Der Anteil der Kinder, die in der vierten Klasse richtig Radfahren können, schrumpft. Foto: factum/Granville

Es ist wichtig, dass die Schulen und Verkehrswachten reagieren, weil immer weniger Kinder richtig Radfahren können. Doch eigentlich sind für diese Aufgabe andere zuständig.

Stuttgart - Die gute Nachricht vorneweg: Der Großteil der Eltern im Land übt mit dem Nachwuchs das Radfahren. Dementsprechend beherrschen die meisten Kinder dieses wichtige Verkehrsmittel auch und können in der vierten Klasse erfolgreich an der Radfahrausbildung teilnehmen. Läuft also, könnte man meinen. Gerade in einem Bundesland, das derzeit stark auf den Ausbau des Radverkehrs setzt.

Doch auf den zweiten Blick rollt es überhaupt nicht mehr so flüssig beim Thema Radverkehr. Denn der Anteil der Kinder, die das Radfahren nicht oder nur schlecht beherrschen, steigt seit Jahren. 13 000 Viertklässler sind im vergangenen Schuljahr an den theoretischen und praktischen Herausforderung der Prüfung gescheitert. Und die Beteiligten beobachten immer schlechtere motorische Fähigkeiten. Wer gar nicht weiß, wie er sich auf zwei Rädern halten soll, braucht über das Einhalten entsprechender Verkehrsregeln gar nicht erst nachzudenken.

Ministerien, Polizei und Verkehrswacht halten mit neuem Unterrichtsstoff und viel Prävention, zum Teil schon im Kindergarten, dagegen. Das ist wichtig und sinnvoll, denn andernorts in Deutschland sieht es zum Teil bereits viel schlechter aus. Doch wieder einmal müssen Schule und andere Helfer hier Versäumnisse mancher Eltern ausbügeln. Die machen ihre Hausaufgaben nicht. Es obliegt nicht dem Schulunterricht, Kindern so viel Bewegung und Übung zu verschaffen, dass sie körperlich in der Lage sind, auf ein Fahrrad zu steigen. Dafür ist das häusliche Umfeld zuständig. Doch ein Drittel der Eltern hilft laut einer Studie den Kindern nicht oder kaum beim Lernen des Radfahrens. Also springen andere ein. Denn auch die fahrradfreundlichste Politik zeigt keine Früchte, wenn zu viele gar nicht mehr Radfahren können.

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