Rooney Mara (li.) und Cate Blanchett in einer ­Szene von „Carol“ Foto: D

Es ist kaum möglich, bei diesem Film nicht über seine Schönheit zu schwärmen – über die Ausstattung, die das New York der 1950er wieder zum Leben erweckt, über Todd Haynes’ kunstfertige Inszenierung einer lesbischen Beziehung im prüden Nachkriegs-Amerika.

New York - Es ist kaum möglich, bei diesem Film nicht über seine Schönheit zu schwärmen – über die Ausstattung, die das New Yorkder 1950er wieder zum Leben erweckt, über Todd Haynes’ kunstfertige Inszenierung. Wenn die wohlhabende Carol die junge Therese zum Lunch einlädt, aus Dank, dass diese ihr die vergessenen Handschuhe zugeschickt hat, lebt die Szene durch die Subtilität der Annäherung der beiden Frauen und es baut sich viel Spannung auf.

Carol trägt Pelzmantel, sie ist sehr elegant, aus jeder ihrer Bewegungen spricht eine fast divenhafte Souveränität – wobei es die überwältigende Cate Blanchett fast beiläufig schafft, die Brüchigkeit des nach außen perfekten Bildes anzudeuten; Denn Carol steckt in einem aufreibenden Scheidungsprozess.

Die deutlich jüngere Therese ist verwirrt wie fasziniert von Carols Aura und deren dezenten Flirtversuchen. Sie sucht sich noch, fotografiert gerne, ist Spielwarenverkäuferin nur zum Geldverdienen. Rooney Mara spielt überzeugend die Unsicherheit einer kaum erwachsen Gewordenen, wenn auch bisweilen arg verhuscht. Therese steht ihr Leben noch offen, Carol dagegen ist, bei aller Freiheitsliebe, allein durch Ehe und Kind auch nach einer Scheidung juristisch gefangen im traditionellen Familien- und Rollenbild.

Die männlichen Figuren wirken in ihrem schlichten Konservatismus allzu stereotyp

Dies zeigt sich bald, als sich zwischen beiden ein Verhältnis entspinnt. Carols Noch-Ehemann Harge droht, das alleinige Sorgerecht für Tochter Rindy zu beanspruchen, ihr jeglichen Kontakt zu untersagen – wegen „unsittlichen Verhaltens“, als das eine lesbische Beziehung gilt. Carol glaubt nicht, dass er damit durchkommt, und begibt sich kurz entschlossen mit Therese auf einen ziellosen Autotrip. In elegischen Einstellungen erzählt der Film, wie sie sich auf der Fahrt und in Hotelzimmern näherkommen, erstmals miteinander schlafen. Doch ihr Glück ist flüchtig.

Die Ästhetik der Bilder, die Ruhe und Eleganz des Erzählens erinnern bisweilen an Tom Fords „A Single Man“ – in dem es auch um die Lage Homosexueller im prüden Nachkriegs-Amerika ging. Auch „Carol“ ist eine Literaturverfilmung, die Vorlage stammt von Patricia Highsmith, 1952 noch unter Pseudonym veröffentlicht.

Bei aller Schönheit ist Haynes’ Adaption nicht ohne Schwächen: Die männlichen Figuren wirken in ihrem schlichten Konservatismus allzu stereotyp. Und das Ausmaß von Thereses Enttäuschung und Schroffheit gegenüber Carol nach dem unvermeidlichen Bruch wirkt nicht völlig nachvollziehbar angesichts der zuvor eher wie eine zarte Affäre denn eine große Liebe geschilderten Beziehung. Kleine Wermutstropfen in einem ansonsten betörenden Werk.