Der Kampfmittelbeseitigungsdienst vernichtet eine Pistole mit einem Schweißbrenner. Die Behörden wollen jetzt möglichst viele illegale Waffen aus dem Verkehr ziehen. Foto: dpa

Je weniger Waffen im Umlauf sind, desto geringer die Gefahr. Diese Rechnung der Behörden nehmen sich offenbar viele Menschen zu Herzen – und liefern nicht nur Schießeisen bei der Stadt ab.

Stuttgart - Hans-Jörg Longin ist zufrieden. „Wenn man sich das so anschaut, ist das wirklich ein phänomenaler Rückgang“, sagt der Sachgebietsleiter für Waffenangelegenheiten im Ordnungsamt. Tatsächlich hat sich die Zahl der legalen Schusswaffen in der Landeshauptstadt in den vergangenen zehn Jahren nahezu halbiert. Genau 17 125 davon sind derzeit noch registriert. 2007 sind es noch rund 28 000 Pistolen, Revolver oder Gewehre gewesen.

Derzeit laufen bei der Stadt noch ein paar Schießeisen mehr ein als sonst. Denn seit Juli gilt bundesweit eine Amnestie für illegale Waffen. Sie dürfen ein Jahr lang straffrei zu den Behörden transportiert und dort abgegeben werden. In Kraft getreten ist dieses Angebot im Zuge der Änderung des Waffengesetzes. Das Land Baden-Württemberg hat die Regelung umgesetzt und alle Besitzer von Waffen, die nicht offiziell gemeldet sind, dazu aufgerufen, diese abzuliefern.

„Mit jeder abgegebenen illegalen Waffe und Patrone gewinnen wir ein Stück mehr Sicherheit im Land. Ich hoffe, dass möglichst viele Besitzer dieses befristete Angebot nutzen“, sagt Innenminister Thomas Strobl. Und weist in diesem Zuge auch gleich darauf hin, dass der illegale Besitz erlaubnispflichtiger Waffen ansonsten mit einer Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann.

Pistolen, Gewehre, Messer und Munition

Seit die Regelung in Kraft getreten ist, sind beim Stuttgarter Ordnungsamt bereits elf Besitzer mit insgesamt 16 illegalen Waffen vorstellig geworden. Dabei handelt es sich vor allem um scharfe Pistolen, Revolver und Gewehre, aber auch um Schreckschusspistolen oder Butterflymesser sowie Munition. Zudem sind acht legale Waffen und Gegenstände gleich mitabgegeben worden. Auch bei der Polizei sind mehrere Fälle verzeichnet, bei denen es einen Bezug zu der Amnestieregelung gibt. „In der Regel handelt es sich um Erbsachen. Der Opa ist gestorben und hat eine Waffe hinterlassen, für die es keine Genehmigung gibt“, weiß Longin. Polizeisprecher Stephan Widmann spricht ebenfalls von Nachlässen oder Haushaltsauflösungen, bei denen die heißen Eisen auftauchen.

Wie viele illegale Waffen es in Stuttgart gibt, können die Behörden nicht sagen: „Eine Schätzung wäre unseriös“, so Longin. Klar ist aber: Je weniger, desto besser. Was sich nicht mehr im Umlauf befindet, kann auch keinen Schaden anrichten. Und was bei der Stadt abgegeben wird, landet erst beim Kampfmittelbeseitigungsdienst und dann im Schmelzofen. Beim Land hat man noch keinen Überblick über den Erfolg der Aktion. Eine Erhebung soll erst nach deren Ende im nächsten Juli folgen.

87-Jährige hortet geladene Waffen

Eine ähnliche Amnestie hatte es bereits 2009 gegeben. Damals hatte der Amoklauf von Winnenden das ganze Land schockiert. Allein in jenem Jahr wurden in Baden-Württemberg 57 000 Waffen abgegeben, darunter etwa 6000 illegale. In Stuttgart waren es 2765 Waffen, 73 davon illegal. „Damals hatten wir exorbitante Zahlen“, erinnert sich Longin. Im Folgejahr kamen weitere 891 Waffen dazu. Seither sind die Zahlen gesunken, doch der Trend hält weiter an.

Ob sich eingefleischte Waffennarren zu einem solchen Schritt durchringen, ist trotz Amnestie indes fraglich. Von denen gibt es nämlich reichlich, wie sich immer wieder zeigt. Etwa vor drei Jahren, als bei einer Hausdurchsuchung in Kirchheim/Teck ein ganzes Arsenal halb- und vollautomatischer Waffen gefunden wurde – zum Teil waren sie geladen. Der Besitzer, der die Sammlung 20 Jahre lang zusammengetragen hatte, wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Doch auch vor Skurrilem macht das Thema nicht Halt: In Ludwigsburg stießen Fahnder vor einigen Jahren auf eine 87-Jährige, die im Kleiderschrank und anderswo vier geladene Gewehre und Pistolen aufbewahrte. Eine Hinterlassenschaft ihres Mannes – und nach der Hausdurchsuchung in besseren Händen.

Näheres zur Abgabe illegaler Waffen in Stuttgart findet sich unter www.stuttgart.de/item/show/273273/1/9/638167?