Im morgendlichen Berufsverkehr wälzt sich eine Blechlawine durch die Ludwig-Jahn-Straße in Nellingen. Foto: Michael Steinert

Der Umbau der Hindenburgstraße im Ostfilderner Stadtteil Nellingen führt auf der Ausweichstrecke durch zwei Wohnstraßen zu Beeinträchtigungen wegen des hohen Verkehrsaufkommens.

Ostfildern - Eigentlich sind die Otto-Schuster- und die Ludwig-Jahn-Straße in Ostfildern-Nellingen beschauliche Anwohnerstraßen. Doch seit gut einer Woche quält sich der Verkehr vor allem zu den Stoßzeiten am Morgen und frühen Abend dort Auto an Auto, Bus an Bus hindurch. Der Grund für das immense Aufkommen: die Hindenburgstraße, Hauptgeschäfts- und Durchgangsstraße des Stadtteils, wird im Rahmen einer Ortskernsanierung umgebaut und attraktiver gestaltet, weshalb sie teilweise gesperrt ist und der Verkehr durch die beiden Straßen umgeleitet wird. Die geplagten Anwohner befürchten allerdings, ihre reinen Wohnstraßen würden auch nach der Umgestaltung der Hindenburgstraße als Umfahrungsmöglichkeit genutzt.

In den beiden Straßen ist der Teufel los

Birgit von Kortzfleisch lebt mit ihrer Familie sehr gerne in der relativ ruhigen Ludwig-Jahn-Straße. Zurzeit falle es ihr allerdings schwer, sich dort wohl zu fühlen, sagt sie. Denn seit gut einer Woche ist in ihrer Anlieger-Wohnstraße und in deren Verlängerung in die Otto-Schuster-Straße der Teufel los. Wegen der Umleitung für die im Umbau befindlichen Hindenburgstraße wälzt sich an den Haustüren der Anwohner täglich in beiden Richtungen eine Blechlawine vorbei. Auch die Linienbusse quälen sich durch die beiden Seitenstraßen, und wenn sie an den Haltestellen hielten, komme der nachfolgende Verkehr nicht vorbei und staue sich gewaltig auf, sagt Birgit von Kortzfleisch. Wenn dann ein Autofahrer trotz der durchgezogenen Mittellinie den Bus überhole, würden Fußgänger, die die Straße überqueren wollen, stark gefährdet. Bedingt durch das immense Verkehrsaufkommen, seien die Anwohner durch Lärm und Abgase zusätzlich belastet, „wir können zurzeit kein Fenster aufmachen“.

Während der Umbauphase der Hindenburgstraße könnte man das ja noch in Kauf nehmen, sagt Birgit von Kortzfleisch. Aber sie und ihre Mitstreiter von der Initiative „Ruhige Otto-Schuster-/Ludwig-Jahn-Straße“ befürchten, auch künftig zu Anwohnern einer Umleitungsstrecke zu werden – selbst dann noch, wenn die Hindenburgstraße längst fertig sei. Denn durch die dann verkehrsberuhigte Geschäftsstraße quäle sich kein Autofahrer im Schritttempo hinter den Bussen her, wenn die beiden Wohnstraßen eine schnellere Variante böten, beschreibt sie ihre Bedenken. Diese würden im Übrigen durch ein Gutachten bestätigt, das durch den Ausweichverkehr täglich 8000 Fahrzeuge in den ineinander übergehenden Wohnstraßen prognostiziere – das entspräche letztlich einer Zunahme um 50 Prozent.

Der Ostfilderner Oberbürgermeister Christof Bolay weiß, dass die jetzt in der zweiten Bauphase deutlich veränderte Verkehrsführung „mehr Probleme“ mit sich gebracht habe. Es sei klar gewesen, dass die Arbeiten im Ortszentrum „nicht ohne Belastungen bleiben“. Es sei aber seitens der Stadtverwaltung auch klar kommuniziert worden, dass „wir flexibel reagieren müssen, sollten unsere Pläne in der Praxis nicht funktionieren“, sagt er. Die durchgezogene Linie etwa, die den Verkehr hinter den Bussen hätte disziplinieren sollen, müsse möglicherweise unterbrochen werden, denn „kein Autofahrer der Welt wartet bis zu drei Minuten hinter einem Bus“, sagt Christof Bolay.

Stadtverwaltung wartet ab

Die Befürchtungen der Anwohner, der Umbau der Hindenburgstraße könne auf Kosten ihrer Lebensqualität gehen, nimmt der Rathauschef eigenem Bekunden nach sehr ernst. Allerdings wolle die Stadtverwaltung zunächst abwarten, ob der Verkehr nach der Umgestaltung im Nellinger Zentrum dort tatsächlich in dieser Dimension zunehme. Sei dies der Fall, zeige das Gutachten Möglichkeiten auf, „um auch kurzfristig reagieren zu können“, sagt Christof Bolay. Schon im Vorfeld Maßnahmen umzusetzen, halte die Stadtverwaltung aber auch „aus finanziellen Aspekten für nicht vertretbar“.