Die 680 Schüler des Hegel-Gymnasiums stellen sich im Pausenhof auf, um zusammen das Schullogo zu formen. Foto: Rüdiger Ott

Schüler, Lehrer und Eltern haben sich auf ein neues Leitbild verständigt. Anderthalb Jahr wurde daran gefeilt, nun hängen die sieben Sätze in jedem Klassenzimmer.

Vaihingen - Gegen 680 Kehlen half auch das Megafon nicht wirklich. Aus dem zweiten Stock gab der Fotograf Anweisungen, wie sich die Schüler positionieren sollten. Oder zumindest versuchte er es. Die Sechstklässler etwas zurück, die Kursstufe zwei nach links. Aber unten auf dem Hof kamen davon nur Bruchstücke an. Letztlich klappte es dann aber doch mit dem Foto. Und auch das Logo des Hegel-Gymnasiums, dass die Jugendlichen der zehnten Klasse bildeten, indem sie rote und weiße Blätter über ihre Köpfe hielten, setzte sich scharf von der Masse der Schüler ab.

Die Fotostunde war der Abschluss eines anderthalb Jahre dauernden Prozesses, in dessen Verlauf sich die Schule selbst ein neues Leitbild gegeben hat. „Das alte Leitbild war textlastig und sprachlich für Fünftklässler nicht zu verstehen“, sagte die Schulleiterin Barbara Graf. Mittlerweile gebe es viele Lehrer im Kollegium, die an der alten Version nicht mitgewirkt hätten.

„Es ist aber wichtig für eine Schule, sich gemeinsam darüber zu verständigen, was gelten soll.“ Im Januar 2013 also haben die Lehrer an einem unterrichtsfreien Tag an den künftigen Zielen gesponnen, im Mai dann wurden sie in den Klassen besprochen, und auch die Elternvertreter brachten ihre Ideen ein.

Sieben Sätze sollen die Schule einen

Leitbilder sind meistens Sache von Unternehmen und sollen dabei helfen, ein Selbstverständnis für die Gruppe zu entwickeln und einige Grundprinzipien festzuzurren. Typischerweise werden Fragen beantwortet wie „Wofür stehen wir?“ und „Wie erreichen wir das?“. Die daraus abgeleiteten Sätze sollen dabei für alle gelten, also nicht nur für die Angestellten, sondern auch für die Chefs.

Das ist auch im Hegel-Gymnasium so. „Wenn man sich nicht daran halten will, braucht man das nicht aufstellen“, sagte Graf. Die Lehrer sagen, wo es langgeht, und die Schüler haben zu folgen, das war einmal. Stattdessen sind die sieben Leitsätze stets in Wir-Form geschrieben.

1. Schüler, Lehrer und Eltern sind gemeinsam für gelingendes Lernen verantwortlich. 2. Wir sind neugierig auf Unbekanntes und öffnen uns der Welt. 3. Wir gestalten einen anspruchsvollen und zielgerichteten Unterricht auf gymnasialem Niveau. 4. Wir fördern und fordern Leistung. 5. Wir handeln verantwortungsvoll. 6. Wir achten und vertrauen einander. 7. Wir schätzen Kreativität.

Die Petition gegen den Bildungsplan soll in den Unterricht

Das, freilich, ist alles recht allgemein gehalten. Was es konkret für den Schulalltag bedeutet, wird sich zeigen. „Wir streben an, das umzusetzen, auch wenn wir es nicht jeden Tag erreichen können“, sagte Graf. „Trotzdem wird es Rangeleien auf dem Schulhof geben.“

Aber damit jeder sehen kann, was die neuen Leitsätze sind, zieren sie nicht nur in großen Buchstaben den Eingang der Schule, sie hängen auch in allen Klassenzimmern. Ausdrücklich sei es erwünscht, so Barbara Graf, dass die Schüler und Lehrer nach einer Stunde zusammen darüber reden, ob sie die Leitsätze im Unterricht umgesetzt haben.

Passend zur aktuellen Diskussion über den Bildungsplan des Landes und der Petition eines Nagolder Lehrers, der diesen verhindern will, könnte sich Graf vorstellen, das Thema im Unterricht zu behandeln – nämlich „dass es neben der Liebe zwischen Mann und Frau auch die zwischen schwulen Männern oder lesbischen Frauen gibt“. „Verantwortungsvoll zu handeln, wie es in unserem Leitbild heißt, bedeutet doch, dass wir uns solchen gesellschaftlichen Debatten stellen und einmischen“, sagte sie. „Damit jeder sich seine Meinung bilden kann.“