Betreiber Reiner Bocka vor dem Galao. Foto: Peter

Dem Café Galao an der Tübinger Straße im Süden droht das Aus. Der Besitzer will die Räume verkaufen, hat dem Café-Betreiber Reiner Bocka aber ein Vorkaufsrecht angeboten. Dieses läuft Ende März ab. Nun sammelt Bocka Geld, um das Galao erhalten zu können.

Dem Café Galao an der Tübinger Straße im Süden droht das Aus. Der Besitzer will die Räume verkaufen, hat dem Café-Betreiber Reiner Bocka aber ein Vorkaufsrecht angeboten. Dieses läuft Ende März ab. Nun sammelt Bocka Geld, um das Galao erhalten zu können.

Stuttgart - Der Geburtstag naht. Am 30. April vor fünf Jahren hat das Galao eröffnet, doch statt darüber nachzudenken, welche Bands man zum Wiegenfeste einladen könnte, muss Betreiber Reiner Bocka sich mit Bilanzen herumschlagen. Er braucht dringend Geld, sonst erlebt das Galao seinen fünften Geburtstag nicht. Wie ernst die Lage ist, kann man von der Fassade des Hauses an der Tübinger Straße 90 ablesen. Dort steht in Kreide geschrieben: „Hilfe! Rette das Galao mit Spenden oder Kredit.“

Das liest sich dramatisch. Doch Reiner Bocka neigt nicht zum Drama. Andere hätten jetzt wieder eine neue Strophe gesungen des alten Spottlieds über die Stadt, die keine Alternativkultur will, hätten gejammert über Immobilienhaie. Bocka ist allerdings weit entfernt davon, nach Schuldigen zu suchen. Er sitzt vor dem Galao und sagt ruhig: „Der Eigentümer verkauft, weil er anderswo etwas kaufen will. Das ist sein gutes Recht. Und weil er uns mag, hat er uns ein Vorkaufsrecht eingekauft. Da sind wir sehr dankbar dafür.“ Mehr als 300 000 Euro betrage die Kaufsumme, bis Ende März muss er klären, ob er sie zusammen bekommt.

Nun ist der ehemalige Theologiestudent Bocka bestens in der Stadt vernetzt als Betreiber der Partyreihe Silent Friday, als Mitveranstalter des Marienplatzfestes, als Veranstalter von Gratiskonzerten, und natürlich als Wirt des Galao, doch all diese Meriten zählen bei Banken nichts. So lief er sich erstmal die Hacken ab und bekam von den Erbsenzählern bescheinigt, sie gäben keinen Kredit für den Kauf eines Lokals, das wäre zu unsicher. Schließlich fand er doch einen Banker, der glaubte, eine Investition in ein Lokal, in man frühstücken, zu Mittag essen, Bier trinken und Konzerten lauschen kann, sei eine lohnende Sache. Allerdings muss er genügend Eigenkapital mitbringen, „das sind mein Erbe plus 125.000 Euro“.

Doch woher die 125 000 Euro nehmen? Das ist für jeden ein Haufen Holz, doch erst recht für jemanden, der vor kurzem erst ein Gratiskonzert in der Kirche St. Maria an der Paulinenbrücke veranstaltet hat, bei dem der Andrang so groß war, dass man Gäste abweisen musste und gar nicht erst dazu kam, Spenden zu sammeln, mit denen man den Abend finanzieren wollte. Über den Verkauf der Getränke kam man dann gerade so raus. Bocka: „Aber das ist nicht wichtig, Hauptsache, es war ein toller Abend.“ Das nächste Gratiskonzert soll am 2. Mai folgen.

Es geht ihm nicht ums Geld, doch nun wird das Geld wichtig. Allerdings zahlt sich nun das Herzblut aus, das er in seine Projekte und das Galao steckte. Vor fünf Jahren war er mit dem Café noch allein auf weiter Flur am Marienplatz, „man hat mir prophezeit, dass ich maximal zwei Jahre durchhalte“. Das Gegenteil ist der Fall, das Galao zog auch durch die Gratiskonzerte mittwochs und samstags viel Publikum an und belebte die Gegend, die salonfähig geworden ist. Nicht zuletzt durch das Galao.

Und das Publikum und die Nachbarn honorieren das. Tausend Euro an Spenden hat Bocka bereits bekommen, darunter 100 Euro von einem älteren Herrn, dem die Gäste zwar zu jung scheinen um dazuzusitzen, der aber das Café toll findet. Eine Studentin hat ihr Bafög-Restgeld überwiesen. Viele wollen helfen: 25 Mitarbeiter hat Bocka, einige wollen Yogastunden und Massagen geben, Künstler nehmen Songs auf, haben sich für Konzerte angeboten. Der Löwenanteil muss aber über Privatkredite kommen, die Bocka mit 2,5 Prozent im Jahr verzinsen will. Und da hat er bereits Zusagen für 80.000 Euro, „das ist enorm“, sagt er, „ich bin überwältigt.“ Doch das reicht noch nicht, Spender und Kreditgeber sind weiter gesucht. Damit das Galao im April seinen fünften Geburtstag feiern kann.

Infos über die Webseite

www.galao-stuttgart.de

oder über Tel. 01 77 - 3 38 19 65.