Immer wieder tritt die Rems über ihre Ufer – hier: eine überflutete Straße bei Remshalden im Jahr 2000.Foto:Gottfried Stoppel Foto:  

Knapp 30 Jahre ist es her, dass der Landstrich zwischen Remshalden und Lorch in den Wassermassen der Rems unterging. Folgen waren Schäden in Millionenhöhe – und die Gründung des Wasserverbands Rems.

Schorndorf - Sie gibt dem Tal seinen Namen und ist doch oft kaum zu sehen. Durfte sich die Rems früher in weiten Schlingen durch das Tal bewegen, so wurde sie erst im 19. Jahrhundert und schließlich vor allem in den 1930er und 1950er Jahren begradigt. Seitdem erinnert sie über weite Strecken mehr an einen Kanal, der zwischen hohen Dämmen fließt. „Sie hat ein geringes Gefälle und ist eigentlich ein friedlicher Fluss“, sagt Hans-Peter Sieg, der technische Geschäftsführer des Wasserverbands Rems.

Schäden in Höhe von 20 Millionen Mark

Doch immer wieder ruft sich der Fluss den Remstälern mit aller Macht ins Bewusstsein. „Sie kann schon zeigen, wer der Chef ist“, sagt Mischa Allgaier, der kaufmännische Geschäftsführer des Wasserverbands. So geschehen auch im Februar 1990. Damals hinterließen katastrophale Überflutungen zwischen Lorch und Remshalden Schäden in Höhe von 20 Millionen Mark (10 Millionen Euro).

Doch das Unglück hatte auch etwas Gutes: Es veranlasste die Gemeinden entlang des Flusses, gemeinsam darüber nachzudenken, wie man sich vor einer entfesselten Rems schützen kann. Vor 25 Jahren entstand zunächst eine Planungsgemeinschaft, aus der heraus sich 1998 der Wasserverband Rems bildete. Mitglieder sind zwölf Anrainergemeinden, der Rems-Murr- und der Ostalbkreis sowie das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart.

Das Wasser nicht weiterschicken, sondern parken

Die damals formulierten Ziele sind heute noch gültig. Zum einen der Aufbau eines Schutzsystems, das selbst Mengen eines hundertjährigen Hochwasserereignisses aufnehmen soll. Das war damals ein moderner Ansatz: „Es ging nicht darum, das Wasser so schnell wie möglich den Fluss hinunter zu schicken, sondern darum, das Wasser in Rückhaltebecken zu parken“, erläutert Roland Kuhn, der bereits an den Planungen beteiligt und lange Zeit der kaufmännische Geschäftsführer des Wasserverbands war.

5,5 Millionen Kubikmeter Rückhalteraum sind das Ziel

Zum anderen sollte die Rems ökologisch verbessert und ihre Gewässerlandschaft aufgewertet werden. In beiden Bereichen ist der Wasserverband in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein gutes Stück vorangekommen. Bisher wurden drei neue Hochwasserrückhalteräume geschaffen: Das erste wurde bei Schwäbisch Gmünd gebaut, danach folgten die Anlagen bei Lorch/Waldhausen sowie zwischen Schorndorf und Winterbach. Mittlerweile wurde eine Rückhaltekapazität von knapp 2,8 Millionen Kubikmeter Wasser geschaffen. Das hört sich erst einmal nicht schlecht an, „aber das Ziel sind eigentlich 5,5 Millionen Kubikmeter. Und auch diese Zahl ist vermutlich veraltet“, sagt Hans-Peter Sieg.

Häufigeres und gefährlicheres Hochwasser

Denn Grundlage ist noch die Berechnung aus der Flussgebietsuntersuchung von 1993 heraus. „Gefühlt gibt es aber immer häufiger Hochwasser-Ereignisse, die gefährlicher sind“, sagt Sieg. So gab es 2011, 2013, 2015 und 2016 starke Überflutungen, die eigentlich von der Menge her nur alle 20 Jahre zu erwarten sind. Deswegen halten es die Verantwortlichen des Wasserverbands für dringend notwendig, dass weitere Rückhalteräume geschaffen werden.

Momentan im Bau befindet sich das Becken 4 zwischen Plüderhausen und Urbach. Dieses Vorhaben gestaltete sich als bisher größte Herausforderung für die Solidargemeinschaft. „Plüderhausen hat in dieser Sache gegen den Verband geklagt“, erzählt Kuhn. Durch gegenseitiges Aufeinanderzugehen und Planänderungen sei es aber gelungen, das Becken zu realisieren.

Seit fünf Jahren wird am Entwurf gearbeitet

Eine lange Geschichte hat auch das geplante Becken 5 zwischen Urbach und Schorndorf. Bereits seit fünf Jahren wird am Entwurf für den Rückhalteraum gearbeitet, der unter anderem in ein Naturschutzgebiet eingreift, aber auch alte Wasserrechte betrifft. Sieg rechnet deswegen damit, dass das Genehmigungsverfahren nicht ohne Gegenwehr bleiben wird. „Aber ohne dieses Becken geht es nicht“, sagt Sieg. Zumal es im Remstal nur wenige freie Flächen gebe, auf denen überhaupt solche Rückhalteräume eingerichtet werden könnten. Flussabwärts sind das noch die Hochwasserrückhaltebecken 7 zwischen Winterbach und Remshalden sowie 8 zwischen Remshalden und Weinstadt.

Den Fluss auch ökologisch verbessern

Der Wasserverband hat also auch in Zukunft noch eine Menge zu tun – auch wenn es um die ökologische Aufwertung des Flusses gibt. Wobei gerade in dieser Hinsicht in der jüngsten Zeit einiges passiert ist. Bei Winterbach wird derzeit eine der größten Flussrenaturierungen des Landes umgesetzt. Wie sich eine naturnahe Umgestaltung entwickeln kann, ist bereits bei Plüderhausen zu beobachten. „Da haben sich Kiesinseln gebildet, die nach jedem Hochwasser ein wenig anders aussehen“, berichtet Mischa Allgaier. In diesen Bereichen zeigt die Rems auf ganz friedliche Art und Weise, was eigentlich in ihr steckt – wenn man ihr den nötigen Raum zum Entwickeln gibt.