Elisabeth Breining, Eberhard Wulle und Hermann Breining (von links) verstehen die Welt nicht mehr. Foto: Judith A. Sägesser

Aufregung in einem Naturschutzgebiet auf den Fildern: Hobby-Imker müssen ihre Bienenkästen bis zum 7. Mai entfernen, ansonsten könnte es teuer für sie werden. Das gilt auch für die Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim.

Filder - Elisabeth Breining musste den Brief zweimal lesen. Sie konnte kaum fassen, wovon da die Rede war. Und auch Tage später steht sie mit ihrem Mann Hermann und dem Hobby-Imker Eberhard Wulle auf der Wiese unterhalb des Klingenhofs bei Plieningen und kann sich nicht entscheiden, ob sie das Ganze für einen verspäteten Aprilscherz oder einen ernst gemeinten Vorstoß halten soll.

Das Amt für Umweltschutz der Stadt hat ihr in einem Schreiben vom 12. April mitgeteilt, dass die Bienenkästen, die auf ihrer Wiese stehen, nicht länger geduldet werden. Laut Naturschutzgesetz sei es „strengstens verboten, in das Naturschutzgebiet fremde Tiere einzubringen“, heißt es. Kurz: Die Bienen müssen weg. Und zwar bis zum 7. Mai. Die Wiese der Breinings liegt im Naturschutzgebiet Weidach-Zettachwald, das sich zwischen Plieningen und Möhringen erstreckt.

„Ich komme mir vor, als hätte ich ein Verbrechen begangen“, sagt die Plieningerin. „Da meint man fast, wir hätten einen Bären ausgewildert. Ich hätte nie gedacht, dass das irgendwen stören könnte.“

Bienen seien eine Gefahr für die unbefleckte Natur

Die illegalen Bienen gehören Eberhard Wulle. Seit mehr als 30 Jahren hat der Plieninger sie auf dieser Wiese stehen. Und damit länger als es das Naturschutzgebiet gibt. Dieses wurde 1990 ausgewiesen. Zurzeit hat Wulle drei Völker; ein Volk besteht aus 30 000 bis 35 000 Bienen. Er kennt sich aus, ist ehrenamtlicher Bienen-Sachverständiger fürs Veterinäramt. Dass die Naturschützer nun grob übersetzt sagen, die Honigbienen seien eine Gefahr für die unbefleckte Natur, versteht er einerseits. Er weiß, dass Honig- und Wildbienen um Blütenstaub buhlen und dass der Kampf immer härter wird. Doch er sieht die Verantwortung nicht bei den Tieren. „Man sollte etwas für das Nahrungsangebot tun.“

Da sieht Elisabeth Breining genauso. Sie sagt, wenige Fußminuten von ihrer Wiese klaffe ein Riesenloch wegen Stuttgart 21, „und dann soll die Honigbiene schuld sein? Ich wäre nie darauf gekommen, dass die Honigbiene schädlich für die Umwelt ist“. Laut dem Schreiben der Stadt seien Honigbienen „als landwirtschaftliche Nutztiere einzustufen“. Wildbienen seien weniger robust als Honigbienen. Der Zweck von Naturschutzgebieten sei es aber, einheimische Wildtiere zu schützen. Bis zum 30. April hatte Elisabeth Breining als Wiesen-Besitzerin Zeit, sich zu äußern. Sollte sie sich sperren, der Aufforderung nachzukommen, würden die Bienenstände notfalls gebührenpflichtig „und gegebenenfalls mit Zwangsmitteln“ entfernt. Die Plieningerin stört sich nicht nur am Grundsätzlichen, sondern auch am Zeitdruck.

Im Hintergrund liefen derzeit Gespräche

Auch die Uni Hohenheim hat in dem Naturschutzgebiet Honigbienen abgestellt. Peter Rosenkranz, der Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde, teilt die Auffassung, dass das Schreiben der Stadt schwer zu verstehen ist. „Es sind einfach Bescheide verschickt worden“, sagt er. Im Hintergrund liefen derzeit Gespräche zwischen Uni, Imkern, Land und Stadt, um die ganze Sache abzufangen. Wie Wulle sagt auch Rosenkranz: Der Verteilungskampf zwischen Honig- und Wildbiene sei nicht von der Hand zu weisen. Doch die Art, wie man dem Problem nun begegnen wolle, hält er für „unglücklich“. Er hofft, zu einer „gütlichen Lösung zu kommen“. Zumal diese Konkurrenzdebatte alle paar Jahre geführt werde.

Wenig Beachtung schenkt Rosenkranz dem Gerücht, die Naturschützer wollten die Bienen nicht nur aus dem Naturschutzgebiet selbst verbannen, sondern auch einen zwei Kilometer breiten Schutzgürtel ziehen. Das würde bedeuten, dass zum Beispiel in ganz Plieningen keine Honigbiene mehr Blütenstaub einsammeln dürfte. „Ich würde den Ball gerne flach halten“, sagt er. Das sei bisher nur der Wunsch von einem Wildbienen-Spezialisten. Die Frage sei doch, ob dies rechtlich überhaupt möglich sei und wie es kontrolliert werden sollte.

Das Land fördert die Hobby-Imkerei

Die Stadt bleibt derweil dabei. „Für das Versetzen von mobilen Einrichtungen – wie Bienenkästen – sehen wir eine Frist von vier Wochen als gut umsetzbar an“, teilt Renate Kübler vom Amt für Umweltschutz auf Nachfrage mit.

Doch wie passt zu dieser Gangart, dass beispielsweise das Land die Hobby-Imkerei fördert? Auch finanziell? Allein an der Uni Hohenheim werden Jahr für Jahr etliche Interessenten durchgeschleust. „Die Imkerei wird nicht abgelehnt, sondern der Standort in einem Naturschutzgebiet steht in Konkurrenz zu Wildbienenvorkommen“, schreibt Kübler. „Naturschutzgebiete sind besondere Refugien für wildlebende Tier- und Pflanzenarten.“