Die Unis sollen mehr Geld bekommen Foto: dpa

„Augen zu und durch“ heißt die Devise vieler Studierenden. Für ein Studium ist das allerdings zu wenig. Gute Finanzierung gibt Studenten und Professoren Planungssicherheit.

Stuttgart - Für mehr als 65 000 junge Frauen und Männer im Südwesten beginnt in diesen Tagen eine neue Lebensphase – sie nehmen ihr Studium auf. Im Idealfall eröffnen ihnen die Hochschulen ganz neue Horizonte. Mancher aber wird diesen früher oder später enttäuscht den Rücken kehren. Denn Wünsche und Wirklichkeit gehen mitunter sehr weit auseinander, die Erwartungen der Studenten decken sich häufig nicht mit denen ihrer Professoren.

Leicht sinkende Bewerberzahlen

Was wohl beiden Seiten nicht gefällt – sich aber in absehbarer Zeit kaum ändern wird –, ist die Enge in vielen Hörsälen und Seminarräumen. Zwar melden die Hochschulen im Jahr zwei nach dem doppelten Abiturjahrgang leicht sinkende Bewerberzahlen, und das Wissenschaftsministerium rechnet mit etwas weniger Studienanfängern als in den Vorjahren. Doch die Gesamtzahl dürfte sich kaum verringern – im Wintersemester 2013/14 erreichten die Hochschulen im Südwesten mit mehr als 344 000 Studierenden einen neuen Höchststand. Auch in den nächsten Jahren wird es kaum Entlastung geben. Die Studierneigung ist gestiegen – und das ist auch gut so. Denn qualifizierter Nachwuchs ist gefragt, in allen Bereichen. Vor allem in den sogenannten Mint-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – ist noch viel Luft nach oben.

Trotz des Andrangs können die Hochschulen aber leichteren Herzens in das neue Wintersemester starten als im Vorjahr. Der neue Finanzierungspakt Perspektive 2020, den sie im Sommer mit dem Land geschlossen haben, gibt ihnen Planungssicherheit. Anders als bei früheren Vereinbarungen bekommen die Hochschulen tatsächlich einen Extrabatzen – bis 2020 steigt die Grundfinanzierung von derzeit 2,47 auf dann 3,05 Milliarden Euro pro Jahr. In den nächsten Wochen muss noch geklärt werden, wie das Geld an die unterschiedlichen Hochschularten verteilt wird und wie viel jede einzelne erhält. Keine leichte Aufgabe, denn die Begehrlichkeiten sind groß – für mehr Forschung, für bessere Lehre.

Nächste Bafög-Erhöhung kommt im Herbst 2016

Gefordert ist auch der Bund – nicht nur beim Hochschulausbau und der Finanzierung von erfolgreichen Programmen – etwa Projekten, die beim bundesweiten Elitewettbewerb vor fast einem Jahrzehnt angestoßen wurden. Auch beim Bafög, das er künftig allein finanzieren wird. Die nächste Erhöhung kommt erst im Herbst 2016 – zuletzt wurden die Fördersätze 2010 um zwei und die Freibeträge um drei Prozent angehoben. Solche Verzögerungen führen regelmäßig dazu, dass ein Teil der Studenten die Förderung verliert, andere erst gar nicht in den Genuss dieser Unterstützung kommen.

Seit der Einführung der Ausbildungsförderung 1971 hat sich der Anteil der Bafög-Empfänger von rund 44 Prozent halbiert. Der Bund sollte endlich eine verlässliche Studienfinanzierung sicherstellen. Damit erleichtert er manchem die Entscheidung für ein Studium. Und er profitiert von dieser Investition mehrfach. Die Bafög-Empfänger müssen später die Hälfte der Förderung – bis maximal 10 000 Euro – zurückzahlen, und in der Regel zahlen sie auch höhere Steuern als Berufstätige ohne Hochschulabschluss.

Hochschulen müssen ihre Hausaufgaben machen

Aber auch die Hochschulen sind in der Pflicht. Vor wenigen Jahren gingen Tausende Studenten auf die Straße, um sich gegen den zunehmenden Druck durch die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master zu wehren. Inzwischen ist es vielerorts ruhig geworden, obwohl längst nicht alle Hochschulen ihre Hausaufgaben gemacht haben. „Augen zu und durch“ heißt die Devise vieler Studierenden. Für ein Studium ist das allerdings zu wenig. Es soll zum selbstständigen Denken befähigen. Das sollten Studenten und Professoren nie aus dem Blick verlieren.