Hendrik Pekeler (li.) und Patrick Wiencek gegen den Niederländer Iso Sluijters: Die Spanier werden das deutsche Abwehrduo vor andere Herausforderungen stellen. Foto: dpa/Robert Michael

In diesem Spiel sind starke Abwehrkräfte gefragt: Auf die deutschen Handballer kommt im EM-Duell gegen Spanien Schwerstarbeit zu. Den härtesten Job haben zwei Kieler im Innenblock.

Trondheim/Stuttgart - Die Schlusssirene nach dem 34:23-Auftaktsieg der deutschen Handballer gegen die Niederlande war kaum verhallt, da kreisten die Gedanken von Oliver Roggisch schon um den nächsten EM-Gegner: „Also gegen Spanien waren das schon immer Abwehrschlachten“, sagte der Teamkoordinator vor dem zweiten Vorrundenspiel an diesem Samstag (18.15 Uhr/ARD) mit einem Schmunzeln. Man konnte dies als eine gewisse Lust am Zerstören deuten, die gegen die Spanier ganz besonders gefragt ist. Und wahrscheinlich dachte Roggisch an die unvergessene Mutter aller Abwehrschlachten im WM-Viertelfinale 2007. Der damalige Abwehrchef lieferte sich in Köln mit dem spanischen 115-Kilo-Koloss Rolando Urios einen heldenhaften Kampf am Kreis. Das sah brutal aus und martialisch. Roggisch trug aus dem ständigen Gerangel ein Veilchen am Auge davon, doch am Ende zählte für ihn nur eins: Der 27:25-Sieg des deutschen Teams.

Steigerung nötig

Gewinnt das Team von Bundestrainer Christian Prokop den mit Spannung erwarteten Klassiker auch an diesem Samstag, wäre das nicht nur der sichere Sprung in die Hauptrunde, sondern auch ein ganz wichtiger Schritt Richtung Halbfinale. Doch die Aufgabe hat es in sich. Das weiß auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning, der Klartext redete: „Wir bekommen einen auf den Sack, wenn wir uns nicht steigern. Und zwar in vielen Bereichen.“

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Dazu gehört auch die Abwehr. Das eigentliche Prunkstück des deutschen Teams tat sich gegen die Niederländer schwer. Was nicht zuletzt an der außergewöhnlichen Spielweise des EM-Debütanten lag. Klein, quirlig, schnell präsentierte sich das Team um den überragenden Spielmacher Luc Steins. Der ist nicht viel größer als der 1,68 m kleine Bob Hanning – und der mächtige Mann im deutschen Handball wusste dann auch: „Gegen Spanien bekommen wir es mit robusten, griffigen Rückraumspielern zu tun.“

Kieler Stabilitätspakt

Das Verteidigen auf Augenhöhe liegt den Chefs im deutschen Innenblock mehr. Als „menschliche Mauer“, als „sanfte Killer“, hat man Patrick Wiencek (30 Jahre, 2,00 Meter) und Hendrik Pekeler (28/2,03) schon tituliert. Als dieser Kieler Stabilitätspakt gegen die Niederlande auseinandergerissen wurde, um Neulingen wie Marian Michalczik Spielpraxis zu geben, wackelte die Deckung plötzlich. Standen die kongenialen Partner wieder auf dem Feld, kehrte auch die Stabilität zurück. Wobei das so unterschiedliche Traumduo von der Förde nicht auf ein Deckungssystem festgelegt ist: In der defensiven 6:0-Formation verteidigen beide Abwehr-Riesen nebeneinander im Zentrum. In der offensiven 3:2:1 steht Pekeler, dieser stoische, bisweilen unbeteiligt wirkende Gentleman, an vorderster Front. Er stört, nervt, antizipiert und stemmt sich gegen heranpreschende Rückraumkanoniere. Dahinter wirft sich „Bamm-Bamm“ Wiencek, der nach den ersten gelungenen Aktionen das Publikum anpeitscht und mit den Armen rudert, in jedes Duell, stopft jede Lücke, läuft und schiebt.

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Doch auch die Spanier haben diese zerstörerische Leidenschaft im Blut. Nationaltrainer Jordi Ribera setzt dabei auf eine flexible und stabile Deckungsreihe und übt entweder in einer 6:0- oder 5:1-Formation Druck auf den Gegner aus. „Der spanische Handball verfügt über eine ganz eigene, sehr aktive, laufintensive Abwehrphilosophie“, weiß Jürgen Schweikardt, der Trainer des TVB Stuttgart – auch aus vielen Spielen gegen den von dem aus Malaga stammenden Taktikfuchs Antonio Carlos Ortega trainierten Überraschungs-Bundesligazweiten TSV Hannover-Burgdorf. „Die Spanier antizipieren blitzartig und sehr viel, stören die Laufwege und sind ganz schwer ausrechenbar, weil sie mal sehr offensiv angreifen, sich dann aber wieder tief fallen lassen“, erklärt Schweikardt. Eine Erkenntnis daraus: Das Team von Christian Prokop wird es schwer haben, über den Kreis zum Erfolg zu kommen. Weitaus schwerer jedenfalls, als beim Auftakt gegen die körperlich schwachen Niederlande, als vor allem Jannik Kohlbacher mehrfach, fast spielend leicht, zum Abschluss kam.

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Gegen die Spanier dürfte es zu Zusammenstößen kommen, die schon beim Zusehen weh tun. So wie damals vor 13 Jahren – bei den legendären Handgreiflichkeiten zwischen Oliver Roggisch und dem Koloss am Kreis, Rolando Urios.

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