Professor Ralf Wörner zeigt, dass eine Tesla-Batterie aus Rundzellen aufgebaut ist. Foto: Horst Rudel

An der Hochschule Esslingen forschen Professor Ralf Wörner und sein Team an einem Projekt, mit dessen Hilfe die Umweltbilanz von E-Fahrzeugen erheblich verbessert werden könnte.

Esslingen - Ralf Wörner ist ein Mann, der in zehn Minuten erklären kann, wie ein Elektro-Auto funktioniert. Für die Geschichte, wie eine Lithium-Ionen-Batterie aufgebaut ist, braucht er sogar nur fünf Minuten. Der Leiter des Instituts für Nachhaltige Energietechnik und Mobilität an der Hochschule Esslingen ist bei diesem Thema in seinem Element. Und er macht seine Zuhörer mit Sätzen neugierig, die so klingen: „Die Alchemie der Batteriehersteller liegt in der Beschichtung des Materials.“

Momentan forschen Professor Wörner und sein Team an der Frage, wie eine Lithium-Ionen-Batterie für E-Mobile so wiederverwertet werden kann, dass die Materialien zu 95 Prozent zurück in den Stoffkreislauf geführt werden. „Derzeit liegt die Quote bei rund 50 Prozent“, erklärt der Professor. Das ist mit ein Grund, warum batteriebetriebene Elektroautos in der Kritik stehen, denn die verbauten Akkus versammeln in ihrem Inneren eine Vielzahl wichtiger und seltener Rohstoffe, die am Ende des Lebenszyklus meist nicht weiter genutzt werden. Auch deshalb fördert das Umweltministerium Baden-Württemberg das Forschungsprojekt „DeMoBat“ mit 13 Millionen Euro, bei dem Batterien und Antriebe für E-Autos robotergestützt demontiert werden. Ein Konsortium mit 13 Projektpartnern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft setzen das in Deutschland einzigartige Forschungsprojekt um.

Die Hochschule erhält 600 000 Euro für ihre Forschung

Die Hochschule in Esslingen erhält vom Land 600 000 Euro für ihre Forschung. Der Schwerpunkt liegt für die Wissenschaftler dabei auf der Gewinnung von sogenannten „NMC-Recyclaten“. Das heißt: Einzelteile wie Nickel, Mangan und Cobaltoxid sollen mit dem Forschungsprojekt durch verschiedene, umweltschonende Verfahren industriell und automatisiert wiederverwertet werden können. „Dadurch werden seltene und teure Rohstoffe geschont, und die Umweltbilanz von E-Fahrzeugen kann nachhaltig verbessert werden“, erklärt Ralf Wörner.

In Esslingen geht es speziell um das sogenannte Aktivmaterial in den Batteriezellen, das auf die Elektroden aufgetragen wird. Ralf Wörner nennt es Granulat. Darin stecken Nickel, Mangan und Cobaltoxid. „Wir haben den Anspruch, diese Stoffe in Frischzellen wieder einsetzen zu können“, erklärt der Professor. Ein ambitioniertes Vorhaben.

Bisher läuft es in der Regel meist so: Das Batteriegehäuse wird verschrottet, das Steuergerät und die Kabelsätze entsorgt. Übrig bleiben die Module, die in Hochöfen eingeschmolzen und hydrometallurgisch getrennt werden. „Wir haben dann einen Stein, der zur Trennung der einzelnen Substanzen in Laugebädern ausgewaschen wird“, erklärt Wörner. Diese werden dann auf dem Rohstoffmarkt angeboten. Der Nachteil: Der Prozess der Auflösung ist nicht nur unheimlich energieaufwändig, sondern auch kostspielig.

Die Zusammensetzung der Stoffe entscheidet, wie viel Energie die Batterie hat

Das Granulat ist der Kern der Zelle, die Zusammensetzung der Stoffe entscheidet darüber, wie leistungsfähig die Batterie ist und wie viel Energie sie hat. Für Professor Wörner und sein Team lautet in Esslingen jetzt die entscheidende Frage: Wie kann die Beschichtung fachmännisch abgetragen und wiederaufbereitet werden, damit es möglich ist, sie in einer neuen Batterie einzusetzen? Bei der Forschung gibt es einige Herausforderungen zu bewältigen. So wird die Batterie zwar von einem Roboter geöffnet, aber zunächst müssen die Abgase in einer Anlage gefiltert werden. Und auch die schmierigen und wässrigen Elektrolyte kann man nicht einfach abtropfen lassen. Und was soll eigentlich mit dem Leitungswasser passieren, kann auch das wiederverwendet werden?

Er habe sich sehr gefreut, als der Förderbescheid kam, erzählt Ralf Wörner. „Dem ging aber auch eine zwei Jahre währende Vorbereitungszeit voraus, an der Professoren aller Fakultäten, Naturwissenschaftler, Ingenieure, Chemiker und Betriebswirte beteiligt waren.“ Gemeinsam mit einem Recyclingunternehmen aus Zwickau liefen die Voruntersuchungen, ob die Vorstellungen auch realisierbar sind. „Die größte aller Herausforderungen ist, die Stoffe in eine Frischzellenbatterie zu bekommen“, sagt Ralf Wörner. Sollte das tatsächlich funktionieren, müsste der Begriff Frischzelle neu definiert werden.