein neues Kapitel an, und das ist immer spannend. Wahrscheinlich wird dann der Moment kommen, in dem man plötzlich feststellt: Das Reisen war schon richtig cool. Und hoffentlich versauer ich dann nicht zu einem Typen, der sagt: Das war aber auf der Reise viel besser!

Informationen zum Projekt

Seit August 2018 fahren David Finscher und Jan Stoll mit Go Happy um die Welt mit Stopps in Albanien, Griechenland und Georgien. Im August 2020 wollen sie wieder in Vaihingen ankommen. Wer die Reise mitverfolgen möchte, kann dies auf ihrem Blog tun: www.gohappy-circus.com. David Finscher ist von Beruf Clown, Jongleur und ausgebildeter Pantomime. Sein Kompagnon Jan Stoll ist Akrobat und ausgebildeter Sport- und Gymnastiklehrer. Gemeinsam haben sie entschieden, zwei Jahre lang dem Wunsch nachzugehen, das Reisen mit ihrer Profession zu verbinden. Da Finscher und Stoll während ihrer Reise kein Geld verdienen, sind sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Diese erhalten sie durch drei Stiftungen. Ihr Projekt ist eingegliedert in den Trägerverein Kukuk Kultur. Ferner sammeln sie unter www.gohappy-circus.com/Privatspenden.