Zum 40-jährigen Bestehen der Hattenbühlschule ließen die Schüler auf dem weitläufigen Schulgelände Luftballons steigen. Foto: privat

Die Hattenbühlschule soll ab dem kommenden Schuljahr eine offene Ganztagsgrundschule werden. Über die möglichen Standorte eines Erweiterungsbaus ist eine Kontroverse entstanden.

Feuerbach - Vor sieben Jahren hat der Gemeinderat beschlossen, dass alle 72 Grundschulen in Stuttgart zumindest einen Ganztagszug anbieten sollen. Für das kommende Schuljahr plant nun auch die Hattenbühlschule, den Wechsel zur offenen Ganztagesgrundschule einzuleiten. Die Umsetzung ist Schritt für Schritt vorgesehen. Mit den Erstklässlern soll es im Schuljahr 2019/20 losgehen: Dafür notwendig seien mindestens 25 Anmeldungen für den Ganztag, sagte Schulleiterin Christine Berrer in der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirates, wo sie das Angebot vorstellte. In Zukunft können Eltern also wählen, ob sie ihre Kinder in einer Ganztags- oder Halbtagsklasse anmelden wollen. Das Ganztagsschulangebot gilt an vier Tagen der Woche jeweils von 8 bis 15 Uhr, zusätzlich wird ein pädagogisches Betreuungsangebot morgens von 7 bis 8 Uhr und nach Unterrichtsende von 15 bis 17 Uhr angeboten. Parallel dazu gibt es beim Halbtagsmodell in Zukunft weiterhin ein Kernzeitbetreuungsangebot, allerdings nicht mehr bis 15 Uhr, sondern nur noch bis 14 Uhr. „Wir sehen den Bedarf für den Ganztag“, sagte Schulleiterin Berrer, die am 1. August dieses Jahres die Leitung der Grundschule übernommen hat. Gemeinsam mit Konrektorin Gabriele Fischer, dem Kollegium und der übrigen Schulgemeinde wolle sie das Projekt angehen, betonte Berrer.

Umfassende Sanierung und Neubau

Parallel zum pädagogischen Konzept für den Ganztagsbetrieb wird nun auch eine entsprechende räumliche Ausstattung benötigt. Denn Ganztag heißt für die Kinder nicht nur lernen, sondern auch sich bewegen, spielen, Hausaufgaben machen, lesen und essen. Berrer betonte, das künftige Schulhaus solle „ein Ort für Vielfalt“ werden, in dem auch genug Raum für die Umsetzung der Inklusion bleibe.

Um den Anforderungen im Ganztagsbetrieb Rechnung zu tragen, ist eine umfassende Sanierung des Gebäudebestandes geplant. Auch ein Neubau soll geschaffen werden. Acht Klassenzimmer sollen darin untergebracht werden. Die Mensa soll im Bestandsgebäude eingerichtet werden.

Die Verwaltung will allerdings mit den Sanierungsarbeiten erst dann beginnen, wenn der Modulbau steht. So können während der Sanierungsphase Teile des Unterrichtsbetriebes in den neuen Erweiterungsbau ausgelagert werden. Der Grundgedanke dabei sei: „Wir bauen gleich etwas Richtiges und können es nachher weiter nutzen“, sagte Philipp Forstner. Der stellvertretende Leiter des Schulverwaltungsamtes war am Dienstag ebenfalls in den Bezirksbeirat gekommen, um Stellung zu dem Bauvorhaben zu nehmen.

Neues Gebäude soll auf der Gemeinbedarfsfläche entstehen

Der Hintergrund ist, dass sich sowohl Anwohner und Eltern im Hattenbühl als auch die FPD im Bezirksbeirat dafür aussprechen, dass der Erweiterungsbau nicht auf dem Schulgelände errichtet wird, sondern auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe. Das Gelände gehört der Stadt und ist als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen. FDP-Bezirksbeirätin Gabriele Heise brachte dazu einen Antrag plus einen Ergänzungsantrag ein. Darin wird die Stadt aufgefordert, „beim bevorstehenden Ausbau der Hattenbühlschule zu einer offenen Ganztagesgrundschule die dafür erforderlichen weiteren Räumlichkeiten nicht auf dem vorhandenen Schulgelände, sondern auf einem Teilbereich des angrenzenden Flurstücks 4794 zu errichten“. Zudem fordert die FPD die Stadt auf, zu prüfen, ob dort auch ein Erweiterungsbau für die Tageseinrichtung möglich ist. Ziel sei, dort Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. In dem Ergänzungsantrag fordert Heise, „möglichst noch 2019“ mit dem Schulerweiterungsprojekt auf dem besagten Flurstück und auch mit der Sanierung, soweit dies möglich ist, im kommenden Jahr zu beginnen.

„Warum greift die Stadt nicht auf das für eine Schulerweiterung vorgesehene Grundstück zu? Das ist für mich nicht nachvollziehbar“, betonte Heise im Gremium. Rund „2500 Quadratmeter Fläche“ stünden dafür zur Verfügung. So könnte die vorhandene Freifläche auf dem Schulgrundstück für die Kinder zum Spielen erhalten werden. Gleichzeitig „hätte eine Bebauung des Teilbereichs des Flurstücks 4794 den weiteren Vorteil, dass die Spielstraße ‚Schelmenäckerweg’, die bereits jetzt – verkehrswidrig – von Eltern als Zufahrt zum seitlichen Schuleingang (Garteneingang) genutzt wird, nicht noch weiter be-, sondern entlastet würde“, heißt es in dem Antrag weiter.

Auch Anwohner kritisieren, dass der „Zubringerverkehr“ durch Elterntaxis auf der Spielstraße bereits jetzt problematisch sei und sie fürchten, dass dieser durch einen Neubau im östlichen Bereich noch zunehmen könnte.

Knappe Mehrheit spricht sich für Neubau auf Nachbargelände aus

Eine knappe Mehrheit im Bezirksbeirat unterstützte Heises Antrag bezüglich der Schulerweiterung auf dem Nachbargelände. Die ebenfalls dort vorgeschlagene Horterweiterung wurde einstimmig befürwortet. „Ich muss den Entschluss des Bezirksbeirats nun so zur Kenntnis nehmen“, sagt FDP-Stadtrat Matthias Oechsner, der die Debatte im Gremium als Betreuungsstadtrat verfolgte. Allerdings macht er auf Nachfrage unserer Zeitung auch keinen Hehl daraus, was er von dem Vorstoß seiner Fraktionskollegin im Bezirksbeirat hält. „Für mich stellt sich im Moment die Situation eher so dar, dass sich auf dem Gelände der Schule der geeignetere Ort für einen Erweiterungsbau befindet.“ Vor allem im nord-östlichen Bereich des Geländes hält er den Neubau für gut machbar, weil es dort ohnehin schwierig sei, die Kinder im Freien zu beaufsichtigen.

In einem Ende Oktober publizierten Beitrag im Amtsblatt plädierte der Sprecher der Liberalen auch dafür, mögliche Varianten in Ruhe zu prüfen und öffentlichen Druck aus der Debatte zu nehmen: „Es muss möglich sein, eine genaue Abwägung der Schul-, Anwohner- und Wohnbauinteressen durchzuführen und sachlich die Argumente gegenüberzustellen, ohne gleich in die eine oder andere Ecke gestellt zu werden“, schrieb Oechsner im Amtsblatt.

Schulverwaltungsamt plädiert, den Bau auf dem Schulgelände zu realisieren

Forstner sagte im Bezirksbeirat, die Diskussion überrasche ihn. Er erlebe es zum ersten Mal, dass gefordert werde, den Schulbau außerhalb des bisherigen Schulgeländes zu bauen. Er halte diese Option, auch wenn sie machbar sei, pädagogisch nicht für sinnvoll. Wichtig sei, eine „enge Verzahnung und Rhythmisierung“ der Ganztagsangebote zu erreichen und dieses Ziel könne besser bewerkstelligt werden, wenn die Räume nicht auf einem anderen Grundstück untergebracht seien. „Sobald die Schüler das Schulgrundstück verlassen, stellt sich auch das Thema mit der Aufsichtspflicht“, betonte Forstner. Außerdem gebe es sehr viel Platz auf dem Schulgelände für ein weiteres Gebäude: 7500 Quadratmeter Frei- und Pausenfläche hätten die Schüler immer noch zur Verfügung, wenn der Neubau auf dem Schulgelände realisiert würde. Zum Vergleich: Ein Fußballfeld hat eine Größe von 7140 Quadratmetern. Auf dem Hattenbühl befinde sich eines der größeren Grundschulgrundstücke im gesamtstädtischen Vergleich: „Das sind Flächen, von denen innerstädtische Schulen nur träumen können“, sagte Forstner.

Der Vizechef im Schulverwaltungsamt macht allerdings auch deutlich, dass es durchaus städtische Anfragen für die Nutzung der Gemeinbedarfsfläche gebe. Bei der Schaffung neuer Pflegeplätze ist die Stadt aufgrund neuer Gesetze im Zugzwang. Auch Nachfrage unserer Zeitung erklärt Forstner, dass ihm für das städtische Grundstück „eine Bedarfsmeldung des Sozialamtes im Bereich Pflegeplätze für Seniorinnen und Senioren sowie eine Bedarfsmeldung des Jugendamtes hinsichtlich zusätzlicher Kita-Plätze“ bekannt sei: „Konkrete Planungen gibt es meines Wissens in beiden Fällen noch nicht.“