Harald Schmidt (links) mit Cornelius Meister, Generalmusikdirektor der Stuttgarter Oper. Foto: Björn Klein

Harald Schmidt ist wieder da – und wie! Nach langer Kreativpause hat der Stand-up-Comedian im Stuttgarter Schauspiel gezeigt, dass er noch immer auf der Höhe der Zeit und der Beste seiner Branche ist. Das gilt auch für seinen Sidekick: Cornelius Meister von der Stuttgarter Oper.

Stuttgart - Gejohle und Gepfeife, als wär’s ein Heimspiel der Fantastischen Vier, aber es ist nur die Fantastische Eins, die mit sehr gesteigerter Freude empfangen wird: Harald Schmidt hat das Publikum im Stuttgarter Schauspielhaus im Sack, noch bevor er auch nur ein Wort sagt. Große Wiedersehensfreude seitens der Sympathisanten im ausverkauften Saal – und nachdem er aus der Tiefe des Bühnenraums zu einer Arie von Henry Purcell majestätisch hervorgeschritten ist, eröffnet er sein Comeback als Stand-up-Comedian, logisch, mit der brandaktuellen Frage: „Wie vermeide ich CO2? Radikaler, nachhaltiger kann man nicht anfangen“, stellt er korrekterweise fest, um dann überkorrekt sein bis zur Halskrause mit Erwartung gefülltes Publikum zu begrüßen: „Guten Abend, meine Damen, meine Herren und meine Anderen“.

Der Stehkragenpulli des deutschen Kennedys

Und dann legt er los. Dann führt er als „Baustellen-Buddy, aber nicht für den Bahnhof, sondern fürs Leben“ die Zuhörer sechzig Minuten mit hoher Pointendichte rasend schnell durch die Themen, die uns und die Welt bewegen. Vom „Comeback der Woche, dem guten alten Waldsterben“ ist ebenso die Rede wie von Julia Klöckner, die es verhindern will, in einem Outfit, als werde „Herr der Ringe“ fortgesetzt. „Und Heiko Maas, kennen Sie den? Das ist der Kleine von Natalia Wörner“ – und weiter zu Robert Habecks neuem Stehkragenpulli, den der „deutsche Kennedy“ weder für die FAZ noch für Maybrit Illner wechselt, was hygienische Fragen aufwirft, rüber ins Nürtinger Hölderlin-Gymnasium, wo der kleine Harry aus dem Musikunterricht fliegt, weil er den Lehrer mit der Frage zum Schwitzen und Ausrasten bringt, ob Henry Purcell mit Heinrich Purzel zu übersetzen ist.

Ja, Schmidt kann’s noch: bestes Entertainment auf hohem Niveau, ein assoziatives Pointengewitter mit völlig unerwarteten Bonuspointen obendrauf, politisch unkorrekt, aber Tabugrenzen, die er wie immer großzügig zieht, selten überschreitend. Nichts von seiner Präsenz hat er eingebüßt, noch immer ist da die glasklare Artikulation, die messerscharfe Gestik, das blitzschnelle Tempo, die flirrende Geistesgegenwart, das sekundengenaue Timing, die unerwartet verblüffende Dramaturgie der legendären Shows von ehedem – und hinter aller Ironie dann doch das aufrichtige Interesse am Sidekick des „Bunten Abends für Abgehängte“, dem Überraschungsgast Cornelius Meister. Ja, mehr als Interesse: Dem Generalmusikdirektor der Stuttgarter Oper bringt Schmidt Bewunderung entgegen. Er duldet auch andere Götter neben sich bei diesem überzeugenden Comeback als Late-Night-Talker.