Der Andrang bei der Kreativ-Messe ist riesig. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Die neun Ausstellungen der Herbstmessen sind ein Paradies für Menschen mit außergewöhnlichen Hobbys. Mehr als 100 000 Menschen werden am Wochenende erwartet.

Stuttgart - Für ein Objekt verbaut Udo King schon mal über 2000 Euro. Lego hat es dem 51-Jährigen aus Hülben angetan. Damit hat er zum Beispiel Hogwarts, die Zauberschule aus Harry Potter nachgebaut. Auf der Messe Kreativ in Stuttgart hat er diese am Wochenende ausgestellt. „Ich habe die Filmkulisse als Vorlage genommen“, sagt der Bastler.

Lego ist seit Jahren wieder ein großer Hype

Die Lego-Ausstellung ist nur ein Teil der Kreativmesse, die am Wochenende, so erwarten es die Veranstaltern, über 100 000 Menschen auf die Fildern lockt. „Seit es da Lego gibt, ist immer in der Halle hier die Hölle los“, sagt King. „Das ist ein Publikumsmagnet.“ Viele Besucher kommen seiner Meinung nach gar nicht wegen der Messe, sondern wegen der Lego-Ausstellung. Mit den kleinen, bunten Steinen außergewöhnliche Gebäude, Landschaften oder Schiffe zu bauen – das sei seit über zehn Jahren ein großer Trend. Bis Sonntagabend wollen die Aussteller auch noch einen Weltrekord aufstellen: Die längste Duplo-Eisenbahn der Welt.

Der Stuttgarter Messeherbst vereint neun Messen unter einem Dach. Dabei dreht sich alles um die Bereiche Freizeit und Lifestyle. Während in der Eingangshalle Hundebesitzer aus aller Welt um den WM-Titel im Dog Dancing konkurrieren, dreht sich in den anderen Hallen viel um Heimwerken und Do-it-Yourself. Basteln, häkeln, kochen oder werkeln – die Messen richten sich vornehmlich an Menschen, die in ihrer Freizeit mit den Händen arbeiten oder aus alten Dingen etwas Neues erschaffen wollen.

Selbst etwas zu erschaffen ist für viele längst eine Lebensphilosophie

Do-it-Yourself ist eigentlich kein Trend mehr, sondern für viele Menschen längst eine Lebenseinstellung. Manche halten es für Zeitvergeudung, schließlich lässt sich heutzutage alles im Laden oder im Internet kaufen. Für viele andere ist produzieren statt konsumieren zur Lebensphilosophie geworden, ein Ausdruck ihrer Individualität.

Die einzelnen Zweige können dabei nicht speziell genug sein, wie die umfangreichen Workshop-Liste zeigt: Malen auf Macarons, realistische Acrylmalerei oder Handlettering stehen auf dem Programm.

Äußerst beliebt seit etwa zwei Jahren ist Handlettering. Schönes Schreiben, damit beschäftigen sich junge Menschen wieder sehr gerne, erzählt Laura Wagner an ihrem Stand. Über Instagram habe sich der Trend verbreitet. „Im Prinzip konnte man das früher in der Schule lernen“, sagt sie. Die Übungsblätter ähneln auch den Aufgabenblättern von Grundschülern, die ihre ersten Buchstaben lernen. „Ein Buchstabe ist vorgemalt, dann muss man Zeile für Zeile nachschreiben“, sagt Wagner. „Tatsächlich machen das nicht nur Frauen“, ergänzt sie. Auf Instagram gebe es einige männliche Handlettering-Influencer.

„Früher gab es keine Malbücher für Erwachsene“, sagt Kim Höweler. Heute suchten viele Entspannung in diesen Tätigkeiten. Es ist ihr Ausgleich zum schnelllebigen Alltag. Der Produktdesigner entwirft vorgestanzte Falttiere aus Pappe, die seine Kunden dann nur noch falten und kleben müssen. Papercraft nennt sich das heute. Affen, Elefanten und Dinosaurier hat er an seinem Stand ausgestellt. Vor drei Jahren ist er mit seinem kleinen Unternehmen gestartet, die Nachfrage nach den Falttieren ist inzwischen so groß, dass er seit etwa einem Jahr ganz gut davon leben kann.

Genuss statt Verzicht steht im Mittelpunkt der „Veggie und frei von“-Messe

Die Sehnsucht nach dem Reinen und Ursprünglichen ist auch nebenan auf der Messe „Veggie und Frei von“ zu spüren. Dort treffen sich Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen oder aus Liebe zum Tierschutz auf viele Nahrungsmittel verzichten. Von handgemachten Chutneys bis hin zu unzähligen Pulverchen zur Nahrungsergänzung findet das „vegane und frei von“-Herz dort alles. Dabei soll es nicht um Verzicht gehen, sondern um Genuss und Gesundheit. Kochexperten zeigen, wie sich Brot und Nudeln ohne Gluten selbst machen lässt. Auf Sport muss man dabei auch nicht verzichten, wie der Ernährungscoach Christian Wenzel alias „Mr Broccoli“ in einem Vortrag erklärte.

Auch unter Veganern und Vegetarier werden die Vorlieben immer spezieller – und ebenso wie bei den Bastlern und Heimwerkern ist die Bereitschaft, dafür viel Geld auszugeben, sehr groß.