Hat vom 1. FC Heidenheim auch nach elf Jahren nicht genug: Trainer Frank Schmidt Foto: Baumann

Heidenheims Trainer Frank Schmidt spricht vor dem Saisonauftakt der zweiten Liga über die Lehren aus der zurückliegenden Saison und seine Zukunftspläne. Und darüber, welche Erinnerungen sein Besuch eines Helene-Fischer-Konzerts geweckt hat.

Heidenheim - In Heidenheim ist der Aufstieg in die Bundesliga immer mal wieder ein Thema. Vor dem Start der Zweitligasaison geht es aber zunächst um andere Ziele. Die vergangene Spielzeit war schließlich Warnung genug.

Herr Schmidt, gehen Sie gut erholt in die neuen Saison?
Mein Akku ist wieder aufgeladen. Das war nach der abgelaufenen Runde auch dringend nötig. Ich hatte in den vergangenen elf Jahren nie eine Auszeit nehmen können für einen längeren Urlaub.
Ist Ihnen gegenüber Ihrer Frau und Ihren beiden Töchter wieder ein „Männer schaut mal“ rausgerutscht?
(Lacht). Nein, was vielleicht auch daran lag, dass meine Töchter diesmal schon nicht mehr dabei waren. Aber die Anekdote stimmt, meine Frau wies mich im damaligen Urlaub darauf hin, dass ich nicht mehr im Training bin und jetzt abschalten kann. Das ist mir diesmal total gelungen.
Warum war die Saison 2017/18 so stressig?
Weil viele Dinge anders gelaufen sind wie erhofft.
Erzählen Sie kurz.
Es war eine Berg- und Talfahrt. Der Start mit acht Punkten in elf Spielen war grauenhaft. Dann hatten wir bis zum 23. Spieltag die Bilanz eines Aufstiegskandidaten, waren uns danach zu sicher und rutschten in eine richtig heikle Situation rein, die böse hätte ausgehen können.
Erst am letzten Spieltag wurde der Klassenverbleib sicher gestellt.
Es war eng, ja. Aber ich bin sogar dankbar für diese Saison. Mir ist das lieber, als wenn alles reibungslos verlaufen wäre. Jetzt ist jedem klar: Nichts kommt von alleine. Die zweite Liga in Heidenheim ist keine Selbstverständlichkeit.
Nach den Plätzen acht, elf und sechs zeigt die Tendenz mit zuletzt Rang 13 nach unten. Zudem hatte der FCH erstmals in der zweiten Liga eine negative Tordifferenz und mit 56 Treffern die meisten Gegentore kassiert. Steht der Verein am Scheideweg?
Nein. Wir müssen nur die richtigen Schlüsse ziehen. Wir waren als Mannschaft nicht mehr die Einheit, die wir schon waren. Unsere Kernkompetenzen Stabilität und Defensivverhalten müssen wieder stärker im Vordergrund stehen. Wir haben nach unseren Toren auch zu oft zu schnell Gegentreffer erhalten.
Das bekannte Spannungsloch.
Vieles spielt sich zwischen den Ohren ab. Aber es hat auch mit Mentalität zu tun.
Oder mit Abnutzungserscheinungen zwischen der Mannschaft und dem Trainer, der seit 2007 da ist?
Das ist immer schnell ein Thema, wenn es nicht läuft. Man darf solche Gedanken auch nicht einfach ignorieren. Aber jetzt hatten wir einmal in elf gemeinsamen Jahren Abstiegskampf bis zum Schluss, das darf auch mal sein. Und diese schwierige Saison hat uns alle – auch in Verbindung mit den Fans – noch enger zusammengeschweißt. Die Freude und Motivation auf die neue Runde sind nun noch größer.
Sie haben Veränderungen vorgenommen.
Wenn ein Cheftrainer lange da ist, muss man eben drumherum etwas verändern. Ich habe in Bernhard Raab einen neuen Co-Trainer und Dieter Jarosch ins Trainerteam geholt.
Und sich mit von langjährigen Stammspielern getrennt.
Marcel Titsch-Rivero und Kevin Kraus keine neuen Verträge zu geben waren mutige und auch unpopuläre Entscheidung. Wir mussten neue Impulse setzen.
Sie haben eher in die Breite investiert, dafür aber ihren Toptorschützen John Verhoek verloren.
Ihn wollten wir halten, doch John hat sich für ein langfristiges, gut dotiertes Angebot des MSV Duisburg entschieden. Grundsätzlich bleiben wir unserer Philosophie treu: Wir holen keine fertig ausgebildeten Spieler oder welche, die schon über ihrem Zenit sind.
Sondern?
Spieler wie Regionalliga-Torjäger Patrick Schmidt vom 1. FC Saarbrücken. Der ist 23. Oder Niklas Dorsch vom FC Bayern II, 20 Jahre alt. Diese Spieler müssen bereit sein, sich zu zerreißen, um den nächsten Schritt zu machen.
Und dann verlassen sie Heidenheim wie Verhoek …
…oder davor Florian Niederlechner, Tim Kleindienst, Philip Heise oder Robert Leipertz. Damit müssen wir an einem noch jungen Profistandort wie Heidenheim leben.
Und Mister Heidenheim Marc Schnatterer wird mit seinen 32 auch nicht jünger.
Natürlich nicht. Aber ihn haben wir immer halten können. Er steht wie kein anderer für unsere Werte wie Identifikation und Zusammenhalt.
Bei den Buchmachern gehört der FCH zu den Abstiegskandidaten. Wie lautet Ihre Zielsetzung für die neue Runde?
Wir wollen den komfortablen Klassenverbleib. In diesem elitären Zweitligaumfeld, sich weiter zu etablieren muss unser obersten Ziel sein.
Wollen Sie nicht mal wieder gegen den VfB Stuttgart spielen?
Ich war vor kurzem beim Helene-Fischer-Konzert in dieser tollen Arena. Da kamen wunderschöne Erinnerungen an unsere Spiele in der Saison 2016/17 in der zweiten Liga gegen den VfB auf. Da ich nicht glaube, dass der VfB in absehbarer Zeit absteigen wird …
…müsste der FCH für ein direktes Duell aufsteigen.
Aber das ist überhaupt kein Thema momentan für uns – wir arbeiten lieber an uns. Das heißt, dass wir die zweite Liga in Heidenheim nicht nur verwalten wollen. Wir wollen immer den nächsten Schritt machen und auch mutig sein. Aber wir sind bodenständig und realistisch - gerade nach eine Saison wie der Letzten, als mit dem 1. FC Kaiserslautern und Eintracht Braunschweig zwei ehemalige deutsche Meister in die dritte Liga runter mussten.
Wie lange bleiben Sie noch Trainer in Heidenheim?
Ich habe bis 2020 einen Vertrag. Dann muss die Zusammenarbeit aber noch lange nicht beendet sein.
Ihr persönliches Ziel heißt erste Liga?
Ja, das ist mein Ziel.
Am liebsten mit dem 1. FC Heidenheim?
Klar, aber das darf man nicht versessen und krankhaft angehen.