Selbstkritik Foto: AFP

Bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank hagelte es Kritik an dem Aufsichtsratschefvorsitzenden Paul Achleitner. Der räumt Fehler ein, er sei aber „nicht die Wurzel allen Übels“. Seine Leistung als Oberkontrolleur interpretiert er sehr eigenwillig.

Frankfurt - Um kurz vor 14 Uhr wurde es menschlich. „Natürlich habe ich Fehler gemacht. Aber ich war nicht die Wurzel allen Übels“, sagte Paul Achleitner. Schon in der ersten Runde der Aussprache auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank hatte sich der Aufsichtsratsvorsitzende harte Kritik anhören müssen, gleich zu Beginn hatte er den Antrag eines Aktionärs auf Abwahl als Versammlungsleiter überstehen müssen. Doch Paul Achleitner ließ sich nicht beirren – er ist das Spießrutenlaufen gewohnt.

Seit 2012 leitet der Österreicher das Aufsichtsgremium, seit 2012 kommt die Deutsche Bank nicht zur Ruhe, seit 2012 ist der Aktienkurs der Bank um fast 70 Prozent gesunken und erreicht aktuell ein Allzeittief nach dem anderen. Schon im Vorfeld des Aktionärstreffens war für den bestbezahlten Aufsichtsrat Deutschlands absehbar, dass der Gegenwind in diesem Jahr heftiger werden würde als in den Vorjahren. Vielleicht blieb er daher der Hauptversammlung von Daimler am Vortag fern, wo er auch im Kontrollgremium sitzt, um sich besser auf den Donnerstag vorbereiten zu können.

Die Macht der Aktionäre hat Achleitner bei Bayer zu spüren bekommen

Welche Macht Aktionäre entwickeln können, wenn sich auch Großinvestoren auf ihre Seite schlagen, hatte Achleitner live auf dem Podium miterleben können, als sie Ende April bei Bayer dem Vorstandschef Werner Baumann die Entlastung versagten.

Auch bei der Deutschen Bank hatten die Anteilseigner ihrem Unmut in den vergangenen Jahren nicht nur mit Worten Luft gemacht. 2015 wurde die damalige Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen mit nur gut 61 Prozent Zustimmung abgestraft – wenige Wochen später zogen die beiden Manager die Konsequenzen; Jain ging, Fitschen bereitete seinen Abschied vor.

Achleitner findet, er hat alles ihm Mögliche getan

Selbstkritik aber ist nicht gerade eine hervorstechende Charaktereigenschaft des 62-jährigen Achleitner. Gern verweist er auf seine erfolgreiche Arbeit als Deutschlandchef von Goldman Sachs oder die zwölf Jahre bei der Allianz, wo er als Finanzchef aktiv war. Bei Bayer hat er noch kurz vor der turbulenten Hauptversammlung betont, dass der umstrittene Milliardenkauf des amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto aus seiner Sicht richtig war – auch wenn Bayer sich jetzt dafür Milliardenklagen in den USA ausgesetzt sieht.

Und bei der Deutschen Bank? Der Aufsichtsrat hat gehandelt, meint der Aufsichtsratsvorsitzende. Als Josef Ackermann als Vorstandschef ging und Jain und Fitschen die Vorstandsspitze übernahmen, wurde Achleitner zum Chefkontrolleur. Als die Doppelspitze nicht den erhofften Kulturwandel zustande brachte, schickte der Oberaufseher den Briten John Cryan aus dem Aufsichtsrat ins operative Geschäft, knapp drei Jahre später dann Christian Sewing. Und der Investmentbanker Achleitner hat geleistet, was er leisten konnte – so jedenfalls seine Überzeugung. Er hat neue Investoren angelockt, Kapital aus Katar, China und den USA angeworben. Pech, dass auch diese Ankerinvestoren inzwischen die Geduld verlieren – mit der Bank. Aber auch mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden? Der machte deutlich, dass er seinen Vertrag, der bis 2022 läuft, auch erfüllen will. „Mir liegt nicht an einem Denkmal – aber mir liegt etwas an der Deutschen Bank.“