Beim Foodsharingsystem sortiert der Lebensmittelmarkt aus und eine Gruppe mehrerer Saver holt die Ware dort ab. Foto: dpa/Harald Tittel

Ralf Esch möchte mit Foodsharing ein Netzwerk aufbauen, das Lebensmittel rettet.

Benningen – Der 40-jährige Ralf Esch steckt gerade in der Ausbildung. Der studierte Betriebswirt hat beschlossen, Lebensmittel zu retten. Mit dem Ludwigsburger Verein Foodsharing möchte der Benninger regelmäßig Lebensmittelbetriebe anfahren und ihnen Ware abnehmen, die nicht mehr verkauft wird und im Müll landen würde. Weltweit wird bei der Produktion, in Privathaushalten, im Handel und in der Gastronomie „ein Drittel bis die Hälfte aller Lebensmittel weggeworfen“, sagt der 40-Jährige. Und das geht ihm gegen den Strich. Esch beklagt den weltweiten „Raubbau an der Natur“, und die Lebensmittelverschwendung sei eine Facette dessen. Denn für die Herstellung der Lebensmittel wird Energie benötigt, Wasser, Boden, es werden Transportwege zurückgelegt, Verpackungen hergestellt und mehr. Esch findet, dass die Dinge, die produziert werden, gegessen und wertgeschätzt werden sollten. „Ich bin in Rumänien aufgewachsen, und da hatten wir oft leere Lebensmittelmärkte. Bei uns wurde nie etwas weggeworfen – ich kenne das nicht anders.“

Im Januar hat sich Ralf Esch beim Ludwigsburger Verein Foodsharing angemeldet. Dort legt man Wert darauf, dass die Essensretter eine Ausbildung durchlaufen und den Umgang mit teilnehmenden Betrieben von ausgebildeten Savern erlernen – gearbeitet wird mit Foodsharing-Rollen. Im ersten Schritt wird man Foodsharer, also Teiler: Nach der Registrierung darf man auf einer Plattform virtuelle Essenskörbe einstellen, die Interessierte abholen können. „Das sind meist Lebensmittel von Privathaushalten, die man übrig oder einfach zu viel eingekauft hat.“ Zurzeit gehören 23 Bürger zu der Whatsapp-Gruppe. Allerdings ist für Eschs Geschmack noch zu wenig los auf dieser Plattform. Lediglich ein oder zwei Mal im Monat wechselt ein Korb den Besitzer.

Ralf Esch hat derweil aber weiter gemacht mit seiner Ausbildung. Um Lebensmittel nicht nur zu teilen, sondern gemeinsam mit anderen Savern bei Supermärkten und Bäckereien abzuholen, bedarf es eines weiteren Schrittes. Der angehende Saver muss sich auf der Homepage von Foodsharing mit etwa 30 Seiten Infomaterial zu Abläufen und Hintergründen beschäftigen und ein Prüfungsquiz bestehen. Um Erfahrungen vor Ort zu sammeln, muss er sich nun noch drei mal einer Saver-Gruppe anschließen und Lebensmittel bei einem teilnehmenden Betrieb abholen. Verbunden mit einer Vereinsmitgliedschaft bekommt der Saver nun seinen Ausweis.

Esch ist also klar zum Durchstarten. Jetzt sucht er Mitstreiter aus Marbach, Benningen oder der Umgebung. Denn um bei einem Betrieb regelmäßig Lebensmittel abzuholen, bedarf es einer Saver-Gruppe, zu der etwa 30 bis 50 Personen gehören, je nach Größe des Betriebes. Üblich sei, so Esch, dass vier oder fünf Lebensmittelretter eine Abholung gemeinsam machen, damit das Verladen schnell und reibungslos abgewickelt werden kann. Ist die Gruppe groß genug, wechselt man sich ab und gewährleistet so Zuverlässigkeit. Denn hat sich ein Betrieb erst einmal entschlossen, bei Foodsharing einzusteigen und seine Lebensmittel abzugeben, muss er regelmäßig und pünktlich angefahren werden – meist um die Feierabendzeit.

Sobald Esch sein Saverteam gefunden hat, möchte er gemeinsam mit dem Foodsharingverein auf Betriebe zugehen und um eine Kooperation werben. Der Verein liefert gute Argumente: Der Betrieb bekommt die Chance, einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung zu leisten und betreibt Imagepflege in ethischer Hinsicht – oft weist ein Aufkleber am Eingang auf die Kooperation hin. Interessant ist für Betriebe, dass sie Arbeitszeit und Kosten für das Sortieren sparen. Und es können Kosten für die Müllentsorgung gespart werden. Bei der Abholung teilen die Saver die Ware unter sich auf und geben sie an Privatpersonen weiter. Ein fester Bestandteil der Lebensmittelrettung wird auch der neue Unverpacktladen sein, den Esch mit seiner Frau Maya voraussichtlich in wenigen Monaten in Marbach eröffnen wird (wir berichteten). Dort sollen von Foodsavern gerettete Lebensmittel an Interessenten verteilt werden – im so genanten Fairteilersystem. Seinen Job bei einem großen Unternehmen hat er für diese Projekte gekündigt.