Ein Kreuz ist gut – zwei Kreuze sind besser: Falls die Zweitimpfung fehlt, sollten sich auch Erwachsene noch einmal gegen Masern impfen lassen. Foto: dpa

Die Zahl der Masernerkrankungen in Baden-Württemberg hat sich im Vergleich zu 2016 mehr als verdoppelt. Das sei einerseits dem Zufall geschuldet, sagt eine Expertin vom Robert-Koch-Institut. Andererseits gebe es bundesweit aber auch große Impflücken.

Stuttgart - 51 Masernfälle wurden 2017 in Baden-Württemberg bereits gemeldet – mehr als doppelt so viel wie im gesamten vergangenen Jahr. 2016 habe es nur 28 Fälle gegeben, teilte die DAK-Gesundheit unter Berufung auf das Landesgesundheitsamt mit. Ein Grund zur Beunruhigung? Dieser bestehe bei Masern immer, sagt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut. Hat man sich mit ihnen angesteckt, bestehe eine 25-prozentige Chance darauf, dass man ins Krankenhaus müsse. „Das zeigt schon, dass Masern eben nicht die harmlose Kinderkrankheit sind, als die sie viele einschätzen“, sagt Glasmacher. Zu Todesfällen komme es zwar nur äußerst selten – „doch die Gefahr besteht durchaus“.

Die derzeit hohen Erkrankungszahlen hängen ihrer Einschätzung nach damit zusammen, dass Masern eine gewisse saisonale Häufung haben: Sie kommen typischerweise im Frühsommer vor. Einen konkreten Grund dafür, dass die Zahl der Krankheitsfälle in diesem Jahr so stark angestiegen ist, gebe es aber nicht, sagt die Expertin.

Das sei einerseits dem Zufall geschuldet: „Masernviren zirkulieren in Deutschland nicht heimisch. Sie werden stets von außen eingeschleppt – von Messebesuchern, Urlaubern, Geschäftsreisenden.“ Andererseits sei der Boden fruchtbar für die Verbreitung, sagt Glasmacher. Denn bundesweit gebe es große Impflücken. Im Südwesten zum Beispiel haben nur 78,9 Prozent der Kinder nach dem ersten Lebensjahr die von der Ständigen Impfkommission empfohlene Erstimpfung erhalten. Ein zweites Mal wurden nach dem Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung sogar nur 61 Prozent der Kinder geimpft – das ist der niedrigste Wert bundesweit. „Die zweite Impfung ist jedoch nötig, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten“, betont Glasmacher. Oft würde die Impfung auch zu spät erfolgen – im Alter von drei oder vier Jahren statt mit zwei Jahren. Die Erstimpfung sollte bereits mit 11 bis 14 Monate verabreicht werden.

Erwachsene ohne zweite Impfung sollten diese nachholen

Impflücken gebe es aber nicht nur bei den Kleinen. Von den nach 1970 geborenen Erwachsenen habe nicht einmal die Hälfte die erste der beiden notwendigen Impfungen. Denn erst im Jahr 1991 wurde bundesweit eine zweite Masernimpfung empfohlen. Doch dass sich auch Erwachsene noch gegen Masern impfen sollten – beziehungsweise bei unvollständigem oder unklarem Impfschutz die Zweitimpfung nachholen sollten – wissen viele nicht, sagt Glasmacher.

Sie empfiehlt denjenigen ohne zweites Kreuz an der entsprechenden Stelle im Impfpass, dieses bei ihrem Hausarzt einzuholen. Überimpfen könne man sich gegen Masern nicht. Die Kosten für die Impfung werden von der Krankenkasse übernommen – wie für alle von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen. Bei einigen wenigen Menschen treten nach der Impfung Müdigkeitserscheinungen, ein paar Flecken oder Fieber auf. In der Regel ziehe sie aber keine Komplikationen nach sich.

Masern werden von Viren übertragen , die das Immunsystem schwächen. Bei Säuglingen unter neun Monaten, bei Schwangeren sowie bei immungeschwächten Menschen etwa mit chronischen Erkrankungen oder mit angegriffenem Gesundheitszustand sollte daher auf den Piks verzichtet werden. Umso wichtiger sei es allerdings, dass sich diejenigen, bei denen eine Impfung möglich sei, auch impfen lassen, sagt Glasmacher.