Die Imker Herbert Czernotzky, Winfried Zilian, Manfred Nuber, und Dieter Butzer. (von links) begutachten mit Landrat Roland Bernhard (Mitte) die Waben. Foto: factum

Die Bienen auf dem Dach des Landratsamts in Böblingen haben eine beachtliche Menge Honig produziert – doch die drei Imkervereine im Landkreis konstatieren einen massiven Einbruch der Honigernte in diesem Jahr.

Böblingen - Hoch über den Dächern Böblingens arbeiten rund 80 000 fleißige Mitarbeiterinnen für den Landrat Roland Bernhard. Mit ihrer Leistung ist er auch in diesem Jahr sehr zufrieden: „Von den Bienen bin ich jedes Mal fasziniert“, sagt er und ergänzt: „In erster Linie ist das Projekt aber ein wichtiger Beitrag zum Naturschutz.“ Denn die Bestäubungsleistung der Bienen gelte es zu unterstützen. Trotz einer schwierigen Saison haben die zwei Bienenvölker, die seit fünf Jahren auf der Dachterrasse des Landratsamtes ihren Standort haben, wieder ordentlich Honig produziert. Von dort aus sammeln sie in einem Radius von etwa zwei Kilometern Nektar in der Stadt ein.

Bei der diesjährigen Ernte kamen bisher etwa 25 Kilo zusammen, doch Manfred Nuber, Berater für Obst- und Gartenbau und zuständig für die Landratsamtsbienen, geht davon aus, dass er noch etwa sechs Kilo bis zum Ende der Saison zusammentragen kann. „Im vergangenen Jahr waren es 35 Kilo – also etwas mehr“, sagt Nuber. Der Landrat werde sich aber immer noch über knapp 70 Gläser Honig freuen dürfen.

Imker im Landkreis beklagten schlechten Ertrag

Die Vertreter der drei Imkervereine im Kreis Böblingen, die der Landrat eingeladen hat, haben einen deutlich größeren Ausfall zu beklagen. „Unser Ertrag lag mindestens 70 Prozent unter dem durchschnittlichen Ertrag – ein Einbruch, den die meisten Imker noch nie erlebt haben“, sagt Winfried Zilian vom Bezirksverein für Bienenzucht Böblingen-Sindelfingen. „Ich bin seit 40 Jahren Imker und musste dieses Jahr zum ersten Mal zufüttern, damit das Bienenvolk überhaupt überleben konnte“, das bestätigt auch Dieter Butzer vom Bezirksverein für Bienenzucht in Leonberg. Er habe kaum Honig ernten können, da die Bienen diesen für sich selbst benötigten. „Die warmen Temperaturen im Frühling kamen zu plötzlich, da waren die Bienen noch nicht vorbereitet“, erklärt Manfred Nuber. Gefolgt von einem Mai, der wiederum zu kalt für die Bienen war. „Waldhonig konnten wir in dieser Saison überhaupt nicht ernten – dafür war es zu trocken“, ergänzt der Obstbauspezialist, der auch selbst auf seinem Hof in Weil der Stadt-Schafhausen die Imkerei betreibt.

Ein weiteres Phänomen können die Imker aus dem Kreis Böblingen beobachten: Inzwischen sind die Erträge von den Standorten innerhalb der Städte fast besser als an an den Standorten auf dem Land. „Wir versuchen die Stadtimkerei deshalb noch weiter nach vorne zu bringen“, sagt auch Bernhard. Zum Beispiel versuche man Firmen mit Flachdächern dazu zu bringen, sich ebenfalls einen Bienenstock zuzulegen.

Landrat will Naturschützer, Landwirte und Imker an einen Tisch holen

Der Landratsamtshonig beweist die Qualität des Honigs aus der Stadt: Laut Nuber ist der Geschmack geprägt von den Linden, die in der Stadt vertreten sind, und schmeckt außerdem nach dem Lavendel, den offenbar viele Böblinger in ihren Gärten angepflanzt haben.

Dieser Honig wird jedoch nicht verkauft – sondern nur zu besonderen Anlässen vom Landrat verschenkt. „Unsere Bienen fliegen aber dasselbe Gebiet an – der Honig ist also ähnlich und kann auch gekauft werden“, sagt Winfried Zilian vom Böblinger Imkerverein mit einem Augenzwinkern.

Die drei Imkervereine sehen sich nicht als Konkurrenz: „Wir unterstützen uns gegenseitig“, betont Zilian. Und so nutzen sie auch gleich die Gelegenheit, sich über die schlechte Saison und die Probleme rund um das Thema Bienensterben untereinander und mit dem Landrat auszutauschen. „Die Honigbienen sterben im Landkreis Böblingen sicher nicht aus – dafür sorgen die Imker“, sagt Herbert Czernotzky vom Bezirksbienenzüchterverein Herrenberg. Jedoch sei die Wildbiene gefährdet, da ihre Habitate verloren gehen. „Wir sind zwar ein Industrie-Kreis – aber auch ein sehr naturnaher Kreis“, entgegnet Bernhard. Er warne davor, Naturschützer und Landwirte gegeneinander auszuspielen. „Wir wollen uns mit den Imkern, den Naturschützern und den Landwirten an einen Tisch setzen und eine Analyse machen, was bei uns schon gut ist und wo wir uns noch verbessern können“, schlägt Bernhard vor – und stößt damit auf die Zustimmung der Imker.

Imkerei im Kreis Böblingen:

Saisonende
: Im September neigt sich die Saison für die Bienen dem Ende entgegen. Die Wachsproduktion wird eingestellt, die letzten Pollen werden gesammelt, alle Ritzen mit Propolis zugekittet. Jetzt schlüpfen die Bienen, die die Population über den Winter bringen müssen. Während Bienen im Sommer im Schnitt nur sechs Wochen lang leben, haben die Winterbienen eine Lebenserwartung von sechs Monaten. Ende September stellt die Königin die Eiablage ein.

Imkervereine
: Die drei Imkervereine sind noch nach den früheren Altkreisen eingeteilt. Der Verein Böblingen/Sindelfingen hat 230 Imker und etwa 1500 Bienenvölker, in Herrenberg sind es 200 Mitglieder mit etwa 1350 Bienenvölkern. Der Leonberger Verein betreut 242 Mitglieder mit 1846 Bienenvölkern.

Nachwuchs
: Die Imkervereine müssen sich keine Sorgen um den Nachwuchs machen. Sie haben teilweise mehr Anmeldungen von Neuimkern, als sie bewältigen können.