Nach mehr als zehn Jahren im Dienste des DFB nimmt Hansi Flick seinen Hut. Foto: dpa

Hansi Flick hat den DFB um die Auflösung seines Vertrages gebeten. Der 51-Jährige ist nicht der erste Sportdirektor, der den Weltmeisterverband vorzeitig verlässt. Übergangsweise übernimmt ein echtes Urgestein.

Frankfurt/Stuttgart - Zwei Wochen ist es her, da gewährte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem staunenden Publikum einen Blick in die Zukunft. Wissenschaft und Technologie sollen Einzug halten in der DFB-Akademie, die der Verband auf dem Gelände der Frankfurter Galopprennbahn errichten will. Von der Bildung eines „Think Tanks“ nach Vorbild von Apple und Facebook war auf der DFB-Homepage die Rede, von „Big Data“ und sogar davon, dass der deutsche Fußball auch „vom Wissen der Astronauten“ profitieren wolle.

In der Gegenwart allerdings ist es so, dass sich der DFB mit eher profanen Fragen beschäftigen muss: Wer soll neuer Sportdirektor werden? Und: warum müssen wir eigentlich schon wieder einen neuen suchen? Zumindest für letztere könnte eine Denkfabrik sicher nicht schaden.

Hansi Flick will sich mehr auf seine Familie konzentrieren

Bereits zum dritten Mal muss der DFB der Bitte eines Sportdirektors um sofortige Vertragsauflösung nachkommen – „schweren Herzens“, wie Präsident Reinhard Grindel versichert. Auch Hansi Flick, der 2014 für fünf Jahre unterschrieben hatte, mag nicht mehr länger der Chefstratege sein. Es gebe „weder andere sportliche Ambitionen noch irgendwelche Probleme“, beteuert der 51-Jährige, „der einzige Grund ist der persönliche Wunsch, mich mehr auf meine Familie konzentrieren zu können“.

Ein Fluch scheint auf diesem Job zu lasten, der in der Theorie doch eigentlich so reizvoll klingt: Der Sportdirektor ist mit dem Bundestrainer für eine einheitliche Spielphilosophie aller DFB-Mannschaften verantwortlich; er ist das Bindeglied zwischen der A- und den U-Mannschaften. In der Praxis aber gibt es Turbulenzen, seit der Posten vor der Heim-WM 2006 auf Initiative von Jürgen Klinsmann geschaffen wurde.

Als Sportdirektor war Matthias Sammer in der Nationalelf eine unerwünschte Person

Vehement setzte sich der damalige Bundestrainer für Bernhard Peters ein – doch war die Zeit im deutschen Fußball noch nicht reif für einen ehemaligen Hockeycoach (anders als heute übrigens, da Markus Weise als Leiter der geplanten Akademie beim DFB tätig ist). Zum Entsetzen Klinsmanns engagierte der Verband Matthias Sammer, der zwar mit großem Eifer zu Werke ging, in der Nationalmannschaft aber auch unter Joachim Löw eine unerwünschte Person blieb. Von Kompetenzgerangel und Argwohn war das Miteinander geprägt, ehe Sammer 2012 aus seinem bis 2016 laufenden Vertrag ausstieg und zum FC Bayern wechselte.

Die genauen Zuständigkeiten des Sportdirektors wurden anschließend klarer geregelt. Doch dauerte es nicht lange, bis unter Sammers Nachfolger Robin Dutt ein noch größeres Problem auftrat: Schon kurz nach seinem Amtsantritt bemerkte Dutt, dass er wieder lieber als Coach täglich auf dem Platz stehen würde, anstatt am DFB-Schreibtisch langfristige Konzepte zu entwerfen. Als Werder Bremen einen neuen Trainer suchte, wurde der Vierjahresvertrag nach zehn Monaten wieder aufgelöst – es war ein einziges Missverständnis.

Nach dem Abgang von Robin Dutt blieb der Posten mehr als ein Jahr unbesetzt

„Wir müssen genau eruieren, was der Posten beinhaltet und die Stelle nochmal detaillierter beschreiben“, das sagte danach der Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Von Juni 2013 bis September 2014 blieb der Posten unbesetzt – dann war endlich die vermeintliche Idealbesetzung frei. Nach acht Jahren als Assistent von Joachim Löw verabschiedete sich Hansi Flick mit dem WM-Titel von der Nationalelf und bezog das verwaiste Büro des Sportdirektors. „Er braucht keine Eingewöhnung und Probezeit, weil er den ganz Laden kennt“, sagte frohgemut der damalige DFB-Chef Wolfgang Niersbach.

Immerhin zweieinhalb Jahre lang ging Flick der Arbeit nach, ehe nun auch er seine Mission beendete. Man habe „eine gute Basis für eine erfolgreiche Zukunft gelegt“, sagt Flick zum Abschied. Doch fremdelte auch er zunehmend mit dem Job des Sportdirektors. Kein Visionär ist der Badener, sondern ein Mann der Praxis, für den die hochtrabenden Pläne rund um die neue Akademie, dieses „Leuchtturm-Projekt des Fußballs“ (Bierhoff), eher abstrakt blieben.

Im September soll Flicks Nachfolger feststehen

Im September will der DFB auf einem außerordentlichen Bundestag über die Verwirklichung entscheiden. Bei dieser Gelegenheit, so kündigt Generalsekretär Friedrich Curtius an, soll auch der neue Sportdirektor feststehen, dem „gerade mit Blick auf die inhaltliche und strukturelle Konzeption des neuen DFB und der Akademie eine zentrale Bedeutung zukommt“.

Bis dahin wird Horst Hrubesch (65) die Geschäfte übernehmen. Schon in den vergangenen Jahren ist er beim DFB überall eingesprungen, wo sich Lücken auftaten. Nicht wissenschaftlich, sondern gewohnt praxisnah geht das Urgestein die neue Aufgabe an: „Mein Fokus“ werde unter anderem „auf einer erfolgreichen Teilnahme an der U-19-EM in Georgien sowie der U-20-WM in Südkorea liegen.“