Kretschmanns Dialekt-Offensive hält er für fantastisch: Harald Schmidt Foto: dpa

Der Entertainer Harald Schmidt versteht die Autopolitik in Stuttgart und Baden-Württemberg nicht. Ministerpräsident Kretschmann ist trotzdem sein Held, wie er in einem Interview mit unserer Zeitung sagt.

Stuttgart - Harald Schmidt (61) blickt mit Verwunderung auf die Feinstaubpolitik in Baden-Württemberg. „Dass wir unsere Auto-Industrie, die sich mit Betrügereien schon selbst zerlegt hat, mit Feinstaub und Fahrverboten noch weiter zerlegen, bis jemand darauf hinweist, dass jeder vierte Arbeitsplatz davon abhängt, beobachte ich mit großem Spaß“, sagt der im schwäbischen Nürtingen aufgewachsene Entertainer in einem Interview mit unserer Zeitung. An seinem Wohnort in Köln hänge er gerne den reichen Schwaben raus und drohe damit, die „Zahlungen einzustellen“. Das geht aber nur, „so lange unser Ländle noch Geld hat“.

Trotzdem liebt Schmidt den Ministerpräsidenten des Landes „Kretschmann ist mein Held“, sagt er: „Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. Die CDU verzweifelt daran, dass er mit allem, was er macht, bei der Bevölkerung glaubwürdig ist.“ Als Grund für Kretschmanns Popularität sieht er dessen Authentizität: „Kretschmann verstellt sich nicht. Ein Großteil seines Erfolgs verdankt dieser Haudegen auch der Sprache. Für den Begriff ,Männerhorden‘ gebührt ihm der Büchner-Preis.“ Den umstrittenen Begriff hatte der Ministerpräsident im Zusammenhang mit der Freiburger Massenvergewaltigung Mitte Oktober benutzt und dafür viel Kritik eingesteckt. Auch an Kretschmanns Dialekt-Offensive findet Schmidt Gefallen: „Das hat Kraft und schafft Identität. Jeder Berliner kommt sich clever vor, weil er berlinert. Und jeder Schwabe, der zehn Minuten in Berlin ist, sagt ,Icke‘ und ,Hab ick gekooft“. Das kann so nicht weitergehen.“ Kretschmanns Einsatz fürs Schwäbische sei „fantastisch“.

Am Donnerstag läuft im SWR-Fernsehen die Miniserie „Labaule & Erben“ an, die auf einer Idee von Harald Schmidt beruht. In der sechsteiligen Mediensatire mit Uwe Ochsenknecht in der Rolle eines Zeitungsverlegers tritt auch eine Reporterlegende auf, die gefälschte Fotos aus Syrien anbietet. In Anspielung auf den Betrugsfall Claas Relotius sagt Schmidt: „Das ist der definitive Beweis, dass uns der Seriengott liebt! Ich bin PR-Mann genug, um auf die Knie zu gehen, eine Kerze anzuzünden und dem Herrn im Himmel zu danken, dass er uns Claas geschickt hat.“ Dass der Fall Relotius den Lügenpresse-Vorwürfen neue Nahrung gegeben habe, glaubt er nicht: „Der normale Zeitungsleser weiß doch, dass ,Lügenpresse‘ Quatsch ist. Und die, die ,Lügenpresse‘ rufen , sind sowieso unbelehrbar.“

Das vollständige Interview mit Harald Schmidt lesen Sie hier.