Eberhard Wulle hat Bienen im Schwäbischen Wald, im Schwarzwald und im Welzheimer Wald. Einige überwintern in Stuttgart-Plieningen. Foto: Judith A. Sägesser

Weil sie illegal in einem Naturschutzgebiet gestanden haben, mussten Bienenkästen zwischen Stuttgart-Möhringen und Stuttgart-Plieningen im Frühjahr 2018 umziehen. Was damals Protest in der Bevölkerung ausgelöst hatte, hat sich inzwischen beruhigt. Ein Besuch bei den Bienen zum Winterbeginn.

Plieningen - Wenn Eberhard Wulle mit der großen Plastikspritze kommt, dann beginnt endgültig der Winter. Vor wenigen Tagen war er zum letzten Mal im Jahr 2018 bei seinen Bienenkästen. Der 76-jährige Plieninger hat seinen Pritschenwagen vorne an der Straße geparkt und den Kübel mit dem Smoker und der Spritze rübergetragen zu den Dutzend Bienenkästen. Vereinzelt krabbeln Bienen aus den Stöcken, surren neugierig um ihn herum, um sich dann wieder hinter dem Holz zu verkriechen. Für Wulles Völker ist ein ziemlich aufregendes Jahr zu Ende gegangen.

Die Völker mussten im Frühsommer weg aus einem Naturschutzgebiet zwischen Plieningen und Möhringen, in dem sie schon weit länger standen, als der Schutz-Stempel zu jenen Wiesen gehört. Doch das war letztlich egal. Die Behörden stufen Honigbienen wie die von Eberhard Wulle als landwirtschaftliche Nutztiere ein, und diese dürfen den wilden Arten in einem solchen Gebiet nicht ins Gehege kommen. Diese Entscheidung hatte Empörung ausgelöst. Geändert hat es nichts. Jetzt verabschieden sich Wulles Insekten an einem anderen Fleck in Plieningen in den Winterschlaf. Wo genau, will der Imker lieber nicht sagen. Er befürchtet Begehrlichkeiten. In der Stadt, und auch auf den Fildern, ist es eng geworden für Bienen.

Damals hat er protestiert, jetzt ist es ihm eher egal

Eberhard Wulle hat damals gegen den Zwangsumzug protestiert, jetzt zuckt er mit den Schultern. „Ich bin drüber hinweg“, sagt er. „Ich will ja keinen Streit.“ Die andere Seite offenbar auch nicht, denn die Stadt Stuttgart hat ihm zu diesem neuen Platz verholfen. „Die sind mir fast auf den Schoss gesessen“, sagt Eberhard Wulle und lacht in sich hinein.

Wenn er sich auf der kleinen wilden Wiese umblickt, sieht er Straßen und Häuser. „Wegen der Honigernte stehen die Bienen hier nicht“, sagt er. „Hier ist nichts los, hier ist Agrarwüste.“ Die Völker werden an diesem Platz nur überwintern. Im Frühjahr bringt Eberhard Wulle sie mit seinem Pritschenwagen auf die Schwäbische Alb. Und nicht nur dort sammeln die Bienen ihren Nektar. „Ich bin ein Wanderimker“, erklärt er. Er hat Bienen im Schwäbischen Wald, im Schwarzwald, im Welzheimer Wald und so weiter.

Die Bienen wärmen sich mit Muskelzittern

Doch bevor die Bienen wieder jenseits von Plieningen ausschwärmen dürfen, ist Zeit für die große Plastikspritze. 21 Tage nach den ersten, regelmäßigen Frostnächten behandelt der Imker seine Völker mit Oxalsäure, diese verätzt die Milben über den Winter. Die Königin hat drei Wochen nach dem Frostanbruch aufgehört, Eier zu legen, die Bienen ballen sich zu einer Kugel, umschließen ihre Königin. „Eine Kugel hat die geringste Oberfläche“, erklärt Eberhard Wulle. Die Bienen haben es so recht warm bei 15 bis 20 Grad. Diese Temperatur erzeugen sie allein durch Muskelzittern. Etwa 20 Prozent eines Volkes sterben nach der Saison. Überemsige Bienen, die im Winter den Stock verlassen, sind verloren. „Sie erstarren“, erklärt der Imker.

Hat die Spritze ihren Dienst getan, wirft Eberhard Wulle noch ein Netz über alles – wegen des Grünspechts. Den Geruch des Smokers, mit dessen Rauch er die Bienen beruhigt, wird der Plieninger Imker dann erst im Frühjahr wieder in der Nase haben, wenn die Gewichtskontrolle ansteht.