Auf dem Unicampus im Stadtgarten wird gern outdoor gefeiert – und dann nicht aufgeräumt. Foto: Lichtgut/Verena Ecker

Mit einem Budget „im oberen fünfstelligen Bereich“ will die Uni Stuttgart das Erscheinungsbild ihres Unigeländes schöner gestalten. Ziel ist ein pfleglicherer Umgang mit dem Campus. Kippen und Müll sollen verschwinden.

Stuttgart - Vor den Eingangstüren der Unigebäude am Stadtgarten liegen Kippen. An den lieblos mit Sand gefüllten ehemaligen Brunnenanlagen türmen sich besonders nach schönen Wochenenden die Hinterlassenschaften von feierndem Partyvolk oder sonstigen Spaziergängern: leere Zigarettenpäckchen, Lebensmittelverpackungen, kaputte Plastikbecher, Flaschen, Papierabfälle. An dem kleinen See am Vaihinger Campus bietet sich zuweilen ein ähnliches Bild – ein wenig einladender Anblick. Jetzt will die Uni Stuttgart aktiv werden. „Wir wollen eine Kampagne starten und auch die Studierenden einbeziehen“, kündigt Simone Rehm an, die Prorektorin für Informationstechnologie der Uni Stuttgart. „Wir wollen, dass sich die Studierenden und die Beschäftigten auf unserem Campus wohlfühlen.“

Geplant sei ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das weit über die Müllbekämpfung hinausgehe. Der Arbeitstitel heiße „Mein Campus“. Die Uni stelle dafür „ein Budget im oberen fünfstelligen Bereich“ bereit. Auch die Hochschule der Medien als Nachbar auf dem Vaihinger Campus beteiligt sich an der Kampagne.

„Wir haben an der Uni verschiedene Hot Spots identifiziert“, sagt Simone Rehm. Das Rektorat sehe Handlungsbedarf. Die Initiative formiere sich gerade. Einige Maßnahmen seien bereits eingeleitet worden, andere in Vorbereitung. So habe man weitere Papierkörbe beschafft, auch solche mit Aschenbecher. Diese sollen jetzt „gezielt an Brennpunkten aufgestellt werden, wo oft Kippen am Boden liegen“. Auch Schmierereien an den Außenwänden der Gebäude habe man entfernt. Mit einer neuen „Plakatierungsordnung“ will die Uni wildes Plakatieren eindämmen. Mit der Stadt habe man Gespräche aufgenommen, wie die Gartenpflege im Stadtgarten und der Reinigungszyklus intensiviert werden könne. Zudem solle ein kleiner, humoriger Film produziert werden, den man den Erstsemestern vorführen wolle. Auch die Hochschule der Medien (HdM) finanziert den Film mit.

An der Hochschule der Medien kommen Mehrwegflaschen in „Spende-dein-Pfand-Tonne“

„Wir beteiligen uns gern an der Kampagne“, sagt Peter Marquardt, Kanzler der HdM. „Das Engagement wird sich auswirken und mittelfristig bezahlt machen.“ An der Hochschule habe man dieses Thema schon länger im Auge. „Wir investieren Zeit und Geld in unseren kleinen Campus“, so Marquardt. Das scheint bereits erste Erfolge gezeitigt zu haben. „Bei uns liegt Müll nicht rum, bei uns ist da schon ein Bewusstsein dafür da“, berichtet Damaris Rothfuß von der Umweltschutz-Initiative „Uschi“. Und: „Wir haben von der Anti-Müll-Kampagne noch gar nichts mitgekriegt“, sagt die HdM-Studentin aus dem vierten Semester des Masterstudiengangs Computer Science and Media. Dafür habe „Uschi“ den Kommilitonen näherbringen können, ihre Mehrweg-Flaschen in eine „Spende-dein-Pfand-Tonne“ zu entsorgen. „Das läuft sehr gut“, sagt Damaris Rothfuß. Einmal pro Woche kämen Mitarbeiter von der Straßenzeitung Trott-war e.V. und holten den Inhalt ab – der Verein arbeitet für und mit sozial Benachteiligten. Außerdem seien an der Hochschule recycelbare Kaffeebecher im Einsatz. Als nächstes Projekt will „Uschi“ Glasflaschen in Umlauf bringen. „Wir wollen mit dem Marketing sprechen und einen Wettbewerb für Flaschendesigns aufsetzen“, sagt Rothfuß.

Auch das Studierendenwerk bemüht sich, Müll zu vermeiden. Es bietet neuerdings als Alternative zu den Einweg-Kaffeebechern Pfandbecher aus Glasporzellan an, in der Pilotphase zunächst unter anderem in den Cafeterias der Uni-Hochhäuser K I und K II an der Keplerstraße – probeweise ohne Pfand. Von Oktober an dann in allen Mensen und Cafeterias. Zunächst müssten allerdings die Rücknahmeautomaten bereitgestellt werden, außerdem müsse erst europaweit ausgeschrieben werden, so eine Sprecherin.

Studierende der Uni Stuttgart wollen mit flotten Plakat-Sprüchen sensibilisieren

Die Studierenden der Uni Stuttgart befassen sich in der von Prorektorin Rehm ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe derzeit vor allem damit, wie ihr Campus schöner werden kann, berichtet Felix Wolff, der Vorstandsvorsitzende der Studierendenvertretung. Zwei Projekte steuern sie bei: „Sprücheklopfer“ und „Streetart“. Bei „Sprücheklopfer“ gehe es um Plakate mit kecken Sprüchen, die auf den Toiletten der Uni auf humoristische Art für das Thema sensibilisieren sollen. Das Design für die Plakate erarbeite man gerade. Mit „Streetart“ wolle man Verschmutzungen durch Graffiti vorbeugen, „indem die bereits verschmierten oder besonders ‚hässlichen’ Flächen von Künstlern ordentlich besprüht werden“, so Wolff. Allerdings scheitere die Umsetzung oft an Budgetfragen. Simone Rehm geht es bei der Initiative nicht nur um reine Optik: „Das hat auch etwas mit Respekt gegenüber den Einrichtungen und der Umgebung zu tun – wir wollen, dass die Menschen, die sich auf diesem Campus bewegen, mitwirken.“

Das unternimmt die Stadt im Kampf gegen wilden Müll

Abfallhai und Raketen: Derzeit testet die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) am oberen Ende der Schulstraße den Abfall-Hai: ein Abfallbehälter mit Presse, die mittels Solarzellen betrieben wird. Sie verdichtet den Müll, so muss der Behälter nicht mehr täglich geleert werden. Bei den übrigen Mülleimern ist die Stadt dazu übergegangen, die kleinen durch großvolumige, sogenannte Raketen, zu ersetzen, die auch Pizzaschachteln aufnehmen können.

Discos in der Pflicht: Betreiber von Diskotheken, Fastfoodläden, Restaurants und Bars mit Außengastronomie müssen ausreichend Aschenbecher und Abfallbehälter im Eingangsbereich aufstellen und die Verschmutzung in ihrem Umfeld direkt selber beseitigen. Vereine und Verbände werden gebeten, Reinigungspatenschaften zu übernehmen.

Von der schnellen Truppe: Verschmutzungen, die von Bürgern gemeldet werden, werden rasch von der schnellen Eingreiftruppe der AWS beseitigt. Mitarbeiter reinigen punktuell an besonders neuralgischen Stellen. Weiterhin gibt es ganzjährig die Let’s-putz-Aktion, den Wettbewerb zwischen den Stadtbezirken. Vereine, Schulen und Kindergärten sind während der Aktionswochen dazu aufgerufen, so viel Müll wie möglich zu sammeln.

Inflagranti wird teuer: Ordnungswidrigkeiten wegen unsachgemäßen Umgangs mit Müll, auch Kleinmüll, sind bereits mit Bußgeld belegt. Wer Pappbecher oder -teller, Taschentücher, Zigarettenschachteln, Kippen oder Bananenschalen einfach so in die Landschaft wirft, bezahlt zehn bis 25 Euro. Zahlen muss aber nur, wer inflagranti erwischt wird. Die Einstellung von sogenannten Müllsheriffs hat der Gemeinderat abgelehnt.

Die Gelbe Karte: Beim städtischen Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) melden immer mehr Bürger wilden Müll in der ganzen Stadt. Im Jahr 2013 erhielt die AWS 681 sogenannte Gelbe Karten. Im Jahr 2014 waren es bereits 900, im Jahr 2015 bereits 1080, im Jahr 2016 sogar 1340. Die AWS führt die Zunahme zum einen darauf zurück, dass die Karten nun auch auf elektronischem Weg abgeschickt werden können. Zum anderen verstärke sich der sorglose Umgang mit Abfällen und „eine zunehmende Verrohung bei der Nutzung öffentlicher Bereiche“.

Die Müll-Hotspots: Als Schwerpunkte beim Kleinmüll nennt die AWS vor allem Fastfood-Restaurants und zentrale Punkte in den Stadtteilen: Schulstraße, Königstraße, Hans-im-Glück-Brunnen, Marienplatz, Karlshöhe, Nadlerstraße, Eberhardstraße, Feuersee, Wilhelm-Geiger-Platz, Max-Eyth-See, Egelseer Heide, Hans-Scharoun-Platz, Karl-Benz-Platz, Marktstraße und Wilhelmsplatz Bad Cannstatt, Albplatz, die Bahnhöfe Möhringen/Vaihingen, die Schwabengalerie und der Vaihinger Markt.

Müll am Campus: Die AWS stellt beim Unicampus nur punktuell Auffälligkeiten fest, etwa nach Abschlussfeiern. Allerdings teilt sich die Stadt die Reinigung des Stadtgarten-Bereichs mit der Wilhelma und den Hausmeistern der Universität. Für die Reinigung des Vaihinger Campus sind die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen verantwortlich. (ja)