Bei der Hauptversammlung von Heckler & Koch wurde deutliche Kritik an Ex-Geschäftsführer Andreas Heeschen geübt. Foto: dpa/Patrick Seeger

Abstimmungen bei Aktionärstreffen des Waffenherstellers Heckler & Koch waren bisher eine klare Sache. Die Großaktionäre zogen an einem Strang. Doch die Zeiten haben sich geändert - es tobt ein Machtkampf bei dem Schwarzwälder Unternehmen.

Rottweil - Bei einer Hauptversammlung des hoch verschuldeten Waffenherstellers Heckler & Koch hat der Mehrheitseigentümer und Ex-Geschäftsführer Andreas Heeschen scharfe Kritik einstecken müssen. Vertreter des Großaktionärs CDE äußerten am Donnerstag ihren Unmut und machten in langen Fragenkatalogen deutlich, dass sie die Sinnhaftigkeit von Entscheidungen vergangener Jahre bezweifelten. Vor allem ging es um einen 2006 aufgenommenen, mit 9,25 Prozent sehr hoch verzinsten 100-Millionen-Euro Kredit. Mit dem Geld stemmte H&K Investitionen in andere Branchen, die allesamt scheiterten.

Heeschen selbst war aus persönlichen Gründen bei dem Treffen nicht anwesend. Auch in den vergangenen Jahren war er dem Aktionärstreff ferngeblieben und hatte einen Anwalt geschickt. Der 59-jährige Deutsche, der in London lebt, hält die Mehrheit an der Waffenschmiede. Er stieg 2002 bei der Firma aus Oberndorf im nördlichen Schwarzwald ein und war in unterschiedlichen Funktionen tätig - beispielsweise war er lange Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft von Heckler & Koch.

Der Einfluss des Investors bei dem Waffenhersteller könnte bald schrumpfen. Im November teilte er mit, dass er die Mehrheit seines Aktienpakets an einen anderen Anteilseigner übertragen könnte - dies unter der Voraussetzung, dass die Bundesregierung zustimmt. Inzwischen ist klar, dass es sich beim Käufer um die Luxemburger Finanzholding CDE handelt, hinter welcher der Investor Nicolas Walewski steht. Der Franzose war lange ein Geschäftspartner von Heeschen, doch die beiden zerstritten sich.

Heeschen verpfändete Aktien

Heeschen verpfändete vor einigen Jahren den Großteil seiner Aktien an Walewski, wie aus den Ausführungen des H&K-Vorstands hervorging. Diese Anteilsscheine will der Franzose nun haben. Allerdings wartet er bereits seit 2018 auf grünes Licht aus Berlin - bei einem Eigentümerwechsel bei Rüstungskonzernen hat Berlin eine Art Veto-Recht. Aktuell ist die CDE nur mit 5,1 Prozent am Stammkapital von H&K beteiligt - segnet Berlin die Übernahme ab, würde dieser Anteil in die Höhe schnellen und die CDE hätte das Sagen.

Gewissermaßen zwischen die Fronten geriet in dem Machtkampf der Aufsichtsratsvorsitzende Harald Kujat. Der 77-Jährige wurde im Juli auf Wunsch von Heeschen an die Spitze des Kontrollgremiums gewählt, die CDE beantragte nun die Abwahl. Als Grund weist sie unter anderem darauf hin, dass laut Geschäftsordnung der Firma Aufsichtsräte nicht älter als 70 Jahre sein sollen. Zudem habe Kujat keine Wirtschaftserfahrung und sei aufgrund seiner Nähe zu Heeschen nicht unabhängig, hieß es noch vor dem Treffen von der CDE. Die Vertreter der Luxemburger Holding untermauerten am Donnerstag ihre Kritik.

Kujat selbst wollte sich nicht äußern. Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr gab die Versammlungsleitung an den Vize-Aufsichtsratschef Martin Sorg ab, Kujat saß stundenlang wortlos auf dem Podium und hörte zu. Als die CDE-Vertreter ihre scharfe Kritik am Rednerpult deutlich machten, wurde Kujat unruhig und redete aufgeregt mit seinen Sitznachbarn.

Später beantwortete der Vorstand Fragen. Zu der Rolle der Aktionäre sagte Vorstandschef Jens Bodo Koch: „Ein Vorstand sucht sich seine Aktionäre nicht aus.“ Ein Kritikpunkt der CDE war das Vorhaben von Heeschen, sich selbst in den Aufsichtsrat wählen zu lassen und das Kontrollgremium von drei auf vier Mitglieder aufzustocken. Die CDE hielt das für unnötig.

Kritik an Investitionen der Vergangenheit

Die Antworten des Vorstands waren zudem eine Art Chronologie des Scheiterns: Firmenchef Koch zählte auf, in welche Firmen seine Vorgänger - darunter der abwesende Heeschen - ab 2006 Geld investiert hatten. Ein 16 Millionen Euro-Kredit an einen Wertpapierhändler, der in der Finanzkrise in Schieflage geriet, wurde nach den Worten von Koch „in voller Höhe wertberichtigt“. Auch ein 2-Millionen-Darlehen an eine Geschäftsflugzeugfirma wurde wertberichtigt, die Investition in das später insolvente Gartengeräteunternehmen Wolf Garten war ebenfalls ein Flopp. Sogar in einen Diamantenhändler investierte die H&K Beteiligungsgesellschaft im vergangenen Jahrzehnt - dies immerhin ohne Verlust für H&K.

Die Liste der gescheiterten Investment erklärt, warum der Schuldenberg der 900-Mitarbeiter-Firma noch heute so exorbitant hoch ist. Darlehen von 237 Millionen Euro lasten als Schuldenberg auf dem Unternehmen - diese Schulden sind damit in etwa so hoch wie der Jahresumsatz.

Die Hauptversammlung zog sich hin. Die Wahl von Heeschen in den Aufsichtsrat galt als Formalie, da der Deutsche die Mehrheit des vertretenen Stammkapitals hielt. Zudem war der Antrag der CDE auf die Kujat-Abwahl zum Scheitern verurteilt - der Abwahl-Antrag des Unternehmens war wohl eher eine Art Warnschuss. Sollte die Finanzholding zukünftig die H&K-Mehrheit übernehmen, könnte der Ex-General aber doch noch abberufen werden - und Heeschen seinen Posten in dem Kontrollgremium wieder verlieren.