Melissa und George Demirtas Foto: Demirtas

Zwei frisch verheiratete Stuttgarter Paare erklären die Wahl ihres Heiratstags und den Ort ihrer Vermählung.

Stuttgart - So eine Schnapszahl erleichtert das Erinnern. In Stuttgart scheinen die Menschen jedoch ein gutes Gedächtnis zu haben. Anderswo in Deutschland heiraten Paare gerne an leichter zu merkenden Datumsangaben wie am 19. 9. 19, hier wird kein Wert gelegt auf solche Schnapszahlen.

Anja Henrich, stellvertretende Leiterin des Stuttgarter Standesamts: „An solchen Tagen wie jetzt im September, aber auch an früheren derartigen Terminen stellen wir kein erhöhtes Interesse an Trauterminen fest.“ Speziell jetzt für den 19. 9. gebe es zwar schon mehr Anfragen als sonst, aber das führt Henrich nicht auf das Datum zurück, sondern auf die allgemeine Entwicklung: „Der September ist immer ein sehr beliebter Monat zum Heiraten. Und da sind dann noch die Wochentage Donnerstag, Freitag und Samstag eher gefragte Tage als die anderen in der Woche.“

Der 9. 9. 1999 schreckt eher ab

Solch ein Datum scheint teilweise sogar eher eine abschreckende Wirkung zu haben. Melissa Demirtas, die am 24. August dieses Jahres ihrem Mann George auf dem Stuttgarter Standesamt das Jawort gegeben hat, sagt: „Eine Tante von mir hat wie viele andere in ihrer Umgebung am 9. 9. 1999 geheiratet. Bis auf ihre Ehe sind inzwischen alle wieder geschieden.“

In der Kirche in Gottmadingen

Da ist es in der Tat wohl klüger, an die Hochzeitsplanung etwas rationaler ranzugehen. Und bei den beiden sieht das so aus: „Für uns war von Anfang an klar, dass wir auch kirchlich heiraten werden. Und das dann im großen Stil. Das machen wir im November. Und da es da ja schon um einiges kühler ist, dachten wir: Gehen wir doch ins Standesamt im Sommer und feiern das etwas kleiner.“

Kleiner bedeutete in diesem Fall auch etwas privater: Das Ehepaar betreibt einen Friseursalon im Bohnenviertel, hat dort etwa 20 Freunde und Familienmitglieder in den kleinen dazugehörigen Hinterhof eingeladen und dazu auch eine Führung durch das historische Viertel angeboten.

Groß gefeiert wird im November kirchlich mit etwa 200 Leuten in Gottmadingen am Bodensee an der deutsch-schweizerischen Grenze. „Da ist meine Heimat, und da gefällt es uns beiden sehr gut“, so Melissa, „da kommen dann auch Freunde und Bekannte aus Frankfurt angereist.“

Große Feier im Hegelhaus

Auch für Christin und Benjamin erschien ein Schnapszahlen-Datum eher abschreckend. Da haben die Widmanns dann doch lieber in ihre Terminkalender geschaut und den 2. August als optimales Datum ausgemacht. Dafür haben sie sich für einen besonderen Ort zum Feiern entschieden: das Hegelhaus mitten in der Stadt. Und da haben nun auch weniger die philosophischen Glücksvorstellungen des Intellektuellen Hegel den Ausschlag gegeben, sondern eben die Umstände. „Wir waren eben etwas kurzfristig in der Planung, andere Orte wie ein Park im Stadtteil Mühlhausen oder ein Weingut in Untertürkheim waren schon vergeben“, erklärt Christin.

Dann erwies sich der Gewölbekeller im Geburtshaus als optimal: „Nicht weit davon waren wir essen nach dem Termin im Standesamt mit etwa 45 Familienmitgliedern und Freunden. Und dann konnten wir dort richtig feiern im Keller mit etwa 90 Gästen.“

Heute ist das Hegelhaus ein Fixpunkt der beiden, wenn sie in der Stadt sind. „Das ist der Ort, an dem wir geheiratet haben. Das bleibt“, so Christin. Die Voraussetzungen sind also gut, dass vielleicht doch einmal eine Schrift des Stuttgarter Denkers ihren Platz findet im Eheleben der Widmanns. Hegels Diskurslehre von der Dialektik etwa, also von These, Antithese und Synthese – das ist bei solch pragmatisch denkenden und handelnden Eheleuten eigentlich fast schon eine täglich gut geübte Praxis.

Der besondere Ort bleibt

Beide Paare entsprechen so einem anderen Trend, der in Stuttgart auffällt. Henrich vom Standesamt: „Es wird wieder gerne mehr im großen Familienkreis geheiratet. Da müssen aber auch längere Anreisen einkalkuliert werden. Und mit Blick auf ein Wochenende lässt sich da besser planen“. Und Feiern im großen Kreis bedeutet meist auch einen anderen Ort als das Standesamt, denn bei etwa 50 Besuchern ist der Amtsraum in der Eberhardstraße bestens gefüllt.