Rund ein Jahr lang hat Bernhard Klar recherchiert Foto: Bernd Zeyer

Vor Kurzem ist die 44. Ausgabe des Weilimdorfer Heimatblattes erschienen. Der Autor Bernhard Klar beschäftigt sich darin mit den 1920er Jahren. Damals kam die Straßenbahn nach Weilimdorf, Ende des Jahrzehnts wurde der Ort nach Feuerbach eingemeindet.

Weilimdorf - Vor 100 Jahren begann in Deutschland eine Zeit, die heute gerne als „goldene Zwanzigerjahre“ bezeichnet wird. Sie endete mit der Weltwirtschaftskrise, in deren Folge dann die Nationalsozialisten an die Macht gekommen sind. Dass die Jahre von 1920 bis 1929 für Weil im Dorf (so die damalige Schreibweise) zwar kein goldener, aber ein wichtiger Abschnitt waren, lässt sich im neuen Heimatblatt nachlesen. Verfasst hat das 36-seitige Heft Bernhard Klar.

„Diese Zeit war für Weilimdorf unheimlich spannend und wichtig“, sagt Bernhard Klar. Die junge Demokratie habe ein ziemliches Umdenken von den Menschen gefordert, die bislang an monarchistische Strukturen gewohnt waren. Zudem habe der technische Fortschritt in Gemeinden und Haushalten Einzug gehalten. Neben all dem mussten die Bürger immer noch mit den Kriegsfolgen kämpfen, zu denen vor allem Hunger und Wohnungsnot zählten.

Im Dezember 1926 kam die Straßenbahn nach Weil im Dorf

Blickt man auf Weilimdorf, dann sind da zunächst zwei Ereignisse von großer Bedeutung: die Inbetriebnahme der Straßenbahn im Dezember 1926 sowie die Eingemeindung nach Feuerbach am 1. April 1929. Auf beide Ereignisse wird im Heimatblatt ausführlich eingegangen. Unter anderem mit Zitaten aus damaligen Zeitungen. „Böllerschüsse krachten, als der erste Wagen in Sicht kam. (...) Fahnen und Girlanden in reicher Fülle, die Bevölkerung freudig gestimmt – fürwahr ein Freudentag“, heißt es in der Feuerbacher Zeitung jener Tage anlässlich der Straßenbahneinweihung. Nicht ganz so groß dürfte knapp drei Jahre später die Freude über die Eingemeindung nach Feuerbach gewesen sein. 81 Prozent der an der Wahl teilnehmenden Bevölkerung hatten sich dafür ausgesprochen. Warum die Weilimdorfer ihre Selbstständigkeit freiwillig aufgegeben haben, darüber lässt sich laut Klar auch heute noch trefflich diskutieren. Am Ende seien es wohl wirtschaftliche Zwänge gewesen: Das schnell wachsende Weilimdorf habe die nötige Infrastruktur nicht mehr finanzieren können, es fehlten die dazu benötigten Steuereinnahmen von der hiesigen Industrie. Zwar hätte man wohl gerne mehr Betriebe ansiedeln wollen, eine entsprechende Flächenplanung habe es aber nicht gegeben.

Im Jahr 1922 lebten 3280 Menschen in Weilimdorf, sieben Jahre später waren es schon 3850. Speziell zu Anfang des Jahrzehnts war es schwierig, alle mit Lebensmittel zu versorgen: In einer Suppenküche bekamen Ältere und Alleinstehende eine warme Mahlzeit, unterernährte Mädchen und Buben erhielten eine Kinderspeisung. Zudem wurden im Gemeindewald Seelach große Flächen abgeholzt, um etwa 160 Grundstücke zu je vier Ar zu schaffen. Diese wurden zur Selbstversorgung vor allem an Kriegsheimkehrer und Kriegerwitwen verpachtet.

Es fehlt an Lebensmitteln und Wohnraum

Neben Lebensmitteln fehlten auch Wohnungen. Freier Wohnraum durfte nicht ohne Genehmigung des Gemeinderats vermietet werden, zeitweise gab es sogar ein Zuzugsverbot. Um den Mangel zu lindern, wurden neue Baugebiete ausgewiesen: So entstand die Durlehau-Siedlung, die unter anderem von Paul Bonatz realisiert wurde. Sein Bruder Karl, ebenfalls Architekt, siedelte sich in der neu erbauten Landhaussiedlung an.

Die Technik machte große Fortschritte. Das Telefon hielt langsam Einzug (1925 gab es etwa 50 Anschlüsse im Ort), der Motorverkehr steckte allerdings noch in den Kinderschuhen: Ganze sechs Fahrzeuge waren 1921 registriert, die Hälfte davon Lastwagen. Von großer Bedeutung war die Gasversorgung, die Einzug im Ort hielt. 1928 waren 450 Gebäude daran angeschlossen.

Nicht nur das Heimatblatt beschäftigt sich mit den Zwanzigerjahren, Teil des Themenkomplexes ist auch eine Ausstellung in der Heimatstube (wir berichteten), die momentan aber wegen der Corona-Pandemie geschlossen ist. Das Weilimdorfer Heimatblatt gibt es zum Preis von zwei Euro unter anderem im Bezirksrathaus, der Stadtteilbücherei, bei der Firma Held am Löwen-Markt und bei Schreibwaren Predikant, Kaiserslauterer Straße 2.