Die Spitalkirche wird nun zu einer Art Mehrzweckraum umgebaut. Foto:  

Die evangelische Kirchengemeinde Herrenberg hat sich der Kritik am Aus für die Jugendkirche gestellt. Bei der Versammlung ging es hoch her.

Herrenberg - Dieser Traum hat viele Herrenberger höchst unterschiedlichen Alters beflügelt: Sechs Jahre lang hat die evangelische Kirchengemeinde Spenden gesammelt, um die verfallende Spitalkirche in der Tübinger Straße sanieren zu können und unter dem Namen „Logo.Stadt.Kirche“ in eine Jugendkirche umzuwandeln. Selbst am Freitagabend bei der Gemeindeversammlung schwärmten noch viele Kirchenmitglieder von einer „ungewöhnlich faszinierenden Idee“. Und das, obwohl der Traum ausgeträumt ist: Weil die Kosten auf zwei Millionen Euro angestiegen sind, hat der Kirchengemeinderat das Vorhaben gekippt (wir berichteten).

Seither beschäftigt die Herrenberger nur wenig so sehr wie die Enttäuschung über dieses geplatzte Projekt. Bei der Gemeindeversammlung haben der Dekan Eberhard Feucht und der Kirchengemeinderat deshalb versucht, ihre Entscheidung nachvollziehbar zu machen. Die Gemeindemitglieder sollten die Gelegenheit haben, „ihren Kropf zu leeren“. Diese Gelegenheit haben 170 Besucher am Freitag zwar genutzt – das Versprechen der Aufklärung hielten jedoch nicht alle für eingelöst. „Ich gehe mit genauso vielen Fragen wieder nach Hause“, sagte ein Zuhörer enttäuscht.

Kritiker fordern, die Spender zu beteiligen

Die Kritik entzündet sich dabei nicht an der Entscheidung. Die wenigsten stören sich daran, dass der Rat die Steigerung von einer auf zwei Million Euro nicht hinnehmen wollte. Zwar werfen viele Herrenberger den Kirchengemeinderäten eine naive Herangehensweise an die Planung vor, unter anderem, weil erst im vergangenen Jahr entdeckt wurde, dass ein Aufzug notwendig ist. Die Empörung bezieht sich – wie am Freitag noch einmal deutlich wurde – vor allem darauf, wie mit den Spenden umgegangen wird. Und darauf, dass die Jugendlichen an der Entscheidung nicht beteiligt wurden. „Jetzt heißt es Kirche statt Logo“, sagte eine Zuhörerin erbittert.

164 000 Euro hatten Vereine, Geschäfte, Künstler und Jugendliche gesammelt. Diese verteilen sich laut Jürgen Mutter von der sogenannten Donatorengruppe wie folgt: 6000 Euro stammen aus Gottesdienstopfern, weitere 6000 Euro aus dem Verkauf von Büchern und CDs, 8000 Euro aus dem Verkauf der sogenannten Spitalmäuse und Spitalknacker, 48 000 Euro aus dem Fundraising für den Umbau und 84000 Euro aus Spenden für den Umbau.

9000 Euro sind inzwischen von enttäuschten Spendern zurückgefordert worden. Am Freitag prophezeite ein Kritiker, dass es dabei nicht bleiben werde. Außerdem überwies die Gemeinde auf Wunsch von Spendern 3000 Euro dem Jugendhaus Logo, das nun nicht in der umgebauten Kirche seine Heimat findet, sondern vermutlich im alten Domizil in der Horber Straße bleibt. Mutter schlug am Freitag vor, man könnte einen weiteren Teil der Spendensumme zwischen dem Jugendhaus und dem Kirchenumbau aufteilen. Er sprach von 14 000 Euro. Das wollten weder die Jugendlichen noch anwesende Spender hinnehmen. Logo-Mitarbeiter Elias Holzapfel sprach stellvertretend für jene, die finden, dass die ganze Summe geteilt werden müsste. Nur wenig andere Kirchengemeinden würden so viel Geld für offene Jugendarbeit ausgeben, erwiderte Dekan Feucht. 82 000 Euro stehen in seinem Haushalt für die offene Jugendarbeit bereit. Darin ist aber das Gehalt des Jugendreferenten Andreas Sachse enthalten.

„Das neue Konzept bringt für die Kirche keinen Nutzen“

Friedemann Dieterle vermisst dennoch etwas: „Es fehlt die Besinnung, das Innehalten.“ Seiner Ansicht nach wäre das nach dem Scheitern der Pläne dringend geboten gewesen. Von dem neuen Konzept hält er wie viele andere, die sich am Freitag zu Wort meldeten, recht wenig: „Das hat für die Kirche keinen Nutzen. Wichtig wäre, den Jugendlichen etwas zu bieten, die sind das Gold der Zukunft. Alt sind wir selber.“

Elias Holzapfel forderte den Kirchengemeinderat auf, er solle die Spender befragen, wohin das Geld fließen soll – in den Umbau oder in die Jugendarbeit. Auch das Jugendhaus werde nun ein neues Konzept brauchen, warnte einer der Zuhörer. Diese Idee will der Dekan in der nächsten Kirchengemeinderatssitzung am Mittwoch besprechen. „Wir wollen vermeiden, dass Ärger zurück bleibt.“