Für ihren besten Freund müssen Herrchen und Frauchen Hundesteuer bezahlen. Foto: dpa

Kommunen setzen auf Hunde-Fahnder. Sie haben in Stuttgart 1900 unangemeldete Tiere ermittelt.

Stuttgart - Sherlock Holmes jagt Rex und Hasso: Doch nur wenige Städte in der Region schicken bisher zweibeinige Sonderermittler auf Tour, um nicht angemeldete Vierbeiner aufzuspüren. Murrhardt war vor drei Jahren Vorreiter. Winnenden und Stuttgart setzen ebenfalls auf das sich finanziell lohnende Konzept.

Das wäre sicher ein skurriler Anblick: Alle jetzt zusätzlich in Stuttgart entdeckten Hunde dürfen sich Seit' an Seit' auf der 1,2 Kilometer langen Königstraße platzieren. Dackel neben Collie neben Schäferhund - das gäb' ein ordentliches Gekläff zwischen Hauptbahnhof und Beginn der Marienstraße. Denn 1900 illegale Vierbeiner haben die Hundefahnder in Stuttgart ermittelt. Das sind sogar noch 200 mehr als jene 1700 zusätzlichen Hunde, die die Stadtkämmerei noch in einer ersten Bilanz vor einigen Monaten genannt hatte.

Eine beeindruckende Zahl. Denn sie bedeutet zugleich eine unverhoffte Steigerung um gleich 16,5 Prozent. Vorher waren 11.500 Hunde registriert, jetzt kommen 1900 hinzu - das müsste in der Summe also 13.400 Hunde bedeuten. Weil jedoch zugleich auch Hunde sterben oder Herrchen beziehungsweise Frauchen samt Arco oder Lassie wegziehen, können diese Zahlen nicht einfach addiert werden. Vielmehr gibt es derzeit rund 13.000 Hunde im gesamten Stadtgebiet. Freilich ist auch das ein gutes Ergebnis: "Jährlich haben wir bisher etwa 1,4 Millionen Euro an Hundesteuer eingenommen", erläutert Sven Matis von der Abteilung Kommunikation der Stadt Stuttgart. Angesichts der Hundesteuer von 108 Euro pro Jahr "rechnen wir mit Mehreinnahmen in Höhe von 200.000 Euro."

Die Stuttgarter Aktion ist somit äußerst erfolgreich verlaufen. Rund 30 Mitarbeiter, zumeist Rentner, Hausfrauen und Studenten, hatte die Firma Springer Kommunale Dienste GmbH aus Düren (Nordrhein-Westfalen) losgeschickt, um an den Türen von 306.000 privaten Haushalten zu klingeln und abzuklopfen, ob dort nicht ein Hund gehalten wird. "Viele ehrliche Hundehalter hatten Verständnis für die Nachfragen und lobten die Initiative", sagt Matis.

Die Vermutung lag nahe: In der Schwaben-Metropole muss es eine Hunde-Dunkelziffer geben

Ziel war es, die Meldemoral bei den Hundehaltern zu verbessern. War die Kämmerei doch zuvor stutzig geworden: Die sogenannte Hundedichte lag in Stuttgart weit unter den ansonsten typischen Werten in Großstädten. Dies zumindest ergab die Auswertung einer internen Umfrage des Deutschen Städtetags: "Bei uns waren es bisher 20 Hunde auf 1000 Einwohner, beim Spitzenreiter in Magdeburg wurden aber sogar 48 Hunde gezählt." Die Vermutung lag nahe: In der Schwaben-Metropole muss es eine Hunde-Dunkelziffer geben.

Dass sich die Zusatzkosten durch die Hundedetektive alsbald wieder amortisieren, hatte die Stadt Murrhardt (Rems-Murr-Kreis) bereits im Jahr 2008 registrieren dürfen. Murrhardt orientierte sich wiederum an Bad Friedrichshall: Die Stadt im Kreis Heilbronn hatte bereits 2007 als erste Kommune im süddeutschen Raum Fahnder losgeschickt. Ergebnis: Zu den gemeldeten 664 Hunden kamen 101 hinzu, was ein unerwartetes Plus von gut 15 Prozent bedeutete.

Mindestens auf einen solchen Wert sind auch jene Kommunen gekommen, die diesem Beispiel folgten. In Murrhardt waren 554 Hunde angemeldet - vor der Aktion. "Anschließend hatten wir 80 neue Hunde", erläutert Bürgermeister Armin Mößner. "Das Ganze hat sich für uns durchaus finanziell gelohnt, wir kommen auf Zusatzeinnahmen von 10.000 Euro."

Noch besser ist das Ergebnis in Winnenden, wo jetzt die Bilanz der sogenannten Hundebestandsaufnahme veröffentlicht wurde. Auslöser hierfür waren allerdings vor allem geharnischte Proteste über die von den Rathausbeamten geplante Anhebung der Hundesteuersätze von 120 auf 132 Euro. Dies sei "unverschämt und stinkt mehr zum Himmel als die Hinterlassenschaften der Winnender Hunde", wetterte die Besitzerin eines Vierbeiners.

Die Verwaltung kippte darauf die Erhöhung - und schickte stattdessen ebenfalls die Interviewer der Firma Springer los. Vom 25. Januar bis 4. März 2011 waren sie auf Tour, lauschten, ob im Hausflur eventuell ein Hund bellt, hakten ihre Listen ab. Manche Hundebesitzer mit schlechtem Gewissen meldeten zudem ihre Vierbeiner noch schnell an, ehe sie bei der Verwaltung in Verdacht geraten konnten.

Alles in allem wurden 141 zusätzliche Hunde angemeldet, so dass die Gesamtzahl derzeit bei 886 Hunden liegt. "Wir hatten einen Zuwachs von 15 Prozent erwartet, jetzt sind es sogar 18,3 Prozent geworden", freut sich Winnendens Kämmerer Jürgen Haas. Den Mehreinnahmen von 16.920 Euro stehen die Kosten für die Haushaltsbefragung in Höhe von 14.009 Euro gegenüber. Künftig freilich muss kein Detektiv mehr bezahlt werden, die Hundesteuer fließt dann voll in die Stadtkasse. Kein Wunder, dass damit die geplante Hundesteuererhöhung vom Tisch ist - zumindest auf absehbare Zeit.