Jeanette Biedermann und Hugo Egon Balder in „Sei lieb zu deiner Frau.“ Foto: Sabine Haymann

Die Komödie im Marquardt spielt „Sei lieb zu meiner Frau“ von René Heinersdorff.

Stuttgart - So kompliziert kann Betrug sein: Da lehnt der sonnengebräunte Geschäftsmann Karl gerade noch entspannt an der Balustrade, schaut über die Skyline Istanbuls und säuselt seiner Geliebten süße Lügen ins Ohr, schon hat er den Schlamassel. Denn auf dem Nachbarbalkon taucht plötzlich seine Frau mit ihrem Liebhaber auf. René Heinersdorffs Beziehungskomödie „Sei lieb zu meiner Frau“, die am Freitag in der Komödie am Marquardt ihre Premiere feierte, erzählt von Eitelkeiten, Scheinwahrheiten und der drohenden Entdeckung dunkler Geheimnisse. Eigentlich wären das gute Voraussetzungen für einen komischen Klassiker. Die Geschichte der sich gegenseitig betrügenden Eheleute, die durch ihre verzwickte Konstellation quasi nebenbei einiges über ihre Protagonisten und ihr Unglück verrät, doch leider wird diese Möglichkeit in dieser vom Autor selbst besorgten Inszenierung unter allzu viel Klamauk begraben.

Denn während der gut neunzigminütigen Aufführung ist es ist ein bisschen, als hätte man sich in einem Spiegelkabinett verlaufen. Etwas verloren tastet man sich durch die Bilder, glaubt gerade, irgendwo den Ausgang entdeckt zu haben und stellt dann ernüchtert fest, dass es doch wieder nur dieselbe Reflektion ist. Fast unaufhörlich reproduziert die Komödie ihre eigenen Szenen und überreizt so die Idee, dass Witz durch Wiederholung entsteht: Haben die Figuren beispielsweise gerade ein Gespräch in einer der vier möglichen Konstellationen beendet, kann man sicher sein, dasselbe mit wechselndem Personal noch mindestens zweimal geboten zu bekommen. Mal säuselt die hübsche Sabrina ihrem Ehegatten etwas ins Ohr, mal ist es dessen Liebhaberin, die ihrem Mann – Sabrinas Lover – mit den fast identischen Worten abspeist. Doch während diese Bäumchen-wechsel-dich-Idee in gezielter Dosierung durchaus Charme hat, verkommt sie hier zum Dauer-Schenkelklopfer.

Gefangen in einem Lügengeflecht

Auch die Darsteller wirken dabei zeitweise etwas hilflos: Während der bekannte Fernsehmoderator Hugo Egon Balder seinen Karl noch überzeugend als überforderten Tollpatsch spielt, macht die SängerinJeanette Biedermann den Eindruck, als sei sie unfreiwillig in die Rolle ihrer trutschigen Tante gezwängt worden. Verdenken kann man es ihr nicht, denn die Figuren verharren in einem Lügengeflecht, das sich auf der Bühne nicht so recht entwirren lassen will. Denn obwohl der gegenseitige Betrug schnell aufgeflogen sein müsste – schließlich checken alle vier aus Versehen im selben Hotel ein –, entspinnt sich ein aberwitziges Versteckspiel, an dessen Ende vor allem eins steht: Betrug ist Männersache. Sehnsüchte, Ängste und Zuneigung der Figuren verkommen zu einer banalen Kosten-Nutzen-Kalkulation, über die verhandelt und spekuliert werden darf – und das stets hinter dem Rücken der Frauen. Während die nämlich glauben, die Zügel in den Händen zu halten, reichen sich ihre Ehemänner heimlich die Hände zum Deal: Jeder soll die jeweils andere als Geliebte zufriedenstellen, damit sie zu Hause ausgeglichener und erträglicher ist. Na danke auch, soviel zum Thema weibliche Selbstbestimmung.