Mit dem Sonnenscheinautographen kann Yannick Garbe die Sonnenstunden eines Tages aufzeichnen. Foto: Gottfried Stoppel

Weiße Weihnachten sind in diesem Jahr so gut wie ausgeschlossen. Der 30-jährige Yannick Garbe aus Backnang ist Wetterexperte aus Leidenschaft – und räumt mit einem Wettermythos auf.

Backnang - Die Kristallkugel sieht aus als stamme sie aus dem Arsenal eines zwielichtigen Wahrsagers. Dabei verrät sie nichts über die Zukunft, sondern über die Vergangenheit: „Das ist ein Sonnenscheinautograph“, erklärt Yannick Garbe, in dessen Regal das altmodische, aber hochwissenschaftliche Instrument steht. Das Licht verengt sich in dem reinen Bleikristall zu einem Brennpunkt – und ein Thermopapier zeichnet auf, wie lange das Gestirn zu sehen war.

Der 30-Jährige ist kürzlich nach Backnang-Steinbach gezogen. Hauptberuflich arbeitet er als Chemietechniker – aber seit der gebürtige Oberstenfelder 2004 seine erste Wetterstation zu Weihnachten geschenkt bekam, betreibt er die Meteorologie als Hobby. Wer mit ihm einen Smalltalk übers Wetter beginnt, löst einen längeren Fachvortrag aus.

Darum wird es in der Region Stuttgart 2018 keine weißen Weihnachten geben:

Um zu wissen, dass weiße Weihnachten in diesem Jahr so gut wie ausgeschlossen sind, braucht es keine komplizierten Apperate, ein Blick durch das Fenster reicht. „Es ist aber ein Irrglaube, dass früher an Weihnachten häufiger Schnee lag“, sagt Garbe. Die Statistik der vergangenen 68 Jahre gibt ihm Recht: Garbe zückt sein Smartphone und präsentiert eine Tabelle. „Im Schnitt gibt es nur alle sieben oder acht Jahre weiße Weihnachten.“

Da die letzte weiße Bescherung 2010 stattgefunden hat, wäre es eigentlich dieses Jahr wieder so weit. Rein statistisch gesehen. Doch daraus wird nichts: „Zwar wird das typische Weihnachtstauwetter der vergangenen Tage an Heiligabend aufhören. Aber die Kaltluft, die dann hereinzieht, wird nicht stark genug sein, dass es schneit“, prophezeit Garbe.

Der Hobby-Meteorologe bastelt gerade an einer neuen Wetterstation für Backnang

Insgesamt fünf Wetterstationen betreibt Garbe – die meisten im Bottwartal, aus dem er stammt. Für die dortige Lokalzeitung liefert er seit Jahren einen Wetterbericht fürs Wochenende. „Ich bin aber gerade dabei, eine Station in Backnang-Steinbach aufzubauen“, erzählt Garbe. In diese will er digitale Messgeräte einbauen. Diese sehen zwar im Vergleich zum Sonnenscheinautographen und anderen Instrumenten, die Garbe in seinem Haus herumstehen hat, weit weniger hübsch aus.

Dafür können sie alle fünf oder zehn Minuten ihre Daten automatisch ins Internet stellen. „Wahrscheinlich richte ich irgendwann auch eine Webseite für das Backnanger Wetter ein. Für Oberstenfeld habe ich ja auch eine“, sagt Garbe. „Vielleicht gibt es auch ein Webcam-Livebild.“

Selbst bei Sturm hält Yannick Garbe das Wetter mit der Kamera fest

Seit Jahren ist er fasziniert von allem, was sich über unseren Köpfen abspielt: „Das fing an, als ich mit meinem Vater Hochwasser angeschaut habe – und beim Orkan Lothar 1999. Damals habe ich die Gewalt des Wetters hautnah erfahren und mich gefragt, wie so etwas passieren kann.“

Inzwischen weiß er dies recht gut – zudem hat er begonnen, Wetterphänomene mit seiner Kamera festzuhalten. Selbst bei Wetterlagen, bei denen Otto Normalverbraucher froh ist, ein Dach über dem Kopf zu haben, zieht es ihn mit Spiegelreflex und Stativ nach draußen. Dann bannt er spektakuläre Sonnenuntergänge, bedrohliche Gewitterformationen, malerische Nebelschwaden oder Landschaften im Sternenlicht auf seinen Sensor.

Im Bottwartal sind seine Fotos – insbesondere sein jährlich erscheinender Kalender mit lokalen Wetter- und Landschaftsbildern – durchaus bekannt. Ob es von ihm jetzt auch einen Rems-Murr-Wetterkalender geben wird? Garbe ist noch vorsichtig. „Dafür muss ich erst einmal die fotogenen Stellen im Kreis finden und genügend Motive sammeln.“