Mit Zutaten, die teils aus der Küche stammen, demonstriert Konrad Erwerle, wie einfach ein 3-D-Drucker hergestellt werden kann. Foto: factum/Bach

Langeweile kennt er nicht. Lesen und sich Dinge ausdenken sind seine Lieblingsbeschäftigung. Der 15 Jahre alte Konrad Erwerle hat die Grundlage für einen 3-D-Drucker am Küchentisch erfunden.

Sersheim - Der Hund bellt, im Haus riecht es nach frisch Gebackenem. In den Regalen im Wohnzimmer stapeln sich allerhand Gesellschaftsspiele, auf dem obersten Regalbrett stehen Dutzende Bierkrüge in Reih und Glied. Auf den ersten Blick scheint hier alles zu sein wie in vielen anderen Familien auch. Doch die Erwerles aus Sersheim unterscheiden sich in einer nicht sichtbaren Sache von anderen Familien: In diesen Räumen leben drei hochbegabte Kinder mit ihrer hochbegabten Mutter und ihrem Vater, der als renommierter Kunststoff-Analyst gilt.

Der 15 Jahre alte Konrad, der älteste der drei Kinder, sitzt am Esstisch, blickt auf eine kleine Schüssel vor sich und wartet, bis er dem Gast seine aktuelle Erfindung erklären kann. Es ist eine Erfindung, mit der er kürzlich beim Wettbewerb „Jugend forscht“ zwar nur den dritten Platz erreicht hat, und mit der er nach eigener Ansicht niemals Geld verdienen wird. Und dennoch ist diese kleine Edelstahl-Schüssel mit ihrem Konstrukt wichtig für ihn, gewissermaßen „das Ding der Zukunft“. Denn Konrad hat damit dem Umfeld bewiesen, dass man auch mit wenig Aufwand die Grundlage für einen 3-D-Drucker schaffen kann. Für einen Drucker also, den er selbst so gerne an seiner Schule in Pforzheim hätte, für den aber das Geld nach Angaben seines Schulleiters nicht reiche.

Um das Förmchen baut sich das Eis auf

Die Erfindung an sich erschließt sich auch Laien: In der Edelstahlschüssel befindet sich eine Mischung aus Kochsalz und zerkleinertem Eis. Darauf liegt eine viereckige Gummimatte, in die Konrad mehrere lange Kupfernägel gehauen hat, und deren Spitzen unten im Eis stecken. Auf den Nagelköpfen wiederum klebt eine dünne Wachsschicht, und darauf legt Konrad nun eine Ausstecher-Form aus der Küche seiner Mutter. Darauf sprüht er Wasser aus einem Plastikfläschchen. Über die Kupfernägel kriecht nun die Kälte des Eises durch das Gummi, und die Wachsschicht und sorgt dafür, dass sich das Ausstecherle beschlägt und sich eine winzige Eisschicht bildet. „Innerhalb von zwei, drei Minuten baut sich rund um das Förmchen etwas Dreidimensionales auf. Also habe ich hier die Grundlage für einen 3-D-Drucker geschaffen“, erklärt der 15-Jährige selbstbewusst das greifbare Ergebnis.

Sein Smartphone benutzt er kaum

Auch wenn der Sersheimer damit bei „Jugend forscht“ nicht den Sieg einfuhr, reiht sich dieses Projekt ein in seine Sammlung von Ideen und Erfindungen, mit denen er mittlerweile fünf Schulhefte gefüllt hat. „Mir gehen die Ideen nie aus, ich denke immer an irgend etwas“, sagt er. Eine Leere in seinen Gedanken oder gar Langeweile empfinde er niemals; langweilig finde er Jugendliche, die nur mit dem Smartphone in der Ecke säßen.

So etwas kommt in seiner Familie quasi nie vor. Auch seine Geschwister, die elfjährige Wilhelmina und der sechsjährige Otto, gelten als hochbegabt und liefern sich regelmäßige Wettstreits mit ihrem großen Bruder. Ob er das nicht bisweilen anstrengend findet? „Nö. Klar wollen die mir nacheifern, darum geht’s doch schließlich“, sagt er, um im nächsten Moment davon zu berichten, welches Stück er gerade auf dem Klavier spielt und welche Zitate er aus Büchern auswendig gelernt hat, um im Gespräch besser punkten zu können. „Rhetorik ist wichtig“, findet der 15-Jährige.

Strand nein, Bildung ja

Auch die Urlaube mit seiner Familie werden dem Intellekt der Kinder angepasst. Strandurlaube gibt es eigentlich gar nicht, viel lieber tummelt sich die Familie in Kirchen und Museen, schaut sich interessante Städte an oder fährt nach Bulgarien, in die Heimat der Mutter.

Was Konrad nach der Schule – er besucht die 9. Klasse des Reuchlin-Gymnasiums in Pforzheim und dort zusätzlich das Hector-Seminar für Hochbegabte – einmal studieren möchte, weiß er zwar noch nicht. Er weiß aber, dass er, auch wenn er es vermutlich könnte, keine Klasse überspringen möchte. „Bringt doch nix, mit 17 Jahren das Abitur zu haben. Da kann ich eh noch an keine Uni gehen“, sagt der 15-Jährige, der sich bereits im Kindergarten sicher im Zahlenraum bis 1000 bewegte. Möglichkeiten für ein späteres Studium hat er jedenfalls genug: Außer für Latein und Sport interessiert er sich nämlich für alle Fächer.