Die Fachhochschulen, wie hier die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz, fühlen sich in ihrer Arbeit nicht genügend gewürdigt. Foto: dpa

Die Fachhochschulen fühlen sich gegenüber den Universitäten benachteiligt. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) habe für sie kein Ohr, klagen die Rektoren der Hochschulen.

Stuttgart - Die Fachhochschulen im Land haben ein ausgezeichnetes Renommee. Sie bilden angesehene Ingenieure und Fachkräfte aus, sie sind solide, seriös – und irgendwie unsexy. Das macht den Hochschulen, die inzwischen als Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) firmieren, zunehmend zu schaffen. Ihre Leistung werde politisch nicht genug gewürdigt, weil sich unauffällige Langstreckenarbeit schlechter verkaufen lasse als spektakuläre Programme, klagen sie.

Hochschulen fühlen sich vernachlässigt

„Wir haben die hochschulpolitischen Erwartungen der Landesregierung erfüllt und stark ausgebaut“, konstatiert Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule Rottenburg und Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der HAW. Ausgezahlt habe sich das für die 24 Hochschulen im Südwesten bisher nicht. Die HAW fühlen sich von der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) vernachlässigt, ihre Rektoren schimpfen: „Die Ministerin beschäftigt sich mehr mit der Exzellenzinitiative für Universitäten und mit den Untersuchungsausschüssen des Landtags als mit den HAW.“ Allenfalls bleibe der Ministerin noch Zeit, werbewirksame Aktionen voranzutreiben, zum Beispiel die Gründungsinitiativen an Hochschulen. „Das ist in Zeiten der Vollbeschäftigung überflüssig“, grummelt Bastian Kaiser.

Die HAW arbeiten am Limit. Sie finden kaum Bibliothekare, in den Zulassungs- und den Prüfungsämtern fehlen Mitarbeiter, im IT-Bereich sowieso. Rektor Kaiser weiß auch warum, „die Stellen sind schlecht dotiert und oft befristet.“

Finanzierung zugunsten der Universitäten

In der Politik finden die HAW zurzeit kein Gehör. „Die Abgeordneten und das Ministerium verweisen auf den Hochschulfinanzierungsvertrag, aber der ist von den Universitäten aus gedacht“, klagt Kaiser. Der Vertrag, bei seinem Abschluss im Jahr 2015 von Politik und Universitäten über den grünen Klee gelobt, läuft noch bis Ende des Jahres 2020.

Er sieht eine regelmäßige Anhebung der Grundfinanzierung um drei Prozent pro Jahr vor. Statt in zeitlich befristete Programme fließt das Geld in die Haushalte der Hochschulen. Das soll den Einrichtungen Planungssicherheit geben. Doch der Vertrag zahle sich vor allem für die Universitäten aus, sagt Bastian Kaiser. Bei denen habe die Landesunterstützung in der Grundfinanzierung schon vor Beginn des Vertrages 2015 bei 80 bis 85 Prozent gelegen. „Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften kommen am Ende der Laufzeit vielleicht auf eine Grundfinanzierung von 60 Prozent, wenn es gut läuft“, rechnet der Rektor vor. Das bringt die HAW in die Bredouille. Nur aus der Grundfinanzierung lassen sich Dauerstellen einrichten und Räume langfristig anmieten.

Um ein Drittel gewachsen

Die HAW haben durch die diversen Ausbauprogramme ihre Studienplätze um etwa ein Drittel erhöht. Im Wintersemester 2006/07 zählten sie beispielsweise 12430 Studienanfänger, zehn Jahre später registrierte das Statistische Landesamt 18673 Erstsemester. Allerdings klagt Kaiser, „kein Studienplatz aus den neuen Bachelor- und Masterprogrammen ist bisher verstetigt worden“. Lediglich die HAW in Schwäbisch Gmünd könne langsam damit beginnen, Plätze aus den befristeten Programme dauerhaft zu finanzieren.

„Das Land hat zwar in Summe mehr Geld an die HAW gegeben, aber im Endeffekt weniger pro Student“, bilanziert der Sprecher der Rektoren.

Mehr Geld pro Student verlangt

Die Rektoren hoffen auf den nächsten Vertrag, der ab 2021 laufen soll. Kaiser geht davon aus, dass die Verhandlungen dazu im Herbst beginnen. Jetzt suchen die HAW Verbündete. Vor allem wollen sie „mit dem Wissenschaftsministerium zum Tagesgeschäft kommen“, wie Kaiser sagt. „Im neuen Vertrag muss die Grundfinanzierung deutlich nach oben gehen“, erwartet Kaiser, damit mehr Stellen dauerhaft besetzt werden könnten. „Das Betreuungsverhältnis muss wieder auf das Niveau von früher kommen“. Auch auf frisches Geld hofft Kaiser. „Die Ausstattung pro Student muss sich deutlich verbessern.“

Die HAW brauchen das Geld zum Beispiel für neue IT und ein integriertes Campusmanagement. Das erfordere über zehn Jahre hinweg jährlich sechs Millionen Euro, sagt Kaiser. Notwendig sei das allemal, „unsere eigene IT rührt unsere Studenten zu Tränen“, nur ließen sich damit öffentlich kaum Punkte machen. Deshalb drängen die HAW mit ihren Forderungen nicht durch, argwöhnt der Chef der Rektorenkonferenz. Dennoch hoffen die Rektoren auf Umverteilungen zugunsten der HAW. Doch Kaiser macht sich nichts vor: „Bis der neue Hochschulfinanzierungsvertrag greift, wird es eine schwierige Zeit für uns.“

Auch Ministerium für weitere Verstetigung

Auf gänzlich taube Ohren stoßen die Rektoren im Wissenschaftsministerium jedoch nicht. Ein Sprecher von Ministerin Theresia Bauer erklärte zum künftigen Finanzierungsvertrag: „Die weitere Verstetigung bisher nur temporär gewährter Mittel wird ein wichtiges Thema sein.“ Die Klage der Ungleichbehandlung weist er jedoch zurück. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass während der Laufzeit des aktuellen Vertrags kaum Mittel aus den Ausbauprogrammen in die Grundfinanzierung überführt werden könnten. Außerdem hätten die HAW 600 Stellen zusätzlich in die Grundfinanzierung bekommen. Anders als die Rektoren geht das Ministerium davon aus, dass die Vertragsverhandlungen Anfang 2019 beginnen werden.