Großkampftag im Rathaus: Am Freitag debattieren die Fraktionen von 8.30 Uhr bis in die Abendstunden über den Doppelhaushalt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Acht Fraktionen sitzen im Stuttgarter Gemeinderat. Sie haben in ihren Haushaltsreden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Die FDP lobt ihre „Affäre“ und wird dafür von der CDU kritisiert.

Stuttgart - Für die Grünen hob Fraktionssprecher Andreas Winter die Schaffung von knapp zweihundert zusätzlichen Stellen in den bisherigen Beratungen hervor. Er lobte das neue ökosozial-liberale Haushaltsbündnis. Winter rechtfertigte den Verzicht auf die Senkung der Grundsteuer mit der sich verschlechternden Finanzlage. Die geplante Einführung der Bettensteuer spüle Geld in die Kassen der Kulturförderung. Das Klimaschutzprogramm bezeichnete er als „bestes Paket einer deutschen Großstadt“.

CDU-Fraktionschef Alexander Kotz betonte, die CDU habe bei der Förderung der SSB (120 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren) den viel zu niedrigen Ansatz von OB Fritz Kuhn korrigiert. Gemeinsam mit der SPD habe man zudem beim Klimapaket effektive Umschichtungen erreicht, anstatt viel Geld für Bioessen in städtischen Kantinen, Schulen und Kitas zu „vervespern“. Kotz kritisierte explizit die FDP dafür, dass sie es nicht vermocht habe, ihren neuen Bündnispartnern die Grundsteuer schmackhaft zu machen. Er betonte zudem, die Bettensteuer belaste Hotels und Gastronomen.

Rockenbauch sieht viel „Gutes im Haushalt

Hannes Rockenbauch, Sprecher des Linksbündnisses, sagte, er habe seit 15 Jahren noch keinen Haushalt gesehen, „in dem so viel Gutes drin steht“. Man habe deutliche Verbesserungen gegenüber dem Entwurf des OB erzielt. Der finanzielle Aufwand für den Klimaschutz stehe aber in keinem Verhältnis zu jenen 960 Millionen Euro, die die Stadt seinerzeit für die Rettung der LBBW flüssig gemacht habe. Dabei gehe es diesmal darum, „die Welt zu retten“.

Für die SPD zeigte sich Fraktionschef Martin Körner zufrieden mit dem Erreichten. Seine Fraktion habe im Haushalt dafür gesorgt, dass die Stadtgesellschaft nicht weiter auseinanderdrifte. Als Beispiel nannte er Entlastungen für Familien mit Kindern, das 365-Euro-Ticket für Schüler und Azubis sowie insgesamt 10 Millionen Euro Investitionen im Bildungsbereich.

Freie Wähler sind gegen Bettensteuer

FDP-Stadträtin Sibel Yüksel verteidigte ihre Fraktion gegen den Vorwurf, sie verhelfe dem ökosozialen Lager zu einer deutlichen Haushaltsmehrheit: „Die CDU hat jahrelang eine Liason mit den Grünen gepflegt, da darf man uns auch mal eine kleine Affäre gönnen.“ Der Haushalt trage insbesondere im sozialen Bereich an vielen Stellen eine liberale Handschrift.

Das sagt OB Fritz Kuhn zu den Haushaltsberatungen am Freitagmittag.

Rose von Stein (Freie Wähler) hob ebenfalls die Schaffung neuer Stellen etwa im Ordnungsamt, der Branddirektion oder dem Baurechtsamt hervor. In der Frage der Bettensteuer positioniere sich ihre Fraktion auf Seiten der Hotellerie und Gastronomie, die gegen die Einführung protestierten.

AfD-Fraktionschef Christian Köhler beschränkte sich mangels eigener Akzente im Haushalt darauf, das Klimaschutzpaket zu kritisieren. Es gebe keinen wissenschaftlichen Konsens über die Ursachen des Klimawandels, die Sorge vor den Folgen des Temperaturanstiegs sei in der Bevölkerung „nicht so weit verbreitet.“

Thorsten Puttenat (Puls) lobte die FDP („Ihr seid Klasse!“) für ihr Mitmachen in der Haushaltskoalition. Seine Gruppierung freue sich, dass sie mit ihren Anträgen etwa für eine Infrastruktur für Obdachlose unter der Paulinenbrücke oder der Urbanisierung der Rosensteinbrücke Mehrheiten gefunden habe.