Das Vorstandsduo der Deutschen Bank: John Cryan (links) und Jürgen Fitschen bei der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt. Foto: Getty Images Europe

Endlich zeigt er sich. Seit Monaten krempelt Vorstandschef John Cryan intern die Deutsche Bank um. Jetzt erklärt sich der Brite erstmals der deutschen Öffentlichkeit – und hat einige Hiobsbotschaften im Gepäck.

Frankfurt - Die Deutsche Bank fährt in den nächsten Jahren einen harten Sparkurs – das bekommen vor allem Mitarbeiter und Aktionäre zu spüren. 9000 Stellen wird das Institut streichen, davon rund 4000 in Deutschland. 200 Filialen werden geschlossen, vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten. Erstmals seit rund 60 Jahren zahlt die Bank keine Dividende, 2015 und 2016 müssen die Aktionäre auf die Ausschüttung verzichten, Boni für Mitarbeiter und vermutlich auch für den Vorstand werden gestrichen. Dies verkündete der seit 1.  Juli amtierende neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan (54) am Donnerstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Zentrale der Bank in Frankfurt.

„Die Deutsche Bank muss effektiver arbeiten und nachhaltiger Gewinn erwirtschaften. Dafür sind harte Einschnitte notwendig“, sagte Cryan. Er wolle den Abbau der Arbeitsplätze aber auf faire Art und Weise und in Rücksprache mit den Betriebsräten über die Bühne bringen. Zusammen mit dem bis Ende 2017 geplanten Verkauf oder Börsengang der Postbank mit rund 15 000 Mitarbeitern, wird sich die Zahl der Beschäftigten der Deutschen Bank von derzeit rund 100 400 um etwa 24 000 auf nur noch 76 000 reduzieren. Daneben verlieren 6000 Beschäftigte bei externen Dienstleistern – etwa bei Software-Unternehmen in Indien – ihre indirekte Anstellung bei der Deutschen Bank. Insgesamt arbeiten derzeit rund 30 000 Menschen extern für das Institut.

200 Filialen soll geschlossen werden

Betroffen von den Einschnitten sind rund 4000 Mitarbeiter in den rund 740 Filialen in Deutschland. Die Zahl der Filialen wird um rund 200 reduziert. Da die Bank ihre Präsenz in der Fläche behalten will, werden vor allem Ableger in Ballungsgebieten und Großstädten zusammengelegt oder aufgegeben. Man werde dabei mit großer Sorgfalt vorgehen, verspricht Cryan. „Mir ist bewusst, dass hinter dem Abbau von 9000 Stellen Schicksale, Menschen und Familien stehen. Ich gehe diesen Schritt nicht leichten Herzens.“

Der Stellenabbau und die Filialschließungen sind Teil des Maßnahmenpakets, mit dem der Vorstand die Kosten bis 2020 um rund 3,8 Milliarden Euro reduzieren will. Im Vordergrund steht dabei auch die IT der Bank, die nach Angaben von Cryan in einem schlechten Zustand und höchst ineffizient ist. Die Bank geht auch an Filialen im Ausland: Die Ableger in Argentinien, Chile, Mexiko, Peru, Uruguay, Dänemark, Finnland, Norwegen, Malta und Neuseeland werden aufgegeben. Die Einschnitte werden die Bank viel Geld kosten. Cryan rechnet für die nächsten drei Jahr mit Ausgaben für Abfindungen und den Umbau von 3 bis 3,5 Milliarden Euro.

Bank hat Milliarden für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt

Der Zustand des Instituts ist nach den Worten des Briten, der vor seiner Berufung an die Spitze mehrere Jahre im Aufsichtsrat saß, alles andere als gut. Die Systeme seien sehr schlecht, die interne Organisation fürchterlich, die Motivation der Mitarbeiter bedenklich. Cryan beklagte die vielen Strategieankündigungen des Vorstand, ohne dass diese wirklich umgesetzt worden seien. „Das ist unser gravierendes Problem.“ Er selbst verkündet aber, dass Bereiche der Bank wieder neu aufgestellt werden.

Keine Illusionen macht sich Cryan darüber, dass die Bank auch künftig durch Rechtsstreitigkeiten belastet sein wird. Ohne Details zu nennen, sagte er, dass wegen des Vorwurfs fragwürdiger Geschäfte in Russland Rücklagen gebildet wurden, zusätzlich zu den 1,2 Milliarden Euro für das dritte Quartal. Insgesamt hat Bank 4,8 Milliarden Euro für weitere Strafzahlungen zurückgelegt. Seit 2012 hat sie mehr als 11 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten aufwenden müssen, bei Gewinnen von nur 6,8 Milliarden Euro.

Betriebsrat kritisiert Sparkurs: Das ist das falsche Signal

Die von Cryan verordneten Rückstellungen und Abschreibungen summieren sich im dritten Quartal auf insgesamt 7,6 Milliarden Euro. Unterm Strich führt das zu einem Netto-Verlust von 6 Milliarden Euro, so viel wie noch nie in einem Quartal bei der Deutschen Bank. Für die ersten neun Monate 2015 liegt das Minus bei 4,6 Milliarden Euro, nach einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten 2014.

Der Konzernbetriebsrat der Deutschen Bank hat den geplanten Personalabbau kritisiert. Dies sei das falsche Signal. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Mitarbeiter die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen das Topmanagement früherer Jahre mit Schadenersatzzahlungen und Abschreibungen in schwindelerregender Höhe eingebrockt hat.“