Diese Krippe aus Papier, die im Schaufenster der Bücherstube Eilert ausgestellt ist, hat etwas mehr als 100 Jahre auf dem Buckel. Foto: Ralf Poller

Sie sind so unterschiedlich wie die Länder, aus denen sie stammen, obwohl sie alle dasselbe Geschehen zeigen: Dutzende Weihnachtskrippen werden in Ludwigsburg in Schaufenstern gezeigt. Bis 6. Januar sind sie ein Hingucker.

Als nach all den Einschränkungen auch noch der Open-air-Weihnachtsgottesdienst gecancelt wurde, der mit viel Möglichkeit zum Abstandhalten auf dem Marktplatz geplant gewesen war, wollten Ruth und Klaus Miekley etwas unternehmen. Etwas, das in diesen Pandemie-Weihnachtstagen 2020 – „in denen es so trostlos war, weil einfach gar nichts stattfinden konnte“, wie Ruth Miekley zurückdenkt – ein kleines Zeichen der Aufmunterung und Hoffnung setzen sollte. „Damit man auch in der leeren Stadt den Kern von Weihnachten spüren konnte.“ Sich vor ein Schaufenster stellen, das ging ja immerhin noch.

Viele Ludwigsburger Geschäftsleute machen mit

„Wir kennen viele Geschäftsleute in der Stadt und haben sie angesprochen, ob sie eigene Krippen haben oder ob sie eine ausgeliehene ins Schaufenster stellen würden“, erzählt Ruth Miekley. Die Ludwigsburgerin und ihr Mann, die früher im evangelischen Kirchengemeinderat saßen, vernetzten sich zudem mit der Kirche, Freunden und Bekannten – und hatten so bald genügend Krippen beisammen. Krippen aus aller Herren Länder, große und kleine, schlichte und aufwendige – präsentiert in den Schaufenstern von Ludwigsburger Läden, in denen man nicht einkaufen durfte.

Zwei Jahre ist das jetzt her. Den Marktplatz beherrscht nicht mehr gähnende Leere, stattdessen dominierte ihn bis vor wenigen Tagen der wiedergekehrte, trubelige Weihnachtsmarkt. Und dennoch sind auch die Krippen wieder da. An mehr als 30 Stationen in der Stadt sollen sie noch bis zum 6. Januar die Herzen der Betrachter anrühren. Sie stammen aus Ägypten, Kolumbien, Tschechien oder auch aus der Ludwigsburger Drechslerwerkstatt. Eine wurde sogar vom Sperrmüll gerettet: Sie steht jetzt in der evangelischen Stadtkirche, vollends in Schuss gebracht hat sie Mesner Hermann Schröder. Es gibt Krippen aus Zinn, Keramik oder Papier. Einige sind so klein, dass man sie erst beim zweiten Hinschauen entdeckt.

Jede Krippe hat ihre eigene Geschichte

Hinter vielen Exemplaren stecken persönliche Geschichten. Etwa hinter einer Krippe von Irmtraut Kruck, der Vorsitzenden des Kirchengemeinderates, die bei Lotter im Schaufenster zu sehen ist. Die Krippe stammt aus Oberammergau, „und meine Eltern haben sie sich vom Mund abgespart“. Das Ludwigsburg Museum stellt in seinem Innenhof einen Rentierschlitten mit Weihnachtsmann aus der Zeit um 1900 aus: Er stammt aus der Sammlung der Kinderbuchautorin Tony Schumacher. Die Krippe von Ute Rechkemmer, die in der Auslage ihrer gleichnamigen Bäckerei steht, kommt aus Peru. „Es ist für mich wichtig zu zeigen, dass nicht alle Krippenfiguren europäisch aussehen müssen, sondern dass jede Kultur ihr eigenes Weihnachtswunder feiert“, sagt sie. Und die Krippe von Katja Holz mit stilisierten, gecutteten, bunten Figuren soll die Vielfalt der Ludwigsburger Stadtgesellschaft widerspiegeln.

Im Stil der opulent ausgestatteten neapolitanischen Krippen kommen hingegen die Figuren daher, die im Schaufenster der Atelierwerkstatt von Stephan Wein stehen. Wein hat sie selbst hergestellt, „für die neapolitanischen Krippenfiguren habe ich schon immer ein Faible“, sagt der Goldschmied. Überhaupt habe er einen Hang zu sakraler Kunst und zu Kirchen: „Ich liebe die Ruhe, die sie ausstrahlen.“

Auch die Miekleys haben eigene Exemplare beigesteuert – aus Ägypten, wo ihre Tochter lebt. Manche Menschen, erzählt Ruth Miekley, hätten über den Krippenweg auch bisher unbekannte Geschäfte für sich entdeckt, etwa in der Eberhardstraße.

„Damals“, sagt sie über den Dezember 2020, „stand ein Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz und sonst nichts. Jetzt stand beim Weihnachtsmarkt der Kommerz wieder dermaßen im Vordergrund, dass wir den Krippenweg auch als Gegenakzent sehen.“ Und dass die Botschaft vom Frieden unter die Menschen getragen werde, „das ist gerade jetzt so wichtig wie lange nicht“.