Der Förster Hartmut Scheuter markiert diesen Stamm als Habitatbaum. Foto: Landratsamt

Punkte oder Striche an den Bäumen zeigen Waldarbeitern an, welche Bäume gefällt und welche gehegt und gepflegt werden müssen. Ein blauer Punkt zeigt beispielsweise an, dass es sich dabei um einen sogenannten Zukunftsbaum handelt.

Kreis Esslingen - Man könne auf Rinde aufgesprühte blaue Punkte, grell leuchtende Striche oder Buchstaben durchaus „für Graffiti an Bäumen halten“, räumt das Forstamt des Landkreises Esslingen ein. Tatsächlich seien es aber Forstleute, die Markierungen mit Spraydosen aufbringen, um die bevorstehende Holzernte vorzubereiten. Denn die kryptischen Zeichen zeigen den Waldarbeitern an, welches Schicksal den jeweiligen Baum ereilt.

Laut Hartmut Scheuter, dem Leiter des Forstreviers Sauhag im Bereich von Oberboihingen, Unterensingen und Wolfschlugen, dienen die Symbole den Forstwirten als Orientierung. Sie zeigten an, ob ein Baum gefällt werden soll, ob eine Gasse für den Holztransport angelegt werde, oder ob der Baum ein sogenannter Zukunfts- oder Biotopbaum sei. Ob einem Baum eine Zukunft im heimischen Forst beschieden ist, entscheidet demnach der Förster. Beim Markieren der Stämme geht sein Blick zuerst in die Baumkrone hinauf. Dabei entscheide sich „nicht primär, welcher Baum weichen muss, sondern welcher Baum gefördert wird“, sagt Scheuter. Ein Zukunftsbaum – in Fachkreisen kurz Z-Baum genannt – werde unterstützt, indem Konkurrenten, die sein Wachstum behindern könnten, gefällt werden. Der blaue Punkt auf der Rinde des Z-Baums signalisiere den Forstarbeitern: Auf diesen Baum muss besonders Acht gegeben werden.

Bäume mit Schrägstrich werden gefällt

Welches Gehölz das Zeug zum Z-Baum besitzt, hänge „von der Art, der Vitalität und der Qualität eines Baumes ab“, erläutert der Förster. Wenn kein blauer Punkt, sondern ein Schrägstrich mit leuchtend roter Farbe auf der Rinde prangt, sind die Tage dieses Baumes gezählt. Bei der nächsten Waldpflegemaßnahme fällt er der Kettensäge oder dem Vollernter zum Opfer.

Ist ein Stamm mit einem weißen T oder einem umlaufenden weißen Ring verziert, muss er nicht um sein aufrechtes Dasein fürchten. Diese Zeichen signalisieren den Waldarbeitern lediglich, dass hier eine Rückegasse eingerichtet wird, um das Holz abzutransportieren. Die Forstmaschinen dürfen nur innerhalb der gekennzeichneten Fahrlinien die Stämme zum nächsten Forstweg befördern. „So wird auf der restlichen Fläche der empfindliche Waldboden geschont“, erklärt Scheuter.

Besondere Schonung erfahren auch sogenannte ökologisch bedeutsame Biotopbäume. Sie bieten beispielsweise in Höhlen oder Nestern Wohnraum für diverse heimische Tierarten. Hier sei der Kreis Esslingen sehr gut aufgestellt, heißt es in einer Mitteilung aus dem Landratsamt. Eine Kartierung von Höhlenbäumen des Schwarzspechts auf Staatswaldflächen im Kreis habe ergeben, dass der hiesige Wald eine überdurchschnittlich hohe Dichte an Höhlen aufweise. Dies Bäume seien kartiert und im Wald markiert worden. Aber auch sogenannte Habitatbaumgruppen würden gekennzeichnet – und zwar mit weißen Wellenlinien. Dabei handle es sich um Mini-Urwälder, die innerhalb bewirtschafteter Wälder ein flächendeckendes Netz von Alt- und Totholzinseln bilden. Sie seien eine Art Trittsteine zur Vernetzung von Lebensräumen, denn zahlreiche Käfer, Vögel und Fledermausarten sowie Pilze, Moose und Flechten seien dort heimisch.

Der Borkenkäfer beeinflusst die Nadelholzernte

Der Borkenkäfer indes ist nicht wohlgelitten in den hiesigen Wäldern. Doch dieser breitet sich nach dem für ihn idealen heißen und trockenen Sommer rasant aus. Deshalb werde man heuer „mit angezogener Handbremse in die Nadelholzernte gehen“, kündigt Anton Watzek, der Leiter des Kreisforstamts, an. Denn die Förster seien bereits im Sommer gezwungen gewesen, vom Schädling befallene Fichten zu fällen. Diese Mengen müssten der Nachhaltigkeit zuliebe wieder ausgeglichen werden. Aber mit einem Laubwaldanteil von 75 Prozent sei der Kreis „auch in diesen Zeiten gut aufgestellt“, sagt Watzek. Doch auch im Laubholz müsse mit Trockenschäden gerechnet werden, wenngleich diese erst im kommenden Jahr beurteilt werden könnten.

Der Forstamtsleiter bittet die Waldbesucher dringlich, die während der Holzernte notwendigen Absperrungen aus Sicherheitsgründen zu beachten. Wer sich nicht daran halte, könne wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden.