Soziale Netzwerke sind zu einer wichtigen Informationsquelle über Politik geworden. Foto: dpa/Jens Büttner

Bürgermeister und andere Kommunalpolitiker sind immer stärker Hass und Hetze in den sozialen Netzwerken ausgesetzt. Das Bundesjustizministerium will sie schütze – erntet für seine Pläne aber auch Widerspruch.

Berlin - Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hat die Vorschläge des Bundesjustizministeriums gewürdigt, stärker gegen Hasskriminalität im Netz vorzugehen. „Wir wollen gerade kommunale Repräsentanten unseres Rechtsstaates besser vor rechten Attacken schützen“, sagte Fechner unserer Zeitung. „Wer als Kommunalpolitiker für unser Gemeinwesen tätig ist, darf vom Staat dabei nicht im Stich gelassen werden“, sagte Fechner. Man dürfe nicht zulassen, dass „Kommunalpolitiker aus ihren Ämtern von rechtsradikalen weggemobbt werden“, sagte Fechner.

Rücktritt eines Bürgermeisters in Niedersachsen alarmiert

Der SPD-Politiker nimmt damit auch Bezug auf den Fall des Bürgermeisters der niedersächsischen Gemeinde Estorf, Arnd Focke, der jüngst von seinem Amt zurücktrat, weil er anhaltende rechtsradikale Hetze und Bedrohung nicht mehr ertragen konnte.

Ein aktueller Referentenentwurf des Justizministeriums sieht vor, den Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches zu ergänzen. Er lautet bislang so: „Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ... eine üble Nachrede (§ 186) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.“ Nun soll dem ein weiterer Satz angefügt werden: „Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.“

Bundesjustizministerium sieht Meinungsfreiheit gefährdet

Der Ende Dezember vorgestellte Referentenentwurf will einer „zunehmenden Verrohung der Kommunikation“ im Internet entgegentreten, wie es im Entwurf heißt. In diesem verrohten Umfeld komme es „schon jetzt dazu, dass bestimmte Meinungen aus Sorge vor solchen Reaktionen nicht mehr geäußert werden“, heißt es in dem Entwurf. Dies könne dazu führen, „dass sich Menschen vollständig aus dem öffentlichen politischen Diskurs zurückziehen“. Damit sei „letztendlich die Meinungsfreiheit gefährdet“.

Wesentlicher Punkt des Entwurfs ist die Einführung einer Meldepflicht der Anbieter sozialer Netzwerke für Hasskriminalität. Zudem soll der §126 Strafgesetzbuch, (Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten) so erweitert werden, dass künftig auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung strafbar sein kann. Der Paragraf 140 (Belohnung und Billigung von Straftaten) soll so erweitert werden, dass zukünftig auch die Billigung noch nicht erfolgten Straftaten erfasst wird.

Entwurf bleibt nicht ohne Widerspruch

Der Referentenentwurf bleibt nicht ohne Widerspruch. Er entzündet sich an der Absicht, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) so zu verschärfen, dass soziale Netzwerke bei Hasskriminalität Inhalte und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt zu melden haben. In der Kritik steht dabei, dass sich die Auskunftspflicht an Behörden auch auf „Bestandsdaten“ beziehen soll, „mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hier von räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird“. Im Klartext: Facebook, Google und Co müssten Ermittlern den Zugang zu Passwörtern und Zugangsdaten von Verdächtigen ermöglichen. Datenschützer und Internetbranche sind davon durchaus aufgeschreckt.