Autozug am Kornwestheimer Rangierbahnhof: Das Duo schlug dort fünfmal zu, der Schaden betrug mehrere Hunderttausend Euro. Foto: Archiv/Horst Dömötör

Zwei Männer, die auch in Sindelfingen Lenkräder, Navigationsgeräte und Airbags aus teuren Autos gestohlen haben, müssen nach dem Urteil des Landgerichts für jeweils fast vier Jahre ins Gefängnis.

Kornwestheim/Stuttgart - Es war ein mühsamer Auftakt Anfang November. Und der Prozess wegen schweren Bandendiebstahls unter anderem auf den Güterbahnhöfen in Kornwestheim und Sindelfingen hätte sich ziemlich in die Länge ziehen können – drei verschiedene Ermittlungsverfahren, verstreut über ganz Deutschland, waren in dem Prozess gegen zwei 52 und 40 Jahre alte Männer am Landgericht Stuttgart zusammengeführt worden. Doch am Ende benötigte die Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Ulrich Tormählen nicht einmal die zehn angesetzten Verhandlungstage.

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Wegen einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung und den damit verbundenen Geständnissen der beiden Angeklagten konnte Tormählen nach knapp zwei Monaten und nur fünf Verhandlungstagen das Urteil verkünden: Der 52-Jährige muss wegen schweren Bandendiebstahls in 17 Fällen für drei Jahre und zehn Monate in Haft, der 40-Jährige wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen für drei Jahre und acht Monate. Damit entsprach das Gericht den Anträgen der Verteidigung, die Staatsanwaltschaft hatte etwas höhere Strafen beantragt. Der 52-Jährige wird den Großteil seiner Strafe in einer Entziehungsanstalt absitzen dürfen, da seine Taten möglicherweise mit seiner Alkoholabhängigkeit in Verbindung standen.

Massiver Sachschaden

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden zwischen Januar 2018 und Dezember 2020 in insgesamt 30 Fällen auf Rangierbahnhöfen in ganz Deutschland Navigationsgeräte, Multifunktionslenkräder und Multimediageräte aus hochwertigen Autos ausgebaut haben, die dort auf Autozügen standen. Das Diebesgut im Gesamtwert von rund einer halben Million Euro hätten Komplizen ins Ausland verkauft. Der Gesamtschaden summierte sich auf knapp 700 000 Euro, weil beim Ausbau des Diebesguts Kabel durchtrennt und Abdeckungen aufgebrochen worden waren.

Tatorte in ganz Deutschland

Allein fünfmal war dabei der Bahnhof in Sindelfingen Ort von Diebeszügen: Dort hatten sich die Täter an insgesamt 28 Mercedes-Fahrzeugen zu schaffen gemacht und Multifunktionslenkräder ausgebaut. Bei diesen fünf Taten summierte sich der Gesamtschaden auf etwa 95 000 Euro.

Ebenso fünfmal war der Kornwestheimer Rangierbahnhof Tatort: Der größte Diebeszug dort fand im Juli statt. Damals wurden sieben Multifunktionslenkräder und 32 Airbags aus insgesamt 39 Mercedes-Fahrzeugen ausgebaut. Allein bei dieser Aktion betrug der Wert der Beute rund 45 000 Euro, der Schaden an den Fahrzeugen belief sich auf mehr als 60 000 Euro. Im Oktober 2020 war das Duo dort zum einzigen Mal von Mitarbeitern der DB Sicherheit entdeckt worden und musste unverrichteter Dinge fliehen. Weitere Diebeszüge verübten die beiden in Bremen, Wanne-Eickel, Osnabrück, Emden und Seelze.

Wertvolle Geständnisse

„Es gab zwar objektive Beweise wie DNA-Spuren und Chatverläufe, dennoch haben die beiden Angeklagten mit ihren Geständnissen maßgeblich zur Verschlankung des Verfahrens beigetragen“, erklärte Richter Tormählen. Zudem lägen die Taten teilweise bis zu vier Jahre zurück und beide Männer seien nunmehr elf Monate in U-Haft.

Schwer betrunken am Steuer

Das Stuttgarter Landgericht ordnete bei dem 52-Jährigen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Es sei nicht auszuschließen, dass die Taten auch der Beschaffung von Alkohol gedient hätten. Er hatte angegeben, dass er seit mehreren Jahren pro Tag zwischen zehn und 25 Flaschen Bier trinke. Allerdings sei bei ihm eine hohe Alkoholgewöhnung anzunehmen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine solche Unterbringung nicht befürwortet. Es habe sich nicht um Beschaffungskriminalität unter Suchtdruck gehandelt, sondern um geplantes und strukturiertes Vorgehen.