Im März hat die Bundesregierung die Aufnahme von 5000 syrischen Flüchtlingen zugesagt. Jetzt landete das erste Flugzeug aus Beirut in Hannover. Kritiker halten das deutsche Engagement für unzureichend.

Hannover/Beirut - Deutschland hat die ersten von 5000 Syrien-Flüchtlingen aus der Krisenregion geholt. Eine Chartermaschine aus der libanesischen Hauptstadt Beirut landete am Mittwoch in Hannover. An Bord waren 107 Flüchtlinge, unter ihnen 38 Kinder. Die Bundesregierung hatte im März zugesagt, das Kontingent zusätzlich aufzunehmen. Menschenrechts-Organisationen und die Opposition kritisierten die deutsche Aufnahmebereitschaft als unzureichend.

Schon jetzt werden nach Angaben von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) - unabhängig von den zugesagten 5000 Flüchtlingen - jeden Monat rund 1000 Asylbewerber aus Syrien aufgenommen, so dass sich die Zahl bis Jahresende auf etwa 27 000 addieren werde.

Friedrich sagte am Rande der Begrüßung, es müsse eine europäische Lösung gefunden werden. „Ich werde darauf drängen, dass wir möglichst schnell eine europäische Flüchtlingskonferenz einberufen“, sagte er. „Wir werden neue Beschlüsse fassen müssen, wenn der Druck wächst.“

Nach Angaben des Innenministeriums nehmen die Länder zusätzliche Flüchtlinge aus Syrien auf, solange diese zu Angehörigen ziehen, die bereits in Deutschland leben. Diese Verwandten müssten dann die Kosten übernehmen.

Die am Mittwoch eingetroffenen Flüchtlinge sollten zunächst in das Durchgangslager Friedland bei Göttingen gebracht werden. Sie bleiben dort zwei Wochen. Während dieser Zeit werden ihnen erste Kenntnisse über Sprache und Land vermittelt. Danach werden sie auf die Bundesländer verteilt.

Trittin verlangt von der Regierung, mehr Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen

„5000 - das ist gemessen an der Katastrophe in Syrien wenig mehr als eine Geste“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn man die Region entlasten will, muss Deutschland in Europa mit einer viel größeren Zahl vorangehen“, sagte er. Im Kosovo-Krieg habe Deutschland 15.000 bis 20.000 Flüchtlinge aufgenommen, in der Bosnien-Krise sogar 300.000.

Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin verlangte von der Bundesregierung, deutlich mehr Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen. „Als erstes sollte Deutschland allen hier lebenden Syrern erlauben, ihre Verwandten nach Deutschland zu holen. Damit könnten schon einmal 50.000 kommen“, sagte er der „Rheinischen Post“.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte unbürokratische Lösungen für den Zuzug von Familienangehörigen aus Syrien. Vor allem müsse die Bundesregierung den Staaten in der Region, die Flüchtlinge aufnehmen, mehr Hilfe anbieten“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, begrüßte die Bereitschaft von einigen Bundesländern, die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen bei ihren Familien zuzulassen. Die Kosten dafür würden aber komplett auf die Verwandten abgewälzt, kritisierte sie.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), rief die Bevölkerung in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) dazu auf, syrische Flüchtlinge willkommen zu heißen. Nach einer Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“ halten 47 Prozent der Bundesbürger die Aufnahme von 5000 Syrern für richtig. 22 Prozent wollen weniger Flüchtlinge aufnehmen, 27 Prozent mehr.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte zu lange Bearbeitungszeiten bei den Asylanträgen syrischer Flüchtlinge. Er würde sich eine deutliche Verkürzung des Verfahrens wünschen, sagte der CSU-Politiker in der ARD. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg dauert die Bearbeitung eines Antrags von Syrern im Schnitt 4,6 Monate.